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Zahngesundheit von Kleinkindern im Fokus

Ausgabe 11/2019

18 Titelthema 14.

18 Titelthema 14. LAGZ-Forum im Kloster Schöntal Die Botschaft lautet: Eltern putzen Kinderzähne Die Mund- und Zahngesundheitsförderung für Kinder unter drei Jahren in Kindertageseinrichtungen war das Thema des 14. LAGZ- Forums im Kloster Schöntal. Die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg e. V. setzte bei dieser Fachtagung den Startimpuls für das neue „Konzept zur Förderung des Zahnputzverhaltens von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen oder Tagespflege in Baden-Württemberg“. Ziel ist es, die frühkindliche Karies einzudämmen. LAGZ-Forum 2019. Zum 14. Mal kamen die Teams der regionalen Arbeitsgemeinschaften Zahngesundheit im Kloster Schöntal zusammen und nutzten die Veranstaltung intensiv zum Erfahrungsaustausch. 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der 37 regionalen Arbeitsgemeinschaften für Zahngesundheit in den Stadt- und Landkreisen Baden-Württembergs sowie Zahnärztinnen und -ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes waren gekommen, um mit Prof. Dr. Christina Jasmund Methoden und Strategien zu entwickeln, wie die erwachsenen Bezugspersonen der U3-Kinder aktiv an der Zahnpflege mitwirken. Die Weichen für die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe für Kinder unter drei Jahren stellte der LAGZ-Vorstand bereits 2017. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der jüngsten Epidemiologischen Begleituntersuchung und der Deutschen Mundgesundheitsstudie ist Karies im Milchzahngebiss (ECC – Early Childhood Caries) ein ernstes Problem. Gerade bei Kleinkindern ist Karies die häufigste chronische degenerative Erkrankung mit vielen gesundheitlichen Folgen. Die Schädigungen sind massiv. Von den sechs- bis siebenjährigen Kindern weisen nur 53,8 Prozent naturgesunde Zähne auf. Als Problem erweise sich der Zugang zu den Kleinkindern, berichtete Prof. Jasmund. Da immer mehr Kinder immer länger in Kindertageseinrichtungen sind, müsse diesem Trend Rechnung getragen werden. Als ebenfalls schwierig erweise sich, dass die Frühpädagogik nicht dem Bildungssektor zugeordnet sei. Außerdem seien rund 70 Prozent der Träger der Kindertageseinrichtungen in privater Hand. Sie unterliegen unterschiedlichen weltanschaulichen, inhaltlichen und fachlichen Bildungsplänen. Darüber hinaus änderten sich die Zielgruppen und die Einrichtungen müssten sich mit steigenden Bildungsansprüchen und Personalmangel auseinandersetzen, berichtete Prof. Jasmund. Eine immer häufiger zu beobachtende Reaktion sei der Rückzug der pädagogischen Fachkräfte aufs „Kerngeschäft“. Das Zähneputzen mit den Kindern sei aufwändig und entfalle daher häufig. Nun stelle sich die Frage, wer putzt die Kinderzähne? Die Zusammenarbeit mit Erzieherinnen und Erziehern sowie Eltern ist von entscheidender Bedeutung. Aufbauend auf den Konzepten der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugendzahnpflege (DAJ) e. V. und der Landesarbeitsgemeinschaft in Hessen entwickelte Prof. Dr. Christina Jasmund für Baden-Württemberg ein maßgeschneidertes Konzept, das anhand dieser Ausgangssituation die Handlungsfelder, Aufgaben und Ziele bestimmt, die in den regionalen Arbeitsgemeinschaften umgesetzt werden sollen. Dazu gehören nach Arbeitsgesprächen mit Verantwortlichen in den Landesministerien für Kultus, Jugend und Sport sowie für Soziales und Integration, neue Flyer, Informationsveranstal- ZBW 11/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 19 Expertise. Das Konzept von Prof. Dr. Christina Jasmund (Bild links) kam beim Auditorium der Expertinnen der Arbeitsgemeinschaften an ... ... und wurde in den beiden Workshops unter Leitung von Dr. Steffi Beckmann (linkes Bild, stehend) und Julia Reinken (nicht auf dem Bild) engagiert bearbeitet. Die Prophylaxefachkräfte tauschten dabei ihre „Best-Practice“-Methoden aus. Fotos: Baars tungen, die Fachtagung zur Befähigung der AG-Mitarbeiterinnen und der fachliche Austausch. Die Lehrstuhlinhaberin für Pädagogik der Frühen Kindheit an der Hochschule Niederrhein hat gemeinsam mit Dr. Bernd Krämer, Mitglied im LAGZ- Vorstand und Prophylaxereferent der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, die Gespräche mit den Ministerien geführt. Das Ergebnis sind Flyer, die derzeit in der LAGZ-Geschäftsstelle erstellt werden, um dann den Mitarbeitern in den Arbeitsgemeinschaften die Arbeit mit Multiplikatoren und Eltern zu erleichtern. Begleitend zum Vortrag leiteten Julia Reinken und Dr. Steffi Beckmann zwei Workshops, bei denen der Praxisaustausch zur Erstellung eines Methodenhandbuchs und die Rollen der Eltern sowie die Leitung und Fachkräfte von Kindertageseinrichtungen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit bei der Mundund Gesundheitsförderung durch- leuchtet wurden. Diese Workshops zum Erfahrungsaustausch wurden von den regionalen Arbeitsgemeinschaften reichlich genutzt, die ihre „Best-Practice“-Methoden präsentierten. Denn gerade diese Multiplikatoren spielen bei der Informationsweitergabe eine große Rolle und müssen für das Problem ECC sensibilisiert werden. Die Botschaft sei einfach, betonte Prof. Jasmund: „Eltern putzen Kinderzähne.“ Die Eltern hätten Vorbildfunktion und seien für die Gesundheit ihrer Kinder verantwortlich. In den Kindertagesstätten werde das Zähneputzen lediglich geübt. Denn ohne ritualisiertes Verhalten und das Einüben der haptischen Fähigkeiten würde das Zähneputzen nicht erlernt. „Die Kinder begreifen durch Ergreifen und erfassen durch Anfassen“, sagte sie. Kindertageseinrichtungen haben den gesetzlichen Auftrag zur Gesundheitsförderung. Die Prophylaxefachkräfte der regionalen Arbeitsgemeinschaften brauchen allerdings die Unterstützung der pädagogischen Fachkräfte in den Einrichtungen, um die Eltern vom Zähneputzen zu überzeugen und zu motivieren. Hierfür müssen die regionalen Arbeitsgemeinschaften Ressourcen umverteilen, im Team einen Multiplikator für die erwachsene Zielgruppe haben und sich regelmäßig über die Erfahrungen austauschen. Die Kooperation mit Zahnärztinnen und -ärzten des Öffentlichen Gesundheitsdienstes müsse weiter verstärkt werden. Ein weiteres Handlungsfeld sind die Träger der Kindertageseinrichtungen, die Ausbildungseinrichtungen der pädagogischen Fachkräfte, die Leitungen und Teams der Einrichtungen, Tagespflegepersonen und die Eltern. Nach dem LAGZ-Forum war allen Beteiligten klar: Das Thema wird bei der LAGZ in den kommenden Jahren weiter aktuell bleiben. » krusch@lagz-bw.de www.zahnaerzteblatt.de ZBW 11/2019

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