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Zahngesundheit von Kleinkindern im Fokus

Ausgabe 11/2019

16 Titelthema

16 Titelthema Zahnärztliche Prophylaxe für Kleinkinder Gesunde Zähne von Anfang an Foto: Shutterstock.com/Oksana Kuzmina Prophylaxe ist der Schlüsselbegriff in jeder zahnärztlichen Praxis. Bei Kleinkindern heißt Prophylaxe vor allem frühkindlicher Karies vorzubeugen. Denn frühkindliche Karies gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter. Beinahe die Hälfte der kariösen Defekte, die im Einschulungsalter festgestellt werden, entsteht bereits in den ersten drei Lebensjahren. Dennoch setzten die zahnmedizinischen Präventionsleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung bisher erst ab dem 30. Lebensmonat ein. Seit dem 1. Juli 2019 gibt es nun zusätzliche Leistungen der gesetzlichen Krankenkassen für Babys und Kleinkinder. Prophylaxe. Eine regelmäßige, gründliche Zahnpflege von Anfang an ist wichtig. Im Rahmen der neuen Leistungen im U3-Bereich wurde auch die Beratung und Anleitung der Eltern in den Fokus gerückt. Bereits 2014 legte die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) zusammen mit der Bundeszahnärztekammer das Versorgungskonzept „Konzept zur Zahnmedizinischen Prävention bei Kleinkindern vor“. Das Konzept entstand mit Unterstützung des Bundesverbands der Kinderärzte (BuKiZ) und dem Deutschen Hebammenverband (DHV) und richtete sich mit einer konkreten Handlungsempfehlung direkt an die Gesundheitspolitik und die Krankenkassen, mit dem Ziel die frühkindliche Karies nachhaltig zu bekämpfen. Die Verfasser warben bereits damals dafür, die zahnärztlichen Vorsorgeuntersuchungen für den Kleinkindbereich auszuweiten und mit den Prophylaxeuntersuchungen bei den unter 3-Jährigen zu beginnen. Denn während sich 2014 die Mundgesundheit in Deutschland im Vergleich zu den Vorjahren erheblich verbessert hatte und Deutschland im internationalen Vergleich einen Spitzenplatz einnahm, hatte die frühkindliche Karies an Häufigkeit zugenommen. Dabei zeigt sich, dass Kinder aus Bevölkerungsschichten mit niedriger Bildung und niedrigem sozialen Status ein höheres Erkrankungsrisiko haben, auch wenn die frühkindliche Karies ein Problem ist, das in allen Bevölkerungsschichten auftritt. Hervorgerufen wird sie vor allem durch den überdurchschnittlichen Einsatz von Nuckelflaschen in Kombination mit zucker- und säurehaltigen Getränken, einhergehend mit einer nicht ausreichenden Mundhygiene. Oftmals sind bei den Betroffenen mehrere Zähne befallen. Das geringe Alter der Patienten und die daraus resultierende geringe Kooperationsfähigkeit führen dazu, dass die frühkindliche Karies das größte Problem in der Kinderzahnheilkunde darstellt und manchmal eine erforderliche Behandlung nur in Vollnarkose möglich ist. Dies muss aufgrund des damit verbundenen Risikos sorgfältig abgewogen werden. Zusätzlich entstehen dadurch weitere Kosten für das Gesundheitssystem. KZBV und Bundeszahnärztekammer schlugen deswegen bereits 2014 in ihrem Versorgungskonzept eine Erweiterung der zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen und eine Verankerung dieser im gelben Kinder-Untersuchungsheft vor. Auch Empfehlungen zum Leistungsspektrum der Untersuchungen wurden dezidiert ausgesprochen. So sollten die zusätzlichen zahnärztlichen Untersuchungen einen Mundgesundheitscheck, Tipps zur Zahnpflege, Ernährungsberatung und eine Fluoridanamnese enthalten. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) setzte das Konzept zur zahnmedizinischen Prävention bei Kleinkindern in den vergangenen Jahren weitgehend um – nicht zuletzt aufgrund des vehementen Einsatzes der Zahnärzteschaft für dieses Thema. In das gelbe Kinderuntersuchungsheft wurden sechs Verweise vom Kinderarzt zum Zahnarzt für Kinder vom 6. bis zum 72. Lebensmonat integriert. Der bisherige Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wurde zudem Anfang Juli 2019 durch drei zusätzliche zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder bis zum ZBW 11/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 17 vollendeten 33. Lebensmonat erweitert. „Für Familien mit kleinen Kindern ist dies eine sehr gute Nachricht. Es war höchste Zeit, dass die Versorgungslücke im Bereich der unter 3-Jährigen endlich geschlossen wurde“, so die Vorstandsvorsitzende der KZV BW Dr. Ute Maier. Die neuen Leistungen tragen effektiv dazu bei, frühkindliche Karies zu bekämpfen. Es ist jedoch von zentraler Bedeutung, dass Eltern die zusätzlichen Untersuchungen mit ihren Kindern auch regelmäßig wahrnehmen. Hierzu ist eine enge Zusammenarbeit von Zahnärzten, Kinderärzten und auch Hebammen notwendig und es erfordert sicherlich weitere gesamtgesellschaftliche präventive Anstrengungen, um alle Kinder zu erreichen. » jenny.dusche@kzvbw.de Info Die Prophylaxeleistungen bei Kindern im Überblick Für Kinder von sechs Monaten bis zum vollendeten 72. Lebensmonat besteht Anspruch auf insgesamt sechs spezielle Untersuchungen für die Früherkennung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Neu sind die drei Früherkennungsuntersuchungen vom sechsten bis zum vollendeten 33. Lebensmonat, die zeitlich auf die U-Untersuchungen beim Kinderarzt abgestimmt sind. Der Abstand zwischen zwei Früherkennungsuntersuchungen beträgt mindestens vier Monate. Diese Früherkennungsuntersuchungen umfassen folgende Leistungen: • gründliche Untersuchung der Mundhöhle • Beratung der Eltern zu Ernährungsverhalten und Ursachen von oralen Erkrankungen • Empfehlungen zur Fluoridierung und zur Zahnpflege Vom 34. Lebensmonat bis zum vollendeten sechsten Lebensjahr werden weiterhin drei zahnärztliche Untersuchungen im Abstand von mindestens zwölf Monaten übernommen. Zusätzlich haben Kinder im Alter vom sechsten bis zum vollendeten 72. Lebensmonat zweimal je Kalenderhalbjahr Anspruch auf eine Anwendung von Fluoridlack zur Zahnschmelzhärtung. Sind die ersten bleibenden Backenzähne bereits vor dem sechsten Geburtstag durchgebrochen, trägt die Krankenkasse bereits jetzt auch die Kosten für eine Fissurenversiegelung. Anzeige www.zahnaerzteblatt.de ZBW 11/2019

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