30_BERUFSPOLITIK ZBW_8-9/2023 www.zahnaerzteblatt.de Im Gespräch mit Dr. Ute Maier, stellvertretende Vorsitzende der KZBV „JUNGE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN DIREKT ANSPRECHEN“ Dr. Ute Maier hat lange die Interessen der baden-württembergischen Vertragszahnärztinnen und –Zahnärzte im Land vertreten. Im März wurde sie als erste Frau in den Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung gewählt. Über ihre neuen Aufgaben, Ziele und wie sie junge Zahnärztinnen und Zahnärzte für das standespolitische Ehrenamt gewinnen will, erzählt sie im ZBW-Interview. Neu im Amt. Dr. Ute Maier wurde auf der konstituierenden Vertreterversammlung der KZBV im März 2023 zur stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden gewählt. Ihr neues Amt trat sie am 22. Juni 2023 an. ZBW: Frau Dr. Maier, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl als stellvertretende Vorstandsvorsitzende der KZBV. Sie waren viele Jahre lang als Vorsitzende des Vorstandes der KZV BW für die Zahnärzteschaft im Einsatz. Welche Ziele haben Sie sich mit dem Wechsel von der standespolitischen Landesauf die Bundesebene für die kommenden Jahre gesetzt? Dr. Ute Maier: Vielen Dank für die Glückwünsche. Ganz oben auf meiner Prioritätenliste stehen der Erhalt der Versorgungslandschaft auf hohem Niveau, Bürokratieabbau, zahnärztliche Honorare, die auch die Inflation und die Kostensteigerungen berücksichtigen, die Steigerung der Akzeptanz des Berufes sowie die standespolitische Nachwuchsförderung. Die Praxen müssen endlich wieder mehr Zeit für die Behandlung haben und wir müssen es deshalb schaffen, dass ein grundsätzliches Umdenken in der Politik erfolgt. Alle Gesetze der letzten Jahre waren eher mit noch mehr Bürokratie und steigenden Kosten verbunden und durch das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) wurden darüber hinaus – trotz einer extrem hohen Inflation und deutlich steigenden Personalund Materialkosten – die Honorare und die Ausgabenvolumina gedeckelt. Damit wird eine umfassende Versorgung der Bevölkerung und insbesondere die Versorgung auf dem Land gefährdet. Mit welchem Ressort sind Sie im Bundesvorstand betraut und wo sehen Sie in diesem Bereich Herausforderungen und auch Chancen? Ich bin unter anderem mit den Ressorts Qualitätsförderung, Vertragsinformatik, Leitlinien und standespolitische Nachwuchsförderung betraut. Die große Herausforderung wird in all diesen Foto: KZBV/Jan Knoff Bereichen sein, auf eine bürokratiearme Umsetzung in den Praxen hinzuwirken und insgesamt nicht eine überbordende Flut von Reglementierungen zu generieren. Das GKV-FinStG hat verdeutlicht, dass das große Ziel, den Patientinnen und Patienten den Zugang zu neue Leistungen zu eröffnen, ein gefährliches Spiel darstellt, wenn im Nachhinein die dafür eingeplanten Mittel durch ein Gesetz wieder kassiert werden. Wenn auf das Wort der Politik kein Verlass ist, ist das ein fatales Signal für die Versorgung der Versicherten. Die Nachwirkungen der Coronapandemie, die aktuellen Gesetzesvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums, das GKV-FinStG, der Personalmangel und die Bürokratie – die Liste der Probleme für die Praxen ist lang. Wie schaffen wir es trotzdem, eine patientenorientierte und flächendeckende Versorgung überall in Deutschland aufrechtzuerhalten? Bisher funktioniert vieles aufgrund des großen Engagements der Praxisteams. Ich merke jedoch, dass die Stimmung wegen der unzähligen Restriktionen und dem steigenden Personalmangel bei vielen kippt. Wenn sich hier nichts ändert und insbesondere Herr Minister Lauterbach weiter auf seinem geringschätzenden und demotivierenden Kurs bleibt, wird die flächendeckende patientenorientierte Versorgung drastischen Veränderungen unterliegen. Wer behauptet, dass Kostendämpfung insbesondere auch bei präventiven Leistungen – wie gerade im Bereich PAR – nicht zu Einschränkungen führt, weiß nicht, wie Versorgung funktioniert. Gerade die Zahnärzteschaft hat deutlich gezeigt, dass durch Prävention die Ausgaben insgesamt sinken und auch allgemeinmedizinische Risiken minimiert werden.
ZBW_8-9/2023 www.zahnaerzteblatt.de BERUFSPOLITIK 31_BUCHTIPP » Wir müssen die jungen Kolleginnen und Kollegen direkt ansprechen, sie auch in unsere Gremien einladen, damit sie einmal sehen, wie es hinter den Kulissen aussieht und wie wichtig Selbstverwaltung ist, und sie dann auch frühzeitig aktiv in die Gremienarbeit einbinden.« Dr. Ute Maier, stv. Vorsitzende der KZBV Sie sind die erste Frau im Vorstand der KZBV. Was bedeutet Ihre Wahl für den Berufsstand der Zahnärztinnen und Zahnärzte? Ich fände es klasse, wenn dies einen Schub gäbe in Bezug auf die stärkere Beteiligung von Frauen in der Standespolitik. Denn es ist wie so oft: Nur eine gute Mischung sorgt für eine breite Vertretung der Interessen und so manchem Gremium würde eine stärkere Beteiligung von Frauen mit deren Sichtweisen und Erfahrungen einfach guttun. In Ihren Zielsetzungen erklären Sie unter anderem, dass Ihnen die Gewinnung von ehrenamtlichen Zahnärztinnen und Zahnärzten für die Standespolitik am Herzen liegt. Mit welchen Ideen wollen Sie die Sache angehen? Wir müssen die jungen Kolleginnen und Kollegen direkt ansprechen, sie auch in unsere Gremien einladen, damit sie einmal sehen, wie es hinter den Kulissen aussieht und wie wichtig Selbstverwaltung ist, und sie dann auch frühzeitig aktiv in die Gremienarbeit einbinden. Denn wir „Alten“ haben ja alle auch einmal klein angefangen. Für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielt sicherlich die Frage eine große Rolle, wie man Aufgaben auf verschiedene Personen übertragen kann. Sitzungen müssen nicht immer in Präsenz stattfinden, lange und zeitaufwändige sowie kostenintensive Anreisewege könnten somit oft wegfallen. Kürzere Sitzungen oder auch Sitzungen außerhalb der klassischen Arbeitszeiten sowie Angebote einer Kinderbetreuung bei Veranstaltungen sind meines Erachtens ebenfalls ein möglicher Lösungsansatz. Sie sind nun seit vielen Jahren in der Standespolitik aktiv: Wie bewerten Sie aktuell die Situation der Selbstverwaltung und der Freiberuflichkeit und welche Schlüsse ziehen Sie daraus? In den letzten Jahren wurde die Selbstverwaltung einerseits und die Freiberuflichkeit andererseits durch gesetzgeberische Maßnahmen immer mehr beschnitten. Mir fehlen an vielen Stellen von Seiten der Politik das gewisse Augenmaß und langfristiges Denken. Hier muss wieder weniger Staat und mehr Eigenverantwortung Priorität haben. Eine immer stärkere Verstaatlichung wird unweigerlich zu einer Einschränkung der Versorgung führen. Wie geht es Ihnen persönlich mit Ihren neuen Aufgaben, ein halbes nach Jahr der Wahl? Wie managen Sie die regelmäßige Pendelei zwischen dem Vorland der Schwäbischen Alb nach Berlin und Köln? Ich wurde zwar Ende März gewählt, aber letztendlich bin ich ja erst seit 22. Juni im Amt (Nach üblicher Prüfung der Verträge durch das BMG; Anm. d. Red.). Selbstverständlich habe ich mich in den vergangenen Monaten trotzdem schon in bestimmte Prozesse eingearbeitet und auch an Sitzungen teilgenommen. Vieles ist mir auch nicht neu, da ich bestimmte Themenfelder ja auch schon in meiner Zeit als Vorsitzende der KZV BW bearbeitet habe. Insofern geht es mir sehr gut. Die Pendelei ist natürlich mit einem erhöhten Zeitaufwand verbunden. Aber wir leben ja glücklicherweise in einem modernen Zeitalter mit modernen Medien. Das trägt dazu bei, dass sowohl Job als auch Familie nicht zu kurz kommen. Das Gespräch führte Alexander Messmer HANDBUCH Individualprophylaxe Das beliebte Individualprophylaxe- Handbuch der KZV Hessen wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger von der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie am Universitätsklinikum Freiburg und mit Unterstützung von Dr. Andrea Thumeyer im Jahr 2022 in fünfter, völlig neu bearbeiteter Auflage herausgegeben. Das Handbuch lässt sich sowohl als Schulungsmaterial in der Praxis nutzen, als auch zur Erläuterung der IP-Leistungen für Patient*innen bzw. deren Eltern. In dem aktuell vorliegenden Handbuch werden die seit 1. Juli 2019 zusätzlichen zahnärztlichen Früherkennungsuntersuchungen für Kleinkinder bis zum vollendeten 33. Lebensmonat ausführlich beschrieben (FU 1a-c). Diese Früherkennungsuntersuchungen beinhalten u. a. die eingehende Untersuchung des Kindes, die Beratung der Eltern und eine Anleitung zum täglichen Zähneputzen beim Kleinkind. Vom 34. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat können ebenfalls zahnärztliche Früherkennungsuntersuchungen (FU 2) durchgeführt werden. DHZ Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (Hrsg.) Individualprophylaxe Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger 5. vollständig überarbeitete Auflage Frankfurt 2022 Das Buch ist erhältlich über die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen
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