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Zahngesundheit von Kleinkindern im Fokus

Ausgabe 11/2019

22 Berufspolitik

22 Berufspolitik Vertreterversammlung der Bezirkszahnärztekammer Karlsruhe Zukunftsgerichtete Kammerpolitik Ende September trafen sich die Delegierten der Bezirkszahnärztekammer Karlsruhe in Baden-Baden zur alljährlichen Vertreterversammlung. Die Rolle der Heilberufe und Strukturveränderungen im Gesundheitswesen waren die Themen, die den Vorsitzenden des Vorstandes, Dr. Norbert Engel, bewegten. „Gesellschaftliche Entwicklungen, nicht zuletzt Anforderungen durch Gesetze, Richtlinien, Vorgaben prasseln in dichter, ungeordneter Folge mit nicht einschätzbaren Risiken auf die Praxen nieder“, kritisierte Dr. Norbert Engel zu Beginn seiner Rede. Dabei seien die Unwägbarkeiten nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern bergen auch organisatorische Herausforderungen, infrastrukturelle Anforderungen und komplexe Fragestellungen, die die berufliche Situation der Zahnärztinnen und Zahnärzte beeinflussen. Die ärztlichen und zahnärztlichen Versorgungsstrukturen befänden sich in einem politisch initiierten Transformationsprozess, dessen Ausgang offen sei, führte er weiter aus. Allerdings dürfe voraus gesagt werden, dass die fein- und kleingliedrige Krankenversorgungslandschaft durch Großstrukturen abgelöst werde. Ökonomische Zwänge werden in zunehmendem Maße die Ausgestaltung der Patientenbehandlung beeinflussen, das Leistungsangebot bestimmen und die Leistungspalette beschneiden. Dies gelte sowohl im Bereich des Sozialversicherungskatalogs wie auch im Bereich der privaten Leistungspalette. Wirtschaftliche Entwicklungen würden unser gesetzliches System noch stärker belasten und selbst staatliche Zuschüsse würden dieses nicht auf Dauer stabilisieren können. „Wenn es knapp wird beginnt man, sich auf das Wesentliche zu besinnen“, hob Dr. Engel hervor. Eine der dann aufkommenden Fragen sei mit Sicherheit die Notwendigkeit zahnärztlicher Leistungen im Angebotskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Strukturwandel. Ein weiterer Faktor, der die deutsche zahnärztliche Versorgungslandschaft deutlich verändern werde, sei die Tendenz zu Großeinrichtungen. Diese seien politisch gewollt, die Nebenwirkungen seien vielleicht „politisch nicht beabsichtigt, aber trotzdem wirkungsvoll“. Die erste Nebenwirkung sei der Transfer von Versichertengeldern ins Ausland mittels Zahnmedizinischer Versorgungszentren, die von Fremdinvestoren finanziert werden, unter dem Aspekt des Shareholder Value. Eine weitere Nebenwirkung sei die „Aushöhlung der GOZ“. Diese Versorgungszentren, „die sich nicht unserer Kammer zugehörig fühlen, sich bei der IHK beheimatet finden und daher keine Bindung an die GOZ akzeptieren, bieten Leistungen zum standardisierten Dumpingpreis solange an, bis entsprechende kleinstrukturierte traditionelle GOZ-gebundene Konkurrenzpraxen in die Knie gehen.“ Dies begünstige die mittel- und langfristige Veränderung der Versorgungslandschaft. Monopolisierung und Gestaltungshoheit der Versorgungsanbieter seien Folgen, die dann die staatlichen Gestaltungsmöglichkeiten einschränken werden. „Profit statt Praxis. Shareholder Value statt Patient Value“, unterstrich Dr. Engel. Eine weitere Folge sei, dass mit der Strukturänderung unseres Gesundheitswesens auch für die Angestellten die Angebotsvielfalt Vorstand. Dr. Norbert Engel, Dr. Robert Heiden, Dr. Jan Wilz, ZA Torben Wenz und Dr. Wolfgang Grüner (v. l.). Nicht auf dem Bild: Geschäftsführer David Richter und Versammlungsleiter Dr. Ralph Beuchert. ZBW 11/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Berufspolitik 23 Delegierte. Die Vertreterinnen und Vertreter der Bezirkszahnärztekammer Karlsruhe diskutierten engagiert und verabschiedeten die vorgelegten Anträge. Fotos: Billischek bezüglich der Work-Life-Balance verringert werde, da diese Zahnärztinnen und Zahnärzte von den beschriebenen Monopolen abhängig würden. Des Weiteren würden „die im Sozialgesetzbuch verankerten Möglichkeiten direkter vertraglicher Beziehungen zwischen Versorgern und Krankenkassen – wenn solche Verträge zustande kommen – auch die herkömmlichen Player KV und KZV degradieren“. Weichen stellen. Angesichts dieser Entwicklungen sei es Aufgabe der Berufsvertretung der Zahnärzteschaft, sich den drängenden Fragen zu stellen. „Wie gelingt es, die steigende Anzahl der angestellten Kolleginnen und Kollegen für die Kammer zu interessieren und deren Wert als Berufsvertretung für den Berufsstand anzuerkennen?“, stellte Dr. Engel die Frage in den Raum. „Wie muss die Kammer der Zukunft aussehen, um die unterschiedlichen Berufsbedürfnisse ihrer Mitglieder zu bedienen?“, „Wie kann sich die Kammer bei der sich abzeichnenden Krankenversorgungssystemkrise als fachlich unabhängiger und systemferner Partner der Politik und Gesellschaft positionieren?“ und „Wie kann die Kammer als Berufsvertretung das Selbstbewusstsein des Berufsstandes erhalten und mehren?” Hier sei die Zahnärzteschaft gefordert, Lösungen zu finden und mit einer zukunftsgerichteten Kammerpolitik Weichen zu stellen. Abschließend appellierte er an die Delegierten, bei der aktiven Bewältigung dieser Herausforderungen mitzuarbeiten, ihre Gedanken einzubringen, damit „auch weiterhin eine würdige Ausübung der Zahnheilkunde in Deutschland ermöglicht wird“. Mitarbeiterinnen. Ein weiteres essenzielles Thema war der Mangel an Zahnmedizinischen Mitarbeiterinnen. Dr. Robert Heiden, Referent für Zahnmedizinische Mitarbeiter/innen, berichtete, dass mittlerweile weniger als die Hälfte der Zahnarztpraxen in Baden- Württemberg Zahnmedizinische Mitarbeiterinnen ausbildeten. Die baden-württembergische Zahnärzteschaft sei über den Informationsstand des Informationszentrum Zahngesundheit (IZZ) auf den Ausbildungsmessen im Land vertreten und werbe dort regelmäßig für die Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten. Mit Virtual-Reality-Medien solle dieser Auftritt zeitgemäß und noch attraktiver gestaltet werden, um auch hier am Puls der Zeit zu bleiben. GOZ. Der GOZ-Punktwert war ein weiteres Thema, das die Delegierten in der Vertreterversammlung ausführlich diskutierten. GOZ-Referent Dr. Jan Wilz bemängelte, dass die Forderungen der Zahnärzteschaft nach der Erhöhung des GOZ-Punktwerts, der seit 1988 unverändert ist, von der Politik nicht wahrgenommen werden. In Deutschland hängen 150.000 Arbeitsplätze (inkl. Zahntechnik) von der Zahnmedizin ab und bis zum Jahr 2030 sollen nochmals 75.000 Personen hinzukommen. Deshalb sei eine Forderung nach einer Punktwerterhöhung mehr als nachvollziehbar, betonte Dr. Wilz. Der Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, Dr. Torsten Tomppert, der als Gast anwesend war, verwies auf die Bestrebungen der EU, die Kammerstruktur abzuschaffen, da sie in deren Augen eine Behinderung des Binnenmarktes darstellte. Schätzungen zufolge sei mit einem Einmaleffekt von 750 Millionen Euro zu rechnen, wenn die regulierten Berufe dereguliert werden. Bei der Anpassung der GOZ sei eine einmalige Erhöhung der GOZ um einen bestimmten Prozentsatz zu favorisieren und dann eine jährliche Dynamisierung, die sich an der allgemeinen Lohnentwicklung orientiert – analog der Diäten der Parlamentarier. Diese Anpassung betrage 2,5 bis 3 Prozent jährlich und sei den Abgeordneten in Berlin bereits vom LZK-Vorstand vorgeschlagen worden. Weitere Impressionen finden Sie unter www.zahnaerzteblatt.de. » gabi.billischek@izz-online.de www.zahnaerzteblatt.de ZBW 11/2019

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