Aufrufe
vor 2 Jahren

Zahnmedizinische Versorgungszentren

Ausgabe 3/2020

Titelthema 17

Titelthema 17 dizinischer Versorgungszentren muss jedoch genauestens beobachtet werden. Ich fordere Transparenz und ein Register, aus dem ersichtlich wird, wer hinter einem Z-MVZ steht. Die Patientinnen und Patienten sollen auch weiterhin darauf vertrauen können, dass die Zahnärztin oder der Zahnarzt nach rein ärztlichen Indikationen arbeitet. Ein fairer Wettbewerb ist nur mit Transparenz über Inhaberstrukturen, Kettenbildungen und der weiteren Marktentwicklung möglich. Jochen Haußmann, gesundheitspolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der Fraktion der FDP/DVP im Landtag von Baden-Württemberg Anzeige Giftfrei Foto: Götz Schleser Grundsätzlich bewerte ich die Einrichtung von MVZ positiv. Sie entsprechen dem Wunsch vor allem von jungen Zahnärzt*innen: Vermeidung unternehmerischer Risiken, Zusammenarbeit mit Kolleg*innen in gemeinsamer Praxis, gute Balance zwischen Beruf und Familie – bis hin zur Bevorzugung einer Anstellung statt eigener Niederlassung. Allerdings dürfen solche Zentren nicht von kapitalgetriebenen Investoren und Konzernen geführt und betrieben werden, sondern von Zahnärzt*innen selbst oder, falls Versorgungslücken zu schließen sind, von Kommunen oder gemeinwohlorientierten Organisationen. Patientenwohl und gute Arbeitsbedingungen müssen handlungsleitend sein; Gewinnmaximierung ist keine gute Perspektive in der medizinischen Versorgung. Der Gesundheitsminister muss hier Negativentwicklungen Einhalt gebieten. Rainer Hinderer MdL, Gesundheitspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Gärtnern tut gut ... ... Ihnen und der Natur. Von 1. Mai 2018, der Eröffnung der Filiale von AllDent in Stuttgart, bis November 2018 war ich zwei bis drei Mal im Monat dort im Notdienst an Sonn- oder Feiertagen für jeweils 12 Stunden als Zahnärztin tätig. Das Patientenaufkommen ist in dieser Zeit stetig gestiegen, da AllDent bei der Suche im Internet nach einem Notdienst sehr präsent ist. Die Räumlichkeiten sind großzügig und modern eingerichtet. Es gibt von AllDent eine klare Vorgabe in einer Art Behandlungskatalog, welche Leistungen wie zu erbringen und abzurechnen sind. Meine Vergütung betrug 25 Prozent des Honorarumsatzes. Trotz der Erfahrung in bereits drei weiteren AllDent-Standorten in Frankfurt und München sind alle Abwicklungen bezüglich meiner Anstellung im Bereich Personal und Verwaltung alles andere als reibungslos verlaufen. Dies hat letztlich auch dazu geführt, dass ich nicht mehr weiter dort tätig sein wollte. Zahnärztlich halte ich die Versorgung dort für ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich. Eine Zahnärztin aus dem Regierungsbezirk Stuttgart Die AFD-Landtagsfraktion hat auf unsere Anfrage nicht reagiert. Weitere Infos unter www.NABU.de/giftfrei www.zahnaerzteblatt.de ZBW 3/2020

18 Titelthema Fremdkapitalfinanzierte Zahnarztketten Erstes Gerichtsurteil in Spanien stärkt Patientenrechte Foto: Ministerio del Interior/Policía Nacional Immer wieder sorgte die spanische Zahnarztkette iDental in den vergangenen Jahren für Schlagzeilen. Schätzungen der Autonomen Regionen in Spanien gehen davon aus, dass die Kette über 400.000 Patientinnen und Patienten um Behandlung und Geld und hunderte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um Gehalt und Sozialversicherungsbeiträge betrogen hat. Nun gab es im November ein erstes Urteil in einem Einzelfall, welches aber den geschädigten Patientinnen und Patienten neue Hoffnung gibt. Anhörungen für ein weiteres Verfahren laufen derzeit. Was lief schief beim europäischen Nachbarn und welche Schlüsse können daraus gezogen werden? Durchsuchung. Bei landesweiten Durchsuchungen stellte die spanische Polizei Beweismittel in iDental-Zahnkliniken sicher. Systematischer Betrug. Als 2018 bei iDental überraschend alle Zahnkliniken geschlossen wurden, standen Tausende mit unterbrochenen oder noch nicht begonnenen Behandlungen da. Es zeigte sich aber bald, dass dies nur die Spitze des Eisbergs war. Über ein komplexes Netz von Partnern und 55 Scheinfirmen hatte die Kette Patientinnen und Patienten mit mittleren und niedrigen Einkommen Zahnbehandlungen mit Rabatten angeboten. Die Auswahl der Zielgruppe erfolgte ganz bewusst, denn über die notwendige Kreditfinanzierung wurde iDental zum Mittler zwischen Patient und Kreditinstitut. Laut Ermittlungen der Polizei wurden diese Gelder dann weiterüberwiesen auf Konten, die zwar von den Eigentümern kontrolliert, aber nicht für die Patientenversorgung eingesetzt wurden. Nachdem bereits 2017 die Zulieferer nicht mehr bezahlt wurden und das System zusammenbrach, wurde dieses zweifelhafte Geschäftsmodell noch über ein Jahr von der Investmentgruppe Weston Hill Capital weitergeführt. Im aktuellen, noch nicht rechtskräftigen Urteil entschied das Gericht von Valladolid nun, dass das Finanzinstitut EVO einen Betroffenen entschädigen muss. Dieser hatte Extrakosten in Höhe von 5.000 Euro für die Beendigung einer Zahnbehandlung aufbringen müssen, die iDental abgebrochen hatte. Zwei Wochen zuvor hatte sich auch bereits ein Vertreter des Gesundheitsministeriums mit dem leitenden Richter im iDental- Verfahren des Nationalen Strafgerichtshofs getroffen, um Schritte gegen die Kreditinstitute einzuleiten, die die betroffenen Patienten zum Begleichen ihrer Schulden bedrängen. Die Plattform Afecade, welche die Betroffenen medizinischer Behandlungsfehler vertritt, begrüßte das Urteil, da damit die Kreditinstitute zur Einhaltung der Vertragspflichten gezwungen werden. Unabhängig von diesem Fall wird zum Vorwurf des Sozialversicherungsbetrugs in Höhe von fast 26 Millionen Euro gegenüber iDental weiterermittelt. Die sieben Hauptverantwortlichen müssen mit drei- bis sechsjährigen Gefängnisstrafen rechnen. Auch Vorwürfe des wiederholten Betrugs, der Unterschlagung und Urkundenfälschung stehen im Raum. Minderwertige Qualität. Ebenso gibt es zunehmend Beschwerden über die Verwendung von minderwertigen Materialien oder schlechten Implantaten bei iDental-Behandlungen. Die Hälfte aller Patientenbeschwerden in Spanien richtete sich gegen Ketten. Im vorliegenden Prozess konnte dem behandelnden Zahnarzt allerdings kein Fehler nachgewiesen werden. Dem Urteil nach lagen die Gründe vielmehr im vorzeitigen Abbruch der Behandlung durch die Schließung der Kette. Dennoch warnt der Präsident des spanischen Zahnärzteverbands COEM, Dr. Antonio Montero: Zwar wäre als Folge des Skandals bereits eine Verordnung bezüglich der chirurgischen Tätigkeit von Zahnkliniken verabschiedet worden, dennoch würden ZBW 3/2020 www.zahnaerzteblatt.de

Ausgaben des Zannärzteblatt BW

© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz