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Zahnärztliche Versorgung

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8-9/2022

24_BERUFSPOLITIK

24_BERUFSPOLITIK ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de Vertreterversammlung der KZV BW am 24. und 25. Juni 2022 in Stuttgart „DIE OBERGRENZEN MÜSSEN WEG!“ Engagierte Diskussionen und wegweisende Beschlüsse bei der Vertreterversammlung der KZV BW: Seit Jahren ist die Einführung der Telematik-Infrastruktur (TI) in den Zahnarztpraxen ein heiß diskutiertes Thema, das angesichts vieler Pannen, nur teilweise erstatteter Kosten, großer bürokratischer Aufwände und bislang höchst zweifelhaftem Nutzen für großen Unmut sorgt. Neben dem Jahrhundertprojekt Digitalisierung befasste sich die VV mit weiteren aktuellen berufspolitischen Themen wie der GKV-Finanzierung, dem Auftreten investorengeführter MVZ sowie den Folgen der Coronapandemie. Kämpferisch: „Die Ausgabenobergrenzen müssen weg und zwar für immer“, forderte Dr. Ute Maier. Foto: C. Schwarz/IZZ Die Telematik ist seit Jahren eines der umstrittensten berufspolitischen Themen. Was ursprünglich die medizinische Versorgung verbessern und dazu die Prozesse verschlanken sollte, habe sich zu einer gefühlten Bedrohung entwickelt, so beschrieb der Vorsitzende der Vertreterversammlung Dr. Dr. Alexander Raff die Stimmung in vielen Zahnarztpraxen. Um die Digitalisierung im Gesundheitswesen zu einer Erfolgsgeschichte zu machen, müsse die Stimme der Anwender*innen in den Praxen besser als bisher berücksichtigt werden – davon zeigten sich die Vertreter*innen der baden-württembergischen Vertragszahnärzteschaft überzeugt. Ohne die Unterstützung der niedergelassenen Ärzt*innen und Zahnärzt*innen wäre die Digitalisierung nicht möglich. Diese Unterstützung brauche Überzeugung. Zwangsmaßnahmen und Bußgelder seien nicht nur unnötig, sondern „maximale Motivationskiller“. „Dahinter steht ein politisches Grundverständnis, das noch tief in wilhelminischen Zeiten hängengeblieben ist“, so Alexander Raff. DIALOG Als Interessenvertretung der Zahnärzt*innen ist es die Aufgabe der KZV BW, diese Sorgen aufzugreifen und in den Austausch darüber zu treten, was im Sinne der Praxen verbessert werden könnte. So wurde im Landesbeirat die Idee geboren, das Thema auf der VV nicht nur intern zu diskutieren, sondern dazu einen Vertreter der Gematik einzuladen. Entsprechend engagiert wurde der Vortrag von Thomas Jenzen, Produktmanager im Business-Team der Gematik zum Auftakt der Vertreterversammlung diskutiert. Lesen Sie dazu auch den standespolitischen Kommentar von Dr. Hans Hugo Wilms (S. 27). AUSBLICK „Wir haben in der Gematik gelernt, mehr zuzuhören“, betonte Jenzen zum Abschied. Ein forcierter Dialog, etwa durch Sprechstunden für Ärzt*innen und Zahnärzt*innen, diene dem Ziel, Probleme in der praktischen Anwendung zu lösen und die TI-Anwendungen gut in die Praxisverwaltungssysteme zu integrieren. Wenn sich aufseiten von Po­

ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de 25_BERUFSPOLITIK litik und Gematik die Ansicht durchsetze, ein gemeinsamer Erfolg sei nur durch Überzeugung und nur mit den niedergelassenen Zahnärzt*innen im selben Boot möglich, könne sich die Digitalisierung in die richtige Richtung entwickeln, so der Tenor vieler Delegierter. Das Angebot von Jenzen, sich die Anwendung und auch die Probleme der TI in den Praxen bei einem Vor-Ort-Besuch anzusehen, wurde von der VV begrüßt. STREITPUNKT EBZ Nicht von der Gematik, sondern federführend von der KZBV entwickelt, wurde das elektronische Beantragungs- und Genehmigungsverfahren (EBZ), das zum 1. Juli den Betrieb aufgenommen hat. Dies soll den bürokratischen Aufwand bei den Praxen wie bei den Krankenkassen durch eine sichere digitale Prozesskette anstelle des bisherigen Papierverfahrens deutlich vereinfachen (wir berichteten im ZBW, Ausgabe 5-6/2022). Gleichwohl waren viele Delegierte der Ansicht, dass das EBZ gerade im Falle komplizierter Versorgungen nicht zu den eingespielten und bewährten Praxisworkflows passen würde. Auch seien diverse rechtliche Fragen noch umstritten. Ein Antrag zum EBZ, der sich gegen die verpflichtende Anwendung des Verfahrens in den Praxen richtete, stieß auf breite Zustimmung und wurde dem Vorstand der KZBV im Nachgang zugestellt. IMVZ Neben den Diskussionen über die Digitalisierung stand als derzeit hochbrisantes Thema das Auftreten von fachfremden Kapitalinvestoren in der Zahnmedizin auf der Tagesordnung. Unmittelbar zu Beginn der Vertreterversammlung erreichte die Delegierten die Nachricht vom Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) in Magdeburg zur Regulierung investorengetragener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ). „Es tut sich was“, kommentierte die Vorsitzende der KZV BW Dr. Ute Maier das Bestreben der GMK, den Einfluss von privaten Investoren bei Gründung und Betrieb von MVZ einzuschränken. Die geplante Bundesratsinitiative sei ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und zugleich ein Zeichen, dass sich der Einsatz der Standespolitik für die niedergelassenen Zahnärzt*innen lohne. Wie Dr. Maier mit Blick auf die kürzlich von der KZV BW durchgeführte Befragung von über 500 Mitgliedern betonte, würden große MVZ für viele Praxen mittlerweile eine Konkurrenz in Bezug auf Patient*innen und Praxispersonal darstellen, was mittelfristig zu einer Bedrohung der flächendeckenden Versorgungsstrukturen werden könne (Mehr zur Befragung zum Thema „Konkurrenz durch große MVZ“ lesen Sie auf den Seiten 16 ff.). BUNDESPOLITIK In ihrer Rede warf Dr. Ute Maier überdies einen Blick auf die gesundheitspolitischen Vorhaben der Ampel-Regierung. Neben verschiedenen Lichtblicken wie einem geplanten Bürokratieabbau-Paket und dem Erhalt des dualen Versicherungssystems gebe es jedoch gravierende Leerstellen. Sehr enttäuschend sei, dass die Zahnärzteschaft beim Thema Budgetierung ein weiteres Mal vergessen worden sei. So stehe zwar die Budgetfreiheit im Koalitionsvertrag, dies gelte jedoch nur im hausärztlichen Bereich. „Wir haben jahrelang bewiesen, dass wir kein Kostentreiber in der GKV sind. Die Ausgabenobergrenzen müssen weg und zwar für immer“, so Dr. Maier – eine Aussage, die mit viel Applaus quittiert wurde. Dr. Georg Bach (Bezirksgruppe Freiburg) ergänzte, dass die Ausgaben auch während der temporären Aufhebung der Obergrenzen in 2021 und 2022 keineswegs explodiert seien. Einen Anstieg gebe es lediglich im Leistungsbereich PAR, was mit Blick auf die Einführung der neuen PAR-Leistungen politisch gewollt sei. Die deutliche Steigerung des Leistungsvolumens im Bereich PAR liege im Rahmen der Prognosen, die die KZBV im GBA abgegeben habe. Um diese Position zu bekräftigen, verabschiedete die VV ohne Gegenstimme einen Antrag, der die dauerhafte Aufhebung der Obergrenzen forderte. ZAHNÄRZTLICHE VERSORGUNG Gerade beim Thema PAR zeigte sich indessen, dass die Selbstverwaltung trotz Krisenmodus in der Lage ist, große Dinge auf den Weg zu bringen. Aktuelle Abrechnungszahlen zu den seit 1. Juli 2021 geltenden neuen Leistungen (wir berichteten im ZBW 7/2022) machten deutlich, dass diese in der Kollegenschaft immer besser angenommen werde und mit der kompetenten Begleitung der Praxen durch die KZV BW auch gewisse, der Komplexität des Themas geschuldete Startschwierigkeiten, zunehmend beseitigt würden. Auch die sehr gute Dotierung der Leistungen wurde seitens der Delegierten als Ausdruck einer erfolgreichen Arbeit der Standesorganisationen hervorgehoben. Ein zahnmedizinischer Fokus liegt für die KZV BW überdies auf der Verbesserung der Versorgung für Menschen mit Behinderungen. Zwar ist dieses Thema bereits seit der Jahrtausendwende auf der Tagesordnung, jedoch gebe es bis heute noch vieles nachzuholen, um eine individuell bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. Insbesondere müssten hier entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die die Delegierten in einem Antrag präzisierten. Unter anderem betrifft dies die Forderungen nach dem Abschluss von Kooperationsverträgen auch mit Behinderteneinrichtungen, nach der Schaffung ausreichender stationärer Behandlungskapazitäten sowie nach einer aufwandsgerechten Vergütung der zahnärztlichen Behandlung schwerstbehinderter Menschen. Foto: Landtag von Baden-Württemberg Aktive und kompetente Interessenvertretung: Der Vorstand der KZV BW ist im Kontakt mit der Enquetekommission „Krisenfeste Gesellschaft“ im Landtag, um die zahnärztliche Perspektive bei der Coronaaufarbeitung einzubringen. INFO Alle Beschlüsse der Vertreterversammlung am 24. und 25. Juni 2022 finden Sie auf der Webseite der KZV BW unter https://bit.ly/3RJ1TQI.

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