38_FORTBILDUNG ZBW_8-9/2023 www.zahnaerzteblatt.de Materialien für metallfreien abnehmbaren Zahnersatz NEUE MATERIALIEN IN DER ZAHNMEDIZIN Das steigende ästhetische und allgemeingesundheitliche Bewusstsein in der Bevölkerung stellt Zahnärzt*innen im Umgang mit dentalen Materialien vor neue He rausforderungen. Immer mehr Patient*innen wünschen sich metallfreie und zahnfarbene Alternativen zum konventionellen metallbasierten abnehmbaren Zahnersatz. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über metallfreie und zahnfarbene Alternativen. Foto: AdobeStock/Sulyok Es gibt verschiedenen Gründe, warum immer mehr Patient*innen nach Alternativen zum konventionellen metallbasierten abnehmbaren Zahnersatz suchen. Während bei einigen der ästhetische Anspruch im Vordergrund steht, spielt für andere auch die Angst vor elektrischen Strömen, gesundheitlicher Schädigung, Unverträglichkeitsreaktionen und Allergien durch Metalle eine Rolle. Auch wenn Allergien auf dentale Materialien mit einer Häufigkeit von 0,003 Prozent selten vorkommen, sind sie insbesondere in Bezug auf die Versorgung mit Zahnersatz, der permanent direkten Kontakt zur Schleimhaut hat, nicht zu unterschätzen 1-3 . Man unterscheidet mehrere Typen allergischer Reaktion, diese sind dabei nach Symptommechanismus und Symptomeintritt unterteilt (Typ I-IV). Typ-IV Allergien, die der dominierende Allergietyp im Bereich der Zahnersatzmaterialien sind, zeigen im Gegensatz zu Typ-I Allergien, die vor allem bei Verwendung von Medikamenten (Anästhetika, Analgetika, Antibiotika) und Schutzausrüstung dominieren (Handschuhe, Kofferdam) einen verzögerten Symptomeintritt. Erst nach mehreren Stunden oder Tagen können sich diffuse, sehr heterogene Beschwerdemuster bemerkbar machen 3-5 . Symptome, die Patient*innen am häufigsten beschreiben, sind Mundbrennen, Zahn- und Kieferschmerzen, Mundtrockenheit sowie Geschmacksphänomene und Missempfindungen. Betroffene haben einen hohen Leidensdruck und stellen Behandler*innen häufig vor Herausforderungen, da sich bei über der Hälfte der untersuchten Patient*innen mit Verdacht auf Materialunverträglichkeiten keine korrelierenden intraoralen Befunde feststellen lassen 2 . Durch die Erschließung neuer Materialgruppen in der Zahnmedizin durch Press- und insbesondere Frästechniken, haben sich in den letzten Jahren neue Möglichkeiten ergeben, diese Patient*innen umfassend mit metallfreiem Zahnersatz zu versorgen. Auch mit der fortschreitenden Digitalisierung und der zunehmend schnelllebigen Gesellschaft steigt unter den Zahnärzt*innen zudem die Nachfrage an CAD/ CAM-fähigen Materialien. Die Vielzahl neuer marktverfügbarer Materialien erschwert es Behandler*innen im Praxisalltag jedoch auch, den Überblick über die korrekten Indikationen zu behalten. Dies führt oft zu Skepsis und Ungewissheit. Da die metallfreien Materialien nicht so universell anwendbar sind wie konventionelle Metalllegierungen, kann es schnell zur Nutzung in ungeeigneten Indikationsbereichen kommen, was oftmals zu Misserfolgen oder Nichterfüllung von Erwartungen sowohl auf Patient*innenseite als auch auf Behandler*innenseite führt. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die etablierten Metallalternativen, die sich im klinischen Alltag bereits bewährt haben. GEEIGNETE KUNSTSTOFFE Abhängig von der Indikation können unterschiedliche Kunststoffe gewählt werden: Für kleine Interimsprothesen
ZBW_8-9/2023 www.zahnaerzteblatt.de 39_FORTBILDUNG 1 2 Hohe Bruchfestigkeit. Prothese mit Klammer im Sichtbereich aus Polyoxymethylen (POM). Interimsersatz. Monolithische Snap-On-Schiene im Oberkiefer aus Polyoxymethylen (POM) als Interimsersatz mit Ersatz der Seitenzähne und farblicher Individualisierung im Sattelbereich. eignen sich beispielsweise klammerfreie Prothesen aus klassischem Polymethylmethacrylat (PMMA), welche sich durch Einlagern in Zahnunterschnitte festhalten. Eine Alternative hierzu ist Nylon (Synonym: Polyamid). Durch seine Transluzenz und Flexibilität kann es auch für den Halt in ausgeprägten Unterschnitten von Ankerzähnen genutzt werden. Die Flexibilität ist in Situationen, in denen es auf Verwindungssteifigkeit ankommt, jedoch kontraproduktiv. Insbesondere bei längeren Freiendsituation kommt es hier schnell zu Druckstellen. Sowohl für PMMA als auch Nylon gilt, dass diese Teilprothesen parodontal abgestützt werden sollten, um ein sukzessives Einlagern und damit einen teilweise eklatanten Knochenverlust zu vermeiden. Neben diesen fast schon klassischen Materialoptionen haben sich Polymere etabliert, die als Metallgerüstersatz genutzt werden können. Hierzu gehören Polyoxymethylen (POM; Synonym: Polyacetal) und Kunststoffe aus der Gruppe der Polyaryletherketone (PAEK). Inwiefern sich diese als Modellgussgerüstalternative bzw. für Halteelemente wie Klammern und Außenteleskope eignen, soll im Folgenden näher betrachtet werden. POLYOXYMETHYLEN Es handelt sich um einen thermoplastischen Werkstoff mit einer hohen Bruch- und Biegefestigkeit (ca. 125 MPa). POM (Polyoxymethylen) ist in verschiedenen Zahnfarben Material Biegefestigkeit Füllstoffanteil Farbauswahl Indikation *Angaben können herstellerentsprechend abweichen. Hochleistungskunststoffe. Physikalische Eigenschaften und Indikationsbereich von POM und PAEK (Tabelle 1).
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