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Zahnärztliche Versorgung

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8-9/2022

28_BERUFSPOLITIK

28_BERUFSPOLITIK ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de Vertreterversammlung der KZBV am 6. und 7. Juli 2022 ZAHNÄRZTESCHAFT VEREINT GEGEN GKV-GESETZ Mit dem im Vorfeld der Vertreterversammlung (VV) der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) bekannt gewordenen Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) stand die VV abermals unter dem Eindruck aktuell drohender gesundheitspolitischer (Fehl-) Entscheidungen des Bundesgesundheitsministeriums. Der Vorstand und die Delegierten zeigten sich entschlossen, die Interessen der Zahnärzteschaft mit der gebotenen Härte zu verteidigen. Einigkeit herrschte auch bei den Themen iMZV und europäische Gesundheitspolitik. Versorgung. „Die Versorgung von Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf muss endlich vorankommen. Dafür braucht es auch eine leistungsgerechte Vergütung!“, kommentierte Dr. Ute Maier den Beschluss zur Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Behinderungen. Fotos: KZBV/Knoff GESETZENTWURF Das Gesundheitsministerium hatte mit seinem Entwurf eines GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes den Planungen für eine reguläre Arbeits-VV der KZBV in Dresden am 6. und 7. Juli einen Strich durch die Rechnung gemacht. Den Entwurf bezeichnete der Vorstandsvorsitzende der KZBV Dr. Wolfgang Eßer als „massive Bedrohung“ für den zahnärztlichen Berufsstand und die zahnmedizinische Versorgung. Das Gesetz sehe vielfältige Einsparungen, insbesondere die Wiedereinführung der strikten Budgetierung vor. Mit diesem Vorhaben würden zudem die erst 2021 in die Versorgung implementierten Leistungen der Parodontitistherapie wieder ausgebremst werden. Als hochproblematisch seien auch die Auswirkungen auf die Versorgungsstrukturen einzuschätzen. Dr. Eßer zeigte sich in seiner emotionalen Rede kämpferisch: Dieses Gesetz müsse verhindert werden. „Ich verspreche Ihnen, dass meine Kollegen und ich gemeinsam mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der KZBV alles in unserer Kraft Stehende tun werden, um diese fatalen Regelungen zu verhindern.“ EINSTIMMIGKEIT Wichtig sei nun ein abgestimmtes Vorgehen von KZVen und KZBV, um das Gesetz zu stoppen. „Wer Politik aus der Mottenkiste sät, wird auch Reaktionen aus der Mottenkiste ernten!“, empörte sich Eßer über den Gesetzentwurf. Zwar sei das Gesetz bis zur VV nicht offiziell bei der KZBV eingegangen, aber eine Stellungnahme seitens der Zahnärzteschaft bereits verfasst. Einstimmig beschlossen die Delegierten auf Antrag des KZBV- Vorstandes eine Resolution, wonach der Gesetzentwurf strikt abgelehnt wird. Der Bundesgesundheitsminister wird aufgefordert, „die geplanten Regelungen, die faktisch einer drastischen Vergütungskürzung für die Zahnärzteschaft gleichkommen, zu streichen“. Weiter heißt es in der Resolution: „Die im Entwurf vorgesehenen Regelungen sind weder verhältnismäßig noch angemessen und bedeuten einen Rückfall in die strikte Budgetierung. Sie werden zwangsläufig erhebliche Leistungskürzungen für die Versicherten nach sich ziehen.“ WEITERE BESCHLÜSSE Daneben befasste sich die VV mit einer Reihe weiterer berufspolitischer Themen: In seiner Rede warnte Dr. Eßer erneut deutlich vor investorengeführten Medizinischen Versorgungszentren (iMVZ)

ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de 29_BERUFSPOLITIK und forderte den Bundesgesundheitsminister zum Handeln auf. Die Zahnärzteschaft müsse ihre Forderungen stetig in die Politik tragen. Dementsprechend beschloss die VV einstimmig einen Antrag zur Eindämmung von iMVZ und einen Maßnahmenkatalog. Auch beim Abbau der Bürokratie ist die Zahnärzteschaft der Politik einen Schritt voraus: Dazu hat die KZBV gemeinsam mit den KZVen bürokratische Prozesse identifiziert. Eine niederschwellige Befragung der Praxen soll abschließende Erkenntnisse bringen und den Katalog von Vorschlägen an die Politik ergänzen. Ein wichtiges Thema sei auch die Implementierung von Früherkennungsuntersuchungen (FU). Diese würden aktuell von 35 Prozent in Anspruch genommen werden, hier arbeite man gemeinsam mit dem G-BA daran, die FU voranzubringen. Sie soll künftig Teil des digitalisierten gelben Heftes aus zahnärztlicher und ärztlicher FU werden. Aus Reihen der Delegierten wurde zudem eine Verbesserung der zahnärztlichen Versorgung von Menschen mit Behinderungen gefordert. Die VV forderte nach eingehender Diskussion den Gesetzgeber auf, Kooperationsverträge auch mit Behinderteneinrichtungen zu ermöglichen. Eine Arbeitsgruppe soll zudem bis zur Herbst-VV Lösungsvorschläge u. a. für eine aufwandsgerechte Vergütung der Behandlung schwerstbehinderter Menschen erarbeiten. EUROPA Die Vertreterversammlung befasste sich überdies eingehend mit der europäischen Gesundheitspolitik und positionierte sich dabei klar auf der Seite der Datenschutz. „Es muss die Frage geklärt werden, wer letztlich Zugang in den Europäischen Datenraum bekommen kann“, so Christian Finster, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZV BW. Zahnärzte*innen sowie der Patient*innen. Bei den aktuellen Beratungen zur Einrichtung eines Europäischen Gesundheitsdatenraumes (EHDS) bestehe die Gefahr, dass der Datenschutz auf der Strecke bleibe, so Christian Finster, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KZV BW. Ein Antrag des KZBV-Vorstandes, der auf den Erhalt der nationalen Kompetenzen in der Gesundheitspolitik pochte, fand Zustimmung. Auf die Initiative der KZV BW hin wurde dieser Beschluss durch einen weiteren Antrag mit einem starken Bekenntnis zum informationellen Selbstbestimmungsrecht der Patienten im neu einzurichtenden Gesundheitsdatenraum ergänzt. „Es muss die Frage geklärt werden, wer letztlich Zugang in den Europäischen Datenraum bekommen kann“, erklärte Finster. Alexander Messmer INFO Die Beschlüsse der KZBV VV vom 6. und 7. Juli 2022 finden Sie auf der Webseite der KZBV. Scannen Sie dazu einfach den QR-Code. KOMMENTAR Dr. Ute Maier Vorsitzende des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg Dass uns pünktlich zur Vertreterversammlung unserer Bundesorganisation ein Gesetzentwurf aus dem Hause Lauterbach zur Stabilisierung der GKV-Finanzen ins Haus flattert, das irritiert schon sehr. Den Entwurf einfach mal „durchstechen“ anstatt den Dialog zu suchen: Ist das die Art und Weise, wie der Minister Gesundheitspolitik mit uns und den anderen Akteuren im Gesundheitswesen betreiben will? Ich kann Herrn Lauterbach nur auffordern, unsere Gesprächsbereitschaft anzunehmen. Aber nicht nur der Stil lässt zu wünschen übrig, auch in der Sache gibt es nichts schönzureden. Den Rotstift bei den Kolleg*innen anzusetzen, die unter der Last der Pandemie die Versorgung gesichert haben – wo ist da der von den Sozialdemokraten im Wahlkampf beschworene Respekt? Und hatte Lauterbach nicht auch eine evidenzbasierte Politik angekündigt? Eine Budgetierung bei den Zahnärzt*innen entbehrt nachweislich jeglicher Grundlage. Die Zahnärzteschaft senkt seit Jahren ihren Anteil an den GKV-Ausgaben: Gemessen an den Gesamtausgaben waren es im Jahr 2000 noch 8,92 Prozent, heute sind es 6,25 Prozent. Diesen Erfolg haben wir durch Prävention erreicht, die Zahn medizin ist hier Vorbild. Das sollte nicht bestraft, sondern anerkannt werden. Herr Lauterbach, stehen Sie zu Ihrem Wort und stoppen Sie diesen Unsinn!

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