44_FORTBILDUNG ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de Forum Rottweil zum Thema Riechvermögen DIE NASE KANN MAN TRAINIEREN Im dritten Anlauf ist es Dr. Reinhard Schugg gelungen, die siebte Veranstaltung unter dem Rubrum „Brain meets music“ Realität werden zu lassen. Das Forum Rottweil, seit vielen Jahren landesweit bekannt für seine Fortbildungsseminare für Zahnmediziner, war in der „Kathedrale“ der alten Rottweiler Pulverfabrik am Neckarufer zu Gast. Prof. Dr. Thomas Hummel, HNO-Klinik der TU Dresden, referierte höchst lebhaft ein durch Corona plötzlich aktuell gewordenes Thema: „Warum ist Riechen wichtig? Was passiert, wenn wir den Geruchssinn verlieren?“ Der Einladung in die historische Pulvermühle waren rund 100 festlich gestimmte Gäste gefolgt. Das lag sicher am interessanten Thema und auch daran, dass man schon lange keine Gelegenheit mehr hatte, sich in gelöster Stimmung zu treffen, Live-Musik zu hören und sich im Kollegen- und Freundeskreis hoch qualifiziert fortzubilden. In seiner Einführung sprach Spiritus Rector Dr. Schugg am 1. Juli dem Publikum aus dem Herzen, als er an prägende olfaktorische Wahrnehmungen erinnerte: An den Weihrauch in der Kirche, an den Duft von Heu im Allgäu-Urlaub, an frischen Asphalt im heißen Sommer oder an das Nelkenöl, das früher in Zahnarztpraxen den Ton angab. Dass Erinnerungen und Düfte eng verknüpft sind, unterstrich der Referent Prof. Hummel, Leiter des Interdisziplinären Zentrums für Riechen und Schmecken an der TU Dresden. Die Wahrnehmung von Düften und Emotionen ist mitten im Gehirn, im limbischen System verankert. Das erklärt auch die Tatsache, dass man Koma-Patienten mit Düften noch erreichen kann. HERBER VERLUST Leider verringern sich mit den Jahren die Riechzellen in der Nase. Laut Prof. Hummel können mindestens ein Drittel der Menschen über 80 Jahre überhaupt nicht mehr riechen, zusätzlich leiden viele ältere Menschen an einem verminderten Riechvermögen. Ein solcher Verlust ist schwerwiegend, denn der Zugang zur Gefühlswelt kommt abhanden. Der Mensch verbindet mit jedem Geruch ein Gefühl oder eine Erinnerung. Wenn diese Information fehlt, geht auch ein Wahrnehmungspfad verloren. Wenn bei vielen Erlebnissen und Erinnerungen plötzlich der zugehörige Geruch fehlt, wird das Leben deutlich ärmer, „die Erinnerungswelt wird eindimensionaler und wirkt schwarz-weißer“, erklärte Prof. Hummel. Aktuell. Prof. Dr. Thomas Hummel referierte höchst lebhaft ein durch Corona plötzlich aktuell gewordenes Thema: „Warum ist Riechen wichtig? Was passiert, wenn wir den Geruchssinn verlieren?" COVID-PATIENTEN Eklatant ist das bei COVID-19: Ein untrügliches Symptom der Infektion ist der Verlust von Geruchs- und/oder Geschmackssinn, obwohl man keinen Schnupfen hat. Laut Prof. Hummel erholt sich die Mehrheit der Patienten innerhalb eines Monats wieder, ein Viertel der Betroffenen hat weiterhin mit Einschränkungen zu kämpfen und rund 1,5 Prozent der Erkrankten kann nach der Infektion speziell das Riechvermögen nicht wiedererlangen. Seiner Rechnung nach sind das, ausgehend von 20 Millionen Corona-Erkrankten in Deutschland, rund 300.000 Betroffene, eine nicht zu vernachlässigende Größe. Da ohne olfaktorische Wahrnehmung auch kein Genuss möglich ist, reduziert eine Anosmie die Lebensqualität beträchtlich. Außerdem kann die Wahrnehmung von Gerüchen stark gestört sein, sodass manche fälschlich als unangenehm empfunden werden. RIECHVERMÖGEN TRAINIEREN Um Betroffenen zu helfen, haben Prof. Hummel und sein Team ein Riechtraining entwickelt, das sich vor allem als Unterstützung bei der Regeneration von Patienten mit postinfektiösen Riechstörungen etabliert hat. Er gab dem Publikum mit speziellen Riechstiften in den Duftnoten Rose, Eukalyptus, Zitrone und Gewürznelke einen Einblick in sein Instrumentarium. Ein zweimal täglich durchgeführtes kurzes Training mit den standardisierten Stiften wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Geruchsfähigkeit aus, ein Effekt macht sich allerdings erst nach sechs bis sieben Monaten bemerkbar. Unmittelbare Wirkung hatte die Musik des Ensembles Locke, bestehend aus Konstantinos Koutouvas, Gitarre und Jordan Djevic, Akkordeon und Gesang. Ihre musikalisch-emotionale Reise führte das begeisterte Publikum über den Balkan und die iberische Halbinsel bis nach Lateinamerika. Und so ist es kein Wunder, dass man noch lange den verzaubernden Melodien lauschte – und vielleicht vergangenen Dufterlebnisse nachhing. Dorothea Kallenberg Foto: D. Kallenberg
ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de 45_SOZIALES ENGAGEMENT Sachspenden der Zahnärzteschaft Baden-Württemberg ZAHNPFLEGESETS FÜR UKRAINE Bereits im Mai hat das Informationszentrum Zahn- und Mundgesundheit Baden-Württemberg (IZZ BW) Geflüchtete aus der Ukraine mit Zahnpflegesets unterstützt. Im Namen der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg und der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg brachte das IZZ damals Zahnbürsten und -pasten für Erwachsene und Kinder zum Stuttgarter Hauptbahnhof. Auch die Binnenflüchtlinge in der Ukraine erhielten nun eine Hilfslieferung. Hierfür arbeitete die Zahnärzteschaft mit der Stuttgarter Hilfsorganisation Stelp e. V. zusammen. Hier im Land. Wenn gewünscht, erhalten alle ankommenden Geflüchteten im Namen der Zahnärzteschaft Baden-Württemberg am Stuttgarter Hauptbahnhof ein Zahnpflegeset, erklärte die IZZ-Leiterin Cornelia Schwarz den Journalisten. Am Anfang stand zunächst der Wunsch, die hier im Land ankommenden Geflüchteten zu unterstützen. Über interne Kontakte eruierte das IZZ BW, ob es gewünscht und überhaupt erforderlich ist, dass die Zahnärzteschaft die Geflüchteten, die am Stuttgarter Hauptbahnhof ankommen, mit Zahnpflegesets versorgt. Nachdem diese Anfrage mit großer Begeisterung bejaht wurde, brachte das IZZ die erste Lieferung mit hundert Sets für Kinder und Erwachsene direkt an die Anlaufstelle im Bahnhof der Landeshauptstadt und suchte vor Ort zudem das Gespräch mit den Verantwortlichen. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass künftiger Bedarf gezielt und direkt bearbeitet werden kann. Mindestmaß an Zivilisiertheit geht und man hilft, wenn andere in Not sind“. UKRAINE Ende Juni gelang es den baden-württembergischen Körperschaften zudem in Zusammenarbeit mit der Stuttgarter Hilfsorganisation Stelp e. V. deren bereits geschaffene Logistik zu nutzen Fotos: IZZ BW/Stelp e. V. und zwei Paletten mit Zahn- und Mundpflegeartikeln direkt ins Kriegsgebiet der Ukraine zu versenden. „Natürlich ist uns bewusst, dass wir damit weder Konflikte lösen noch existenzielle Nöte lindern können“, weiß Dr. Ute Maier, Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW). „Dennoch ist es der Zahnärzteschaft im Land ein Anliegen, zum Ausdruck zu bringen, dass sie sich kümmern will, dass sie da ist und den Menschen in Not ein kleines Stück Wohlbefinden geben möchte“, ergänzt der Präsident der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg (LZK BW), Dr. Torsten Tomppert. AUSBLICK Bereits zur Weihnachtszeit 2020 unterstützten die zahnärztlichen Körperschaften Baden-Württembergs soziale Zwecke. Nachdem zunächst die Obdachloseneinrichtungen und Kältebusse versorgt wurden, bedachte man 2021 alle Kinder- und Frauenschutzhäuser im Land. 2022 sollen nun die vier Landeserstaufnahmestellen bedacht werden. Damit werden alle hier Ankommenden mit Zahnbürsten und Pasten erstversorgt. Cornelia Schwarz DEUTSCHLAND Damals war zufällig ein Fernsehteam des ARD Morgenmagazins Moma vor Ort und befragte die Zahnärzteschaft nach ihren Beweggründen für diese Aktion. Die Antwort darauf war schnell gefunden und eindeutig: „Weil es um ein In der Ukraine. Auch die Binnenflüchtlinge beziehungsweise, die im- Land gebliebenen Ukrainer*innen wurden von Baden-Württemberg aus mit Zahnpflegesets für Kinder und Erwachsene versorgt.
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