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Zahnärztliche Versorgung

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8-9/2022

20_TITELTHEMA

20_TITELTHEMA ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de Praxisübernahme aus der Sicht eines Zahnarztes FACHMÄNNISCHER RAT HILFT Im Jahr 2016 hat Dr. Andreas Geist aus Tübingen die Praxis eines schwer erkrankten Kollegen übernommen. Zuvor war er in einer Praxis angestellt, wollte sich aber mit seiner Frau selbstständig machen. Auf die Praxis aufmerksam geworden ist er durch die Praxisbörse und durch einen Anruf der KZV BW. Obwohl die Räumlichkeiten für seine Planungen viel zu klein waren, entschied sich Dr. Geist dennoch für die Übernahme. Wie er dieses Problem gelöst hat, welche Erfahrungen er bei der Praxisübernahme gemacht hat und weitere Fragen beantwortet er in diesem Interview. Wagner von der Abteilung Praxisführung gesprochen. Wie lief die Praxisübernahme im Bereich der Praxisteams? Geglückte Übernahme. Dr. Andreas Geist und seine Frau Dr. Andrea Geist-Feiler freuen sich, dass sie sich aufgrund der Praxisübernahme beruflich selbst verwirklichen können. Foto: Praxis Dr. Geist Dadurch, dass die Praxis bereits durch einen Vertreter besetzt war, wusste das Team natürlich Bescheid, dass es entweder eine Übergabe geben musste oder eine Praxisaufgabe. Alle waren noch im Einsatz und ich selbst habe ein paar Tage hospitiert, um mir die Praxis bei Betrieb anzusehen sowie das Team kennenzulernen. Was würden Sie anderen jungen Kolleginnen und Kollegen raten: Praxisübernahme oder Praxisneugründung? Warum haben Sie die Praxis übernommen und keine eigene gegründet? Beides kam für meine Frau und mich infrage. Jedoch war uns klar, dass eine Neugründung im Raum Tübingen durch die Überversorgung durch Zahnärzte schwer zu stemmen sein würde. Eher zufällig haben wir von der dringenden Praxisnachfolgersuche unseres Vorgängers erfahren und auch eher zufällig waren genau zu diesem Zeitpunkt benachbarte Räumlichkeiten frei geworden. Es hat irgendwie alles gepasst. Wie lange dauerten Ihre vorbereitenden Maßnahmen zur Praxisübernahme? Die Angelegenheiten zur Übernahme haben den Zeitraum von drei Monaten eingenommen, hier haben wir aber bereits geprüft, ob die benachbarten Räumlichkeiten für unsere Planung infrage kommen und ein Umbau möglich ist. Nach Übernahme liefen die Planungen des Umbaus und Umzugs auf Hochtouren. Wir haben innerhalb eines Jahres eine Übernahme sowie einen Umzug und eine Erweiterung durchgemacht. Eine Übernahme ohne Umzug wäre für mich nicht infrage gekommen, da immer klar war, dass ich mit meiner Frau zusammenarbeiten würde und die bestehenden Räumlichkeiten zu klein waren. Wie lief die Praxisübernahme im Detail? Haben Sie professionelle Hilfe in Anspruch genommen? Ja, sicher, ohne fachmännischen Rat, insbesondere den dentalspezifischen Umbau betreffend, wäre das alles nicht möglich gewesen. Unser Dentaldepot stand uns vom ersten Moment an zur Seite, die Planungen wurden hier durch die Architektin durchgeführt. Unser Steuerberater ist spezialisiert auf die Betreuung von Ärzten und Zahnärzten und auch Rechtsanwälte sind in seinem Team. Ich habe aber auch viel mit Kollegen Rücksprache gehalten. Natürlich habe ich mich vorab auch bei der Kammer informiert und mit Marco Es ist eine große Hilfe, fachmännisches Personal zur Seite zu haben. Wir erlernen in unserem Studium weder Betriebswirtschaft noch Personalführung, geschweige denn den Aufbau einer Praxisinfrastruktur. Eine Übernahme kann viele Vorteile haben, sofern man sich mit dem Vorgänger einig ist. Man übernimmt eine laufende Praxis, die sich mit ihrer Infrastruktur bewährt hat. Natürlich schaut man sich erst alles auf seine Tauglichkeit und Optimierungsmöglichkeit hin an und führt dann Neuerungen Schritt für Schritt normalerweise über einen längeren Zeitraum ein. Eine Neugründung verspricht mehr Selbstverwirklichung von Anfang an. Aber natürlich auch viel Arbeit und Durchhaltevermögen. Es ist in beiden Fällen viel zu tun – man muss sich selbst im Klaren darüber sein, dass man immer der „Nachfolger von XY“ sein wird oder der „Neue“. Es gibt hier kein Besser oder Schlechter, Falsch oder Richtig! Die Fragen stellte Claudia Richter

ZBW_8-9/2022 www.zahnaerzteblatt.de 21_TITELTHEMA Stimmen aus der Praxis AUF DEM NEUESTEN STAND Warum haben Sie Ihre Praxis abgegeben? Wie sind Sie vorgegangen und welche Tipps können Sie Kolleginnen und Kollegen geben? Diese Fragen haben wir Zahnärztinnen und Zahnärzten gestellt, die vor kurzem ihre Praxen abgeben haben. Lesen Sie, was sie uns geantwortet haben .... Ich habe die Praxis zum 1. April 2022 abgegeben. Eigentlich hätte ich sehr gerne noch weitergearbeitet, aber gesundheitliche Probleme und auch der Mangel und fehlende Nachwuchs an qualifizierten Mitarbeitern sowie die überbordende Bürokratie und der damit verbundene Aufwand haben mich zur Praxisabgabe bewogen. Ich habe mich bei Studienkollegen, die bereits ihre Praxen verkauft haben, nach Möglichkeiten erkundigt. Ein ehemaliger Kollege aus meiner Examensgruppe hat mir einen bekannten Praxisvermittler empfohlen. Über Dentaldepots oder Dentallabore sowie meine Hausbank hatte ich leider keinen Erfolg und auch kaum Rückmeldung oder Unterstützung. Der besagte Praxisvermittler hat eine sehr kompetente und nachvollziehbare Bewertung der Praxis durchgeführt und gleich mehrere Interessenten vermittelt. Glücklicherweise war auch bald die passende Nachfolgerin gefunden. Die Praxis sollte, vor allem was die Hygiene und das QM anbelangt, auf dem neuesten Stand sein. Ständige Überarbeitungen und Investitionen sind von Vorteil. Schlecht gepflegtes QM und vernachlässigtes Praxisinventar sind sehr von Nachteil. Zu meiner Nachfolgerin habe ich noch einen sehr guten Kontakt, da ich auch meine Räumlichkeiten an sie vermietet habe. Die Kammer hat mich im Rahmen der Aufrüstung der Praxis bei der Hygiene und im QM-Bereich hervorragend unterstützt, was letztendlich auch zu einer guten Bewertung der Praxis geführt hat. Das war sehr wertvoll und unerlässlich und ist absolut empfehlenswert! Außerdem wurde ich auch hervorragend juristisch beraten. Ich habe mich ausreichend unterstützt gefühlt. Foto: privat Foto: privat Dr. Karin Foitzik Mannheim-Neckarstadt Dr. Inge Weisbarth Waiblingen Meine Praxisabgabe erfolgte zum 1. Juli 2020 an Christina Vollmar, die an meiner Stelle in die Gemeinschaftspraxis mit Dr. Markus Scheerer, nach einer kurzen Phase als angestellte Zahnärztin bei uns, eintrat. Mit 67 Jahren wollte ich in den Ruhestand treten. Nachdem ich mir ca. vier bis fünf Jahre zuvor Gedanken zur Praxisabgabe gemacht hatte, wurde die Gemeinschaftspraxis technisch und optisch aufgebessert, um die Attraktivität zu erhöhen. Außerdem kehrte ich in den letzten Jahren von Foto: privat meiner reduzierten Arbeitszeit wieder zur Vollzeitarbeit zurück und habe auf die wirtschaftlichen Daten geachtet. Ich besuchte verschiedene Fortbildungen zur Praxisabgabe, studierte Fachzeitungen zu diesem Thema und besprach mich mit meiner Steuerberaterin. Einen Gutachter zur Wertermittlung habe ich nicht beauftragt. Mittels modifizierter Ertragswertmethode erhielt ich einen Anhaltspunkt für den Praxiswert – doch letztendlich bestimmen Angebot und Nachfrage den Preis. Meine Suche nach einem Nachfolger bzw. einer Nachfolgerin erfolgte auf verschiedenen Wegen: Über den persönlichen Bekanntenkreis, die Nachfrage bei Kolleginnen und Kollegen hinsichtlich Assistentinnen bzw. Assistenten, einer Anzeigenschaltung in den Zahnärztlichen Mitteilungen, diverse Praxisbörsen im Internet, das Dentaldepot von Henry Schein und Praxismakler. Die erfolgreiche Vermittlung kam letztlich über einen Praxismakler zustande. Meiner Ansicht nach ist es wichtig, sehr frühzeitig (ca. fünf Jahre zuvor) mit der Planung zu beginnen. Außerdem ist eine gemeinsame Zeit mit dem Nachfolger bzw. der Nachfolgerin empfehlenswert. So kann er bzw. sie gut bei dem gesamten Praxisteam und den Patientinnen und Patienten eingeführt werden. Ich kann mich glücklich schätzen, eine so sympathische, engagierte und kompetente Nachfolgerin gefunden zu haben. Auch heute noch habe ich zur ihr, wie auch zum gesamten Praxisteam, einen sehr herzlichen Kontakt. Die Körperschaften bieten durch Fortbildungen, Abhandlungen, Checklisten, Formulare und die Praxisbörse eine gute Unterstützung bei der Praxisabgabe. Dr. Jörg Deuscher Walzbachtal Meine Praxisabgabe zum 2. Januar 2022 war total untypisch. Eine Kollegin eines MVZ in der Nähe hat sich vorgestellt (früher war das normal, sich bei alteingesessenen Kollegen vorzustellen ...). Nachdem sie einiges erzählt hatte, habe ich sie direkt gefragt, ob sie Interesse an meiner Praxis hat. Kurze Zeit später hat sie „Ja“ gesagt. Meine Tipps zur Vorgehensweise bei der Praxisabgabe lauten: Drei bis fünf Jahre vor einem möglichen Abgabetermin mental und technisch darauf vorbereiten. Die Praxis nicht runterfahren. Alles vorher verschönern, z. B. Malerarbeiten. Dinge wie ein Inventarverzeichnis, Versicherungen, Verträge etc. schon vorab bereithalten, da dies viel Zeit in Anspruch nimmt. Ansonsten habe ich mich an das gehalten, was die LZK zu diesem Thema empfiehlt.

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