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Zahngesundheit von Kleinkindern im Fokus

Ausgabe 11/2019

28 Berufspolitik

28 Berufspolitik Spendenaufruf Dentales Erbe bewahren Über 40.000 Fachbücher, Zeitschriftenbände, Dissertationen, Fotos, Grafiken aus dem 16. und Archivalien aus dem 19. Jahrhundert: Die Sammlung Proskauer/Witt der Bundeszahnärztekammer ist Teil des historischen Gedächtnisses der Zahnärzteschaft. Doch die Sammlung ist verstreut und in Containern eingelagert. Jetzt soll sie mit dem Dentalhistorischen Museum im sächsischen Zschadraß in der Nähe von Leipzig zusammengeführt werden. Das hat ein bei der BZÄK gebildeter Arbeitskreis aus den Präsidenten der Landeszahnärztekammern Berlin, Sachsen und Baden-Württemberg Dr. Karsten Heegewaldt, Dr. Thomas Breyer und Dr. Torsten Tomppert sowie dem BZÄK-Vizepräsidenten Prof. Dr. Christoph Benz beschlossen. Die Geschichte der Proskauer/ Witt-Sammlung ist schon häufig erzählt worden, Dr. Gisela Tascher vom Arbeitskreis Geschichte der Zahnheilkunde der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) hat sie in den zm verkürzt wie folgt wiedergegeben: Der jüdische Zahnarzt Curt Proskauer, auf dessen Initiative 1927 das Reichsinstitut für Geschichte der Zahnheilkunde gegründet wurde, verkauft 1927 seine auf 50.000 Reichsmark geschätzte umfangreiche Bibliothek und Privatsammlung dem Reichsverband der Zahnärzte Deutschlands. 1931 inthronisiert die Fédération Dentaire Internationale (FDI) das Reichsinstitut für Geschichte der Zahnheilkunde, als „Internationale Zentralstelle für die Katalogisierung historischer Objekte aus der Zahnheilkunde“. Proskauer leitet dieses weltweit einmalige Institut wie auch die Bibliothek bis 1933 – nach der nationalsozialistischen Machtergreifung wird er als Jude entlassen, ausgegrenzt und verfolgt, 1938 ins KZ Buchenwald deportiert, kommt aber nach fünf Wochen frei und emigriert mit seiner Familie 1939 über Italien in die USA. Fritz H. Witt, Kommilitone Proskauers in Jena und Geschäftsführer des Reichsverbands, übernimmt die Betreuung der Sammlung und Bücherei und baut sie aus. 1937 folgt der Berliner NS-konforme Medizinhistoriker Walter Artelt als Leiter des Reichsinstituts. Den Krieg überstehen Sammlung und Bibliothek nicht unbeschädigt, bleiben aber im Kern – vor allem durch den Einsatz von Witt – erhalten. 1954 finden beide ein neues Zuhause im neu erbauten Zahnärztehaus in Köln, wo sie katalogisiert und erweitert werden. 1965 folgt in Köln die Neugründung des Forschungsinstituts für Geschichte der Zahnheilkunde. Witt, bis 1956 Geschäftsführer des „Bundesverband der Deutschen Zahnärzte“ (BDZ), leitet und betreut die Sammlung, das Institut und die Bücherei bis zu seinem Tod. Von 1968 bis 1977 ist dann Robert Venter Leiter des Forschungsinstituts mit der Sammlung und der Bücherei. Der Jurist und zahnärztliche Multifunktionär Venter ist mitverantwortlich für die Ausgestaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen der zahnärztlichen Berufsausübung des NS-Staats – wie dafür, dass nach 1945 Teile dieser gesetzlichen Bestimmungen in Kraft bleiben. 1974 veröffentlicht Venter mit Kurt Maretzky im Auftrag des BDZ die „Geschichte des deutschen Zahnärztestandes“, worin er die Zeit der NS-Diktatur umdeutet und verharmlost. Von 1985 bis 1995 folgt als Leiterin des Forschungsinstituts die Kölner Medizinhistorikerin Marielene Putscher, die ebenfalls die NS- Zeit verharmloste und sogar deren Aufarbeitung behinderte. In der Folge wird das Forschungsinstitut mit der Sammlung und der Bücherei von KZBV und BZÄK aufgelöst. Im Rahmen des Umzugs der BZÄK von Köln nach Berlin in den Jahren 1999/2000 wird die Sammlung in Containern in Berlin eingelagert. Seit 2013 sind die Bestände gesichert und der wissenschaftlichen Forschung zugänglich. Im Frühjahr 2017 sahen Mitglieder des Forschungsprojekts „Zahnheilkunde im Nationalsozialismus“ das Historische Archiv der BZÄK ein und erfassten die eingelagerten Archivalien provisorisch. Dabei stellten sie fest, dass diese Archivalien eine zentrale Überlieferung für die Erforschung der Geschichte der deutschen Zahnmedizin in den vergangenen drei Jahrhunderten und ein wichtiges Zeugnis der fachkulturellen Identität des Berufsstands darstellen. Die BZÄK beschloss daher, den Bestand fachgerecht zu katalogisieren, einzulagern und ein Findbuch erstellen zu lassen. Parallel dazu ist die BZÄK dabei, für die Unterbringung der Sammlung eine neue Bleibe zu finden. Historisches Gedächtnis. Im August 2018 fand eine Vorstandssitzung der BZÄK in Zschadraß statt. Die Präsidenten der Landeszahnärztekammern besichtigten die ebenfalls gefährdete Sammlung des Dentalhistorischen Museums in der Nähe von Leipzig. LZK-Präsident Dr. Torsten Tomppert sieht es als Verpflichtung an, das historische Gedächtnis der Zahnärzteschaft zu sichern und zu erhalten. Es war für ihn deshalb keine Frage, im neugebildeten Arbeitskreis der BZÄK mitzuarbeiten. ZBW: Herr Dr. Tomppert, wie sind Sie darauf gekommen, sich in dem Arbeitskreis der BZÄK zu engagieren? ZBW 11/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Berufspolitik 29 Dr. Tomppert: Geschichte hat mich schon immer interessiert. Es kann nicht sein, dass eine der bedeutendsten Sammlungen zahnmedizinischer Geschichte in Containern ruht. Wir müssen unser einmaliges dentalhistorisches Erbe erhalten und deshalb stand es für mich und meine Kollegen aus Sachsen und Berlin außer Frage, dass wir uns kümmern und das in die Hand nehmen. Nur wer seine Wurzeln kennt, kann die Zukunft gestalten. In einem deutschlandweiten Aufruf innerhalb des Berufsstandes rufen Sie jetzt für Spenden unter dem Stichwort „Dentales Erbe bewahren“ auf. Für was werden die Spendengelder verwendet? Wenn das Spendenaufkommen hoffentlich eine gewisse Höhe erreicht, werden wir die Proskauer/ Witt-Sammlung nach Zschadraß bringen. Die Exponate in den Containern werden gesichtet und katalogisiert. Sie haben sich sicherlich innerhalb des Arbeitskreises bereits Gedanken für die Zukunft der dann weltweit größten Sammlung kulturhistorischer Gegenstände aus 5.000 Jahren Zahnheilkunde gemacht? Was ist geplant? Zunächst hoffe ich, dass die Sammlung Proskauer/Witt mithilfe der Spenden eine neue Heimat in Zschadraß findet. Für die Zukunft könnte ich mir eine Wanderausstellung vorstellen. Und für Baden-Württemberg wüsste ich auch schon einen wunderbaren Ort für die Exponate: Das Medizinhistorische Museum zur Zahnheilkunde des 20. Jahrhunderts in Bietigheim-Bissingen. Das Haus Schmelzle ist ein denkmalgeschütztes Gebäude in Bietigheim-Bissingen. Das einstige Wohn- und Praxisgebäude des Zahnarztes Richard Schmelzle ist als medizinhistorisches Museum zur Zahnheilkunde des 20. Jahrhunderts an einigen Tagen im Jahr auch öffentlich zugänglich. » mader@lzk-bw.de Spendenaufruf Dentales Erbe bewahren Nach 20-jährigem Container-Schlaf soll die Proskauer/Witt-Sammlung der Bundeszahnärztekammer mit dem Dentalhistorischen Museum im sächsischen Zschadraß in der Nähe von Leipzig zusammengeführt und gemeinsam präsentiert werden. Das ist die weltweit größte Sammlung kulturhistorischer Gegenstände aus 5.000 Jahren Zahnheilkunde. Die Zahnärzteschaft in Deutschland wird gebeten, ihr dentales Erbe zu bewahren und mit einer Spende zu unterstützen. Spendenkonto Dentalhistorisches Museum Sparkasse Muldental Sonderkonto Dentales Erbe IBAN DE06 8605 0200 1041 0472 46 Spendenquittung Bei Angabe von Namen und E-Mail-Adresse wird eine Spendenquittung übersandt Für Rückfragen Birgit Koch +49 30/40005-101 b.koch@bzaek.de DENTALES ERBE www.zahnaerzteblatt.de ZBW 11/2019

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