42 Prophylaxe 13. LAGZ-Forum im Kloster Schöntal Eltern, Kitas und Tagespflege Hand in Hand Unter dem Motto „Gesund beginnt im Mund. Mach mit! Eltern, Kitas und Tagespflege Hand in Hand“ lag der Fokus beim diesjährigen LAGZ-Forum am 19. und 20. Juli 2018 im Kloster Schöntal auf der Zahngesundheit von Kindern unter drei Jahren in Kitas und Tagespflege. Schwerpunkte waren zum einen das Prophylaxekonzept der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen sowie die Vorstellung der Epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2016. Der Vorsitzende des Vorstands der LAGZ und Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Dr. Torsten Tomppert, hieß die rund 170 Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Kloster Schöntal willkommen. Dr. Bernd Krämer, Prophylaxereferent der LZK Baden-Württemberg, und Johannes Clausen, der Geschäftsführer der LAGZ, führten an den beiden Tagen durch das abwechslungsreiche Tagungsprogramm. Hessisches Konzept. Dr. Andrea Thumeyer, Zahnärztin und Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege in Hessen (LAGH) stellte in ihrem ersten Vortrag das Konzept der LAGH „Fünf Sterne für gesunde Zähne. Zielorientierte Gruppenprophylaxe für Kinder unter drei Jahren, orientiert am Kind in Verantwortung der Eltern und Erzieher/innen“ vor. Dieses Konzept werde, erläuterte Dr. Thumeyer, in Hessen in allen 20 Arbeitskreisen einheitlich umgesetzt und verknüpfe Mundpflege mit fluoridhaltiger Zahnpasta und zahngesunde Ernährung miteinander. Solange ein Gleichgewicht zwischen Zuckerangriff und Abwehr bestehe, können Zähne und Zahnfleisch gesund erhalten werden, so Dr. Thumeyer. Kinder im Kindergartenalter benötigten ungefähr 16 Stunden Regenerationszeit für den Speichel. In Blöcken von zwölf und vier Stunden könnten sie acht Stunden Angriffe auf die Zähne ausgleichen. Wenn die Eltern direkt nach dem Abendessen die Zähne ihrer Kinder sauber putzen und sie danach nichts mehr essen oder trinken lassen außer Wasser, könnten zölf Stunden aus der Zeit nach dem Abendessen und der Nachtruhe gewonnen werden. Der Tag beginne dann morgens mit Zähneputzen durch die Eltern nach dem ersten, meist süßen Frühstück. Es folge der zuckerfreie Vormittag, an dem man vier Stunden gewinne. Während dieser Zeit werden bis zum Mittagessen ausschließlich kauaktive, naturbelassene Lebensmittel gegessen, denen kein Zucker zugesetzt ist und als Durstlöscher zucker- und kalorienfreie Getränke wie Wasser, Mineralwasser und ungesüßte Kräuter-, Früchte- und Rotbuschtees aus dem Becher getrunken. Außerdem üben alle Kinder täglich das Zähneputzen nach der KAI plus Systematik. So werde die nötige Regenerationszeit für die Zähne durch den Speichel gewährleistet (4 Stunden + 12 Stunden = 16 Stunden) und am Nachmittag dürfe Süßes gegessen werden, jedoch bewusst und maßvoll. Wichtig sei hier, besser eine Portion Eis oder eine Handvoll Gummibärchen auf einmal zu naschen als mehrere kleine Portionen über den ganzen Nachmittag verteilt. Als Menge gelte das Handmaß, d. h. was in eine Kinderhand passt, sei die angemessene Menge. Vorteil dieses Konzepts sei, betonte Dr. Thumeyer, dass es gut im Alltag umzusetzen sei, das tägliche Naschen nicht verbiete und dass sowohl Eltern als auch Erzieherinnen entlastet werden, da die Verantwortung auf beide Partner verteilt werde. Die Erzieherinnen, die durch Fortbildungen im 5-Sterne-Konzept geschult seien, achteten auf die Einhaltung des zuckerfreien Vormittages und das Üben der KAI plus Systematik. Für den Nachmittag und das Zähneputzen am Abend und Morgen seien die Eltern zuständig. Sie werden in das Konzept miteinbezogen und erfahren im Elterngespräch, dass es wichtig ist, die Zähne ihrer Kinder nach dem Abendessen und nach dem Frühstück sauber zu put- Interesse. Dr. Bernd Krämer, Prophylaxereferent der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, beantwortet Fragen aus dem Auditorium. ZBW 11/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Prophylaxe 43 zen, um den Kindern zwei Fluoridimpulse am Tag zu geben. Weiterhin sei die zahnärztliche Vorsorge ab der Schwangerschaft wichtig. Nach der zweimaligen zahnärztlichen Betreuung in der Schwangerschaft sollten die Eltern ab der Geburt halbjährlich zur individuellen Vorsorge in die Zahnarztpraxis gehen. Vorträge. Weitere Vorträge zum hessischen Konzept der Gruppenprophylaxe mit vielen praktischen Beispielen folgten am Nachmittag von den Mitarbeiterinnen der LAGH: „Das Mundpflege-Konzept U3. Umsetzung des Übens der KAI plus Systematik im Alltag der Krippen-/Familiengruppe. Wie kann ich U3-Erzieher/innen für das tägliche Üben gewinnen?“, Dr. Ute von Nordheim, Zahnärztin und LAGH-Referentin; „Das Mundpflege-Konzept U3. Umsetzung der Elternzusammenarbeit in der Krippen-/Familiengruppe. Wie kann ich Eltern und U3-Erzieher/innen für eine Erziehungspartnerschaft gewinnen?“, Dr. Andrea Thumeyer, Zahnärztin und Vorsitzende der LAGH; „Das Mundpflege-Konzept U3. Umsetzung des Übens der KAI plus Systematik in der Tagespflege. Was können Hebammen zur Zahngesundheitsförderung von Anfang an beitragen?“, Petra Völkner- Stetefeld, Zahnärztin; „Der Zuckerfreie Vormittag in der Krippen-/ Familiengruppe – Umsetzung durch Verhältnisprävention, Wasser trinken aus dem offenen Becher und die Bedeutung des Kauens für die Entwicklung von Kindern“, Ute Weber, Oecotrophologin. Studie. Prof. Dr. Christian H. Splieth, Leiter der Abteilung Präventive Zahnmedizin und Kinderzahnheilkunde der Universität Greifswald, stellte die Ergebnisse der Epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2016 vor. Ziele der Studie waren die Feststellung des Mundgesundheitsstatus von Kindern in öffentlich geförderten Kitas und Schulen in Deutschland im Schuljahr 2015/2016 zur Erfolgskontrolle der zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe gemäß § 21 Epidemiologische Begleituntersuchungen. Prof. Dr. Christian H. Splieth, Greifswald, stellte die Ergebnisse der Epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe 2016 vor. SGB V. Prof. Splieth erläuterte, dass die Epidemiologischen Begleituntersuchungen zur Gruppenprophylaxe Teil des gesetzlichen Auftrages (§ 21 des fünften Sozialgesetzbuches) sind, in dem die flächendeckende zahnmedizinische Gruppenprophylaxe für alle Kinder in Deutschland geregelt ist. Im Rahmen dieser repräsentativen Studie, die von der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege in Auftrag gegeben wurde, sei der Mundgesundheitsstatus 12-jähriger Schülerinnen und Schüler in sechsten Klassen und 6- bis 7-Jähriger der ersten Klasse ermittelt worden. Erstmals wurden aus 10 Bundesländern 3-Jährige im Rahmen der DAJ-Studie untersucht bzw. Daten dieser Altersgruppe integriert. Deutschlandweit habe die Studie für die untersuchten 12-Jährigen einen DMFT-Wert von 0,44 ergeben, erklärte Prof. Splieth. Dies bedeute, dass 78,8 Prozent der Kinder in dieser Altersgruppe naturgesunde Gebisse aufweisen. In Baden-Württemberg liege der DMFT-Wert mit 0,38 niedriger und damit hätten 82,3 Prozent der 12-Jährigen naturgesunde bleibende Zähne. Diese Werte zeigten hervorragende Präventionserfolge im bleibenden Gebiss der Kinder. Weniger gut sei die Situation im Milchgebiss, hob Prof. Splieth hervor. Bei den 6- bis 7-jährigen Schulanfängern, in deren Mündern sich noch hauptsächlich Milchzähne befinden, betrage der dmft-Wert deutschlandweit 1,73, d. h. nur 56,4 Prozent der Kinder haben naturgesunde Gebisse. In Baden-Württemberg liege der Wert mit 1,85 sogar noch höher, sodass nur 53,8 Prozent der 6- bis 7-Jährigen naturgesunde Milchzähne aufwiesen. Damit sei in Baden-Württemberg die Kariesaktivität im Milchgebiss deutlich höher als im bleibenden Gebiss. Karies sei immer mehr zu einer sozialen Erkrankung geworden und es sei zu beobachten, dass sie an Milchzähnen sehr früh auftrete, weit verbreitet sei und die Kinder in ihrer gesunden Entwicklung belaste. Hier besteht laut Prof. Splieth erkennbarer Handlungsbedarf. Wolle man für alle sozioökonomischen Gruppen eine Reduktion der frühkindlichen Karies bewirken, müsse der Fokus hierauf gelegt werden und die bestehenden exzellenten Strukturen der Prophylaxe mit entsprechenden Maßnahmen neu ausgerichtet werden. Wichtige Schritte seien, die Empfehlungen für Kinderzahnpasta auf einen Fluoridgehalt von 1000+ ppm zu erhöhen und das Zähneputzen durch die Eltern vom ersten Zahn an mit fluoridhaltiger Zahnpasta sowie Fluoridlack- Applikationen. Fluorid-Tabletten sollten eine Ausnahmeindikation sein, und darüber sollte ein Konsens Fotos: Baars www.zahnaerzteblatt.de ZBW 11/2018
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