30_FORTBILDUNG ZBW_2-3/2022 www.zahnaerzteblatt.de Gruppenbild. Das Herbst-Meeting des FFZ bot interessante und wichtige Themen. Dipl.-Volkswirt Christoph Besters, Dr. Susanne Fath, PD Dr. Wiebke Semper-Hogg, Dr. Elmar Ludwig, Prof. Dr. Elmar Hellwig und Dr. Hans Hugo Wilms (v. l.). Foto: FFZ FFZ: Herbst-Meeting als Hybrid-Veranstaltung ZUKUNFTSTHEMEN FÜR DIE ZAHNÄRZTESCHAFT Das traditionelle Herbst-Meeting im Fortbildungsforum Zahnärzte (FFZ) der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW) fand Ende November 2021 unter der Leitung von Prof. Dr. Elmar Hellwig als Hybridveranstaltung statt. Aufgrund der durch Corona bedingten Hygieneauflagen bei notwendigem Abstand konnte eine kleinere Anzahl von Kolleginnen und Kollegen die Vorträge in Präsenz hören, alle anderen waren online zugeschaltet. Die technische Umsetzung erfolgte reibungslos und professionell. Im ersten Vortrag ging Dr. Susanne Fath aus Berlin auf das Thema „Gender Dentistry – Was wir über Gender- Zahnmedizin wissen sollten“ ein. Dabei stellte sie klar, dass sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapie die Unterschiede zwischen Mann und Frau Berücksichtigung finden sollten. Hierbei muss das biologische Geschlecht und das soziologische Geschlecht (gender) beachtet werden. Während das biologische Geschlecht durch physiologische, zum Teil hormonmodulierende Faktoren gekennzeichnet ist, ist das soziologische Geschlecht durch Gesellschaft, Erziehung usw. geprägt. GENDER-ZAHNMEDIZIN In dem einleitenden Kapitel ihres Vortrags verdeutlichte sie an Beispielen, dass in vielen Bereichen der Medizin und der Grundlagenforschung der Unterschied zwischen Männern und Frauen nicht berücksichtigt wird. Dabei ist dies gerade im allgemeinmedizinischen Bereich für das Erkennen und die Therapie von Erkrankungen wichtig. Als Beispiel zeigte sie hier, dass die Symptome für
ZBW_2-3/2022 www.zahnaerzteblatt.de 31_FORTBILDUNG einen Herzinfarkt bei Männern und Frauen durchaus sehr unterschiedlich sein können und auch die Dosierung von Medikamenten verschieden sein muss. Dr. Fath zeigte, dass die Mortalität einer Coviderkrankung bei Männern höher ist als bei Frauen und sie ging in ihrem Vortrag auf die Unterschiede in der genetischen Prädisposition für die Modulation von Stoffwechsel und Morbidität ein. Speziell Autoimmunerkrankungen sind bei Frauen häufiger als bei Männern. Aber auch Genderursachen wie Ernährungsgewohnheiten, individuelles Stresserleben, Sport, Rauchen und Alkoholkonsum sind bei Männern und Frauen verschieden und wirken sich auf die Entstehung und das Ansprechen auf Therapie unterschiedlich aus. Auch das Präventionsverhalten, die Hilfe-Inanspruchnahme, die Nutzung von Vorsorgeuntersuchungen ist bei Frauen wesentlich besser als bei Männern. In der Zahnmedizin zeigt sich der Unterscheid insbesondere in der Karieserfahrung. Hier konnte die Deutsche Mundgesundheitsstudie V zeigen, dass Frauen eine etwas höhere Karieserfahrung aufweisen, Männer allerdings mehr unversorgte Zähne. Die Speichelfließrate ist bei Männern und Frauen hormonbedingt unterschiedlich und Parodontalerkrankungen finden sich häufiger bei Männern. Zusammenfassend stellte Dr. Fath fest, dass man zwar viel über die Unterschiede zwischen Männern und Frauen bei der Krankheitsentstehung und dem Gesundheitsverhalten weiß, dass allerdings noch sehr viel Forschung im Bereich Therapieerfolge notwendig ist. Man weiß auch wenig über die unterschiedliche zahnärztliche Vorgehensweise von Zahnärztinnen und Zahnärzten bei gleicher Diagnose. HYBRIDPROTHETIK Im zweiten Vortrag ging Prof. Dr. Nicola Zitzmann, Vorsteherin der Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin am Universitären Zentrum für Zahnmedizin Basel, auf die Vor- und Nachteile der Hybridprothetik ein. Sie stellte anhand von Patientenfällen eindrucksvoll dar, wie es möglich ist, sowohl implantatunterstützt, aber auch unter Einbeziehung der eigenen Zähne Hybridprothetik sowohl ästhetisch, als auch funktionell langfristig einzugliedern. Als Halteelemente kommen für Hybridzahnersatz üblicherweise die Gussklammer, das Adhäsivattachment mit extrakoronalem Geschiebe, die Teleskopkrone und die Wurzelstiftkappe in Betracht. Dabei soll die prothetische Versorgung so offen wie möglich gestaltet werden und natürlich über eine ausreichende Retention verfügen. Bei einer Modellgussprothese sind spezielle Anforderungen an das Retentionselement zu stellen und dabei sollte ein Jiggling vermieden werden. Prof. Zitzmann ging speziell auf die Wurzelstiftkappe ein, die sie als sehr gute Möglichkeit der Verankerung einer Hybridprothese charakterisierte. Sie stellte die zahnärztlichen und zahntechnischen Arbeiten für die Herstellung einer derartigen Hybridprothese vor und gab Tipps zum erfolgreichen Prozedere. ALTERSZAHNMEDIZIN Im dritten Vortrag ging Dr. Elmar Ludwig aus Ulm auf die „Alterszahnmedizin in der Praxis“ mit speziellem Hinblick auf Patientinnen und Patienten mit Handicap ein. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Internetseite der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, auf der im Bereich Alters- und Behindertenzahnheilkunde unter unterschiedlichen Überschriften die wichtigsten Charakteristika dieses Bereichs zusammengestellt sind. So ist hier für den Arbeitskreis Alterszahnheilkunde und Behindertenbehandlung ein Betreuungskonzept zu finden. Es gibt Hinweise zu rechtlichen Grundlagen und zur Abrechnung von zahnmedizinischen Leistungen und zudem Flyer und Formulare, Schulungsmaterialien und die Namen der Senioren- und Behindertenbeauftragten in den Bezirkszahnärztekammern sind aufgeführt. Dr. Ludwig ging in seinem lebhaften und praxisnahen Vortrag auf einzelne wichtige Punkte in diesem Gesamtkonzept ein und stellte klar, dass mehr als vier Millionen Menschen mittlerweile einen Pflegegrad haben und die Bevölkerung immer älter wird. Das Älterwerden ist häufig gekennzeichnet durch Immobilität, Instabilität, Inkontinenz, Irritabilität, Iatrogenität und Isolation. Den besonderen Bedarf und die Bedürfnisse der älteren und behinderten Patientinnen und Patienten gilt es zu erkennen. Es ist klar, dass der Ernährungsstatus besser ist, wenn die älteren Patientinnen und Patienten besser kauen können. Damit wird auch den Gebrechlichkeiten vorgebeugt. Die Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg und die Kassenzahnärztliche Vereinigung Baden-Württemberg sind Vorreiter bei der zahnärztlichen Betreuung in der Pflege. Pflegende werden geschult und Betroffene können damit besser betreut werden. Es darf in diesem Zusammenhang festgehalten werden, dass die hervorragenden Unterlagen und Hinweise, die regelmäßig aktualisiert werden, den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen Möglichkeiten an die Hand geben, sich mit diesem Thema intensiv zu beschäftigen. DIGITALE VOLUMENTOMOGRAPHIE Im letzten Vortrag ging PD Dr. Wiebke Semper-Hogg auf die „Möglichkeiten und Limitationen der Digitalen Volumentomographie in der Zahnmedizin“ ein. Der Fokus lag zunächst auf den Grundlagen der Bildentstehung sowie Ursachen der Veränderung des Datensatzes durch übliche Artefakte. Zur praktischen Anwendung in der Zahnmedizin wurden Indikationen für die Digitale Volumentomographie anhand von Fallbeispielen dargelegt. Besonderes Augenmerk legte Dr. Semper-Hogg auf die exakte Registrierung verschiedener Datensätze (DVT, Intraoralscan, Facescan) für virtuelle Planungen, die den Behandlungserfolg maßgeblich beeinflussen kann. Trotz coronabedingter Einschränkungen ist es auch in diesem Jahr mit dem Herbst-Meeting wieder gelungen, wichtige Themen aus unterschiedlichen Bereichen der Zahnmedizin durch kompetente Referentinnen und Referenten sehr interessant zu präsentieren. Prof. Dr. Elmar Hellwig
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