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Wählen – Verantwortung wahrnehmen

Ausgabe 2/2016

18 Berufspolitik CDU

18 Berufspolitik CDU für GOÄ-Reform SPD will Bürgerversicherung reanimieren Die geplante Novellierung der veralteten Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) sorgt nicht nur in den Reihen der Ärzteschaft für Zündstoff. Auch die Regierungsparteien sind auf Konfrontationskurs, nachdem die SPD- Bundestagsfraktion dazu aufgerufen hat, die GOÄ-Reform zu blockieren, und stattdessen wieder die Bürgerversicherung propagiert. Für die CDU-Fraktion ist die GOÄ-Reform dagegen längst überfällig. Zitterpartie im Bundesrat? CDU-Gesundheitsminister Hermann Gröhe kann die neue GOÄ zwar nach Einigung der Beteiligten per Rechtsverordnung auf den Weg bringen. Der Bundesrat muss allerdings zustimmen. Obwohl die nächste Bundestagswahl erst in eineinhalb Jahren ansteht, werden in der Gesundheitspolitik offenbar schon die Fronten für den Wahlkampf abgesteckt. Die Sozialdemokraten nutzen die derzeitige Diskussion über die GOÄ-Novellierung als Steilvorlage, um sich als Verfechter sozialer Gerechtigkeit zu profilieren: „Wir wollen, dass Gesundheit nicht vom Geldbeutel abhängt! Alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland sollen den gleichen Zugang zur medizinisch notwendigen Gesundheitsversorgung haben“, heißt es in einem Fraktionsbeschluss vom 8. Januar. Gleichschaltung. Dabei geht es der SPD ums Ganze: die grundsätzliche Ausrichtung des Gesundheitssystems. „Die Besserstellung privat versicherter Patientinnen und Patienten ist für uns nicht akzeptabel“, konstatieren die Autoren. „Deswegen setzen wir uns weiterhin für die Einführung der solidarisch finanzierten Bürgerversicherung ein und fordern den Bundesgesundheitsminister und die Bundesländer auf, die GOÄ-Novelle zu verhindern!“ Die Novellierung der GOÄ würde das System der Zwei-Klassen-Medizin zementieren, erläuterte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Prof. Dr. Karl Lauterbach laut Medienberichten. Ziel der SPD sei aber die Etablierung eines einheitlichen Vergütungssystems unabhängig vom Versichertenstatus der Patientinnen und Patienten. Bei dieser Gelegenheit nimmt sich die SPD auch gleich eines anderen Ungleichgewichts an: Es sei inakzeptabel, dass künftige Ausgabensteigerungen von den Versicherten alleine getragen werden müssten. „Wir fordern die Rückkehr Foto: Bundesrat/Frank Bräuer zur paritätischen und solidarischen Finanzierung in der GKV für eine gleiche und gerechte Beitragsbelastung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern!“ Auch die Einkommenssituation der Ärztinnen und Ärzte betrachtet die SPD kritisch. Bereits im ersten Absatz des Fraktionsbeschlusses merken die Autoren an: „Derzeit versucht die Ärzteschaft, eine Novellierung der GOÄ mit deutlich höheren Honoraren durchzusetzen“. Eine GOÄ-Novelle, die eine Steigerung des privatärztlichen Honorars zur Folge habe, belaste aber nicht nur die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen durch erhöhte Beihilfeansprüche ihrer Beamtinnen und Beamten, sondern letztlich alle Steuerzahler, heißt es im SPD-Papier weiter. „Daher lehnen wir einen Anstieg der ärztlichen Privathonorare strikt ab!“ Überfällige Reform. Die CDU interpretiert die Sachlage deutlich anders: „Ziel der GOÄ-Novelle ist die Schaffung einer zeitgemäßen Gebührenordnung, die der medizinischen Entwicklung Rechnung trägt und nicht wie von der SPD behauptet eine bloße Erhöhung der Arzthonorare“, kontert Maria Michalk, die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die GOÄ sei seit über 30 Jahren immer nur partiell angepasst worden. „Wenn ich mir vor Augen führe, was sich in der Medizin in dieser Zeit verändert hat, ist eine umfassende Reform mehr als überfällig.“ Wenn die SPD nun versuche, mit Verweis auf angebliche Kostensteigerungen „Stimmung gegen die Reform zu machen, ist das nur ein weiterer Versuch, über diesen Umweg die Diskussion über die Bürgerversicherung wiederzubeleben“, sagte Michalk laut einem Bericht des Ärztenachrichtendienstes. Dadurch werde kein einziges Problem bei der Vergütung von Privatpatienten gelöst. » schildhauer@meduco.de ZBW 2/2016 www.zahnaerzteblatt.de

Berufspolitik 19 Novellierung der GOÄ Ist der Zahnarzt betroffen? Plötzlich reden alle von der neuen GOÄ. Ich bin Zahnarzt betrifft mich das überhaupt? Um die Antwort gleich vorweg zu nehmen: Ja, und wie! Der Zahnarzt darf, ja er muss sogar, nach § 6 Abs. 2 GOZ auf bestimmte Kapitel der derzeit für die Privatabrechnung gültigen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) 1996 zurückgreifen. Dies betrifft in erster Linie die Berechnung von Untersuchungs-, Beratungs-, Besuchsund vor allem auch zahnärztlichen Röntgenleistungen. Daneben greift der Zahnarzt selbstverständlich auch bei der Abrechnung bestimmter chirurgischer Maßnahmen, Berichte, Konsile, Abstriche und vielem mehr auf die GOÄ zu. Betroffen. Vor allem für die Berechnung von zahnärztlichen Röntgenleistungen müssen Zahnärzte auf die GOÄ zurückgreifen. Eine Novellierung der GOÄ wurde von Bundesgesundheitsminister Gröhe als politisches Versprechen für die Ärzte beim Deutschen Ärztetag am 12. Mai 2015 in Frankfurt auf den Weg gebracht. Als zwingende Voraussetzung für eine Neugestaltung der GOÄ hat man seitens des Bundesgesundheitsministeriums als Versordnungsgeber den Betroffenen allerdings die Erarbeitung eines untereinander konsentierten Entwurfes aufgegeben. Vermutlich sah man in dieser für uns Zahnärzte befremdlichen Konstellation eines kostenträgerdominierten Gremiums eine Möglichkeit, dem von Teilen der Ärzteschaft angemahnten Honorarzuwachs zum Inflationsausgleich seit 1996 in Höhe von 32 Prozent entgegentreten zu können und bestimmte Regulierungsmerkmale in eine neue GOÄ implementieren zu können. Schon am 7. März 2015 hatte das BMG eine Arbeitsgruppe gegründet, die sich seitdem unter Beteiligung der Bundesärztekammer (BÄK) mit der GOÄ-Novellierung befasst und wesentliche Teile des zwischen der BÄK und dem PKV-Verband abgestimmten Entwurfstandes berät. Die Verhandlungsführer für die BÄK sind Dr. Theodor Windhorst (Chefarzt in der Chirurgie, Ärztekammerpräsident von Westfalen-Lippe, seit 2009 Vorsitzender des Ausschusses Gebührenordnung der BÄK) und Dr. Bernhard Rochell (Arzt, seit 2012 Geschäftsführer der BÄK). In der Verhandlungsgruppe sind weiterhin der PKV-Verband, die Beihilfe, die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und soweit betroffen, aber nicht stimmberechtigt die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) sowie die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) vertreten. Foto: Fotolia Erschütterung. Mit der Beratung des zukünftigen sogenannten „Paragrafenteils“ der GOÄ wurde die Arbeit der Arbeitsgruppe beim BMG zur Novellierung der GOÄ im September 2015 zunächst abgeschlossen. In den vorangegangenen Sitzungen wurden darüber hinaus von BÄK und PKV-Verband die 400 sogenannten Pareto-Leistungen (das sind die 400 umsatzstärksten Leistungen der GOÄ) vorgestellt sowie 50 Leistungen, die aus Sicht des BMG von besonderer Bedeutung für andere, von der GOÄ betroffene Berufsgruppen sind. Die Leistungsbeschreibungen von 3.000 der ca. 4.300 Leistungen der GOÄ seien auch bereits vorbereitet, ließ Dr. Windhorst in der Ärztezeitung vom 8.9.2015 verlauten. Ferner stellten die Vertreter von PKV und Beihilfe die beidseits abgestimmten Überlegungen und Vorschläge von BÄK und PKV für den zukünftigen „Paragrafenteil“ der GOÄ sowie flankierend „erforderliche“ Änderungen der Bundesärzteordnung vor. Dieser Entwurf wurde von der BZÄK mit Erschütterung zu Kenntnis genommen, ließ er doch alle Merkmale einer liberalen Gebührenordnung mit individueller Gebührenbemessung unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts ohne schikanöse Reglementierungen vermissen. Der Betroffenheit der Zahnärzteschaft ist es zu verdanken, dass ein bis dahin merkwürdigerweise vereinbartes Stillschweigen über den Fortgang des Novellierungsprozesses gebrochen wurde, was eine Diskussion der GOÄ-Novelle in der Ärzteund Zahnärzteschaft, aber auch in Gesellschaftsmedien wie z. B. der FAZ möglich machte. Dieser GOÄ- Entwurf weckt bei uns Zahnärzten größte Befürchtungen, ist er doch als „Blaupause“ für eine zukünftige GOZ zu betrachten. Die in der Änderung der Bundesärzteordnung vorgesehene Abkehr vom Gebührenrahmen und Einführung eines „nicht unterschreitbaren www.zahnaerzteblatt.de ZBW 2/2016

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