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Umfangreichster Koalitionsvertrag aller Zeiten

Ausgabe 4/2018

28 Einer von uns Prof.

28 Einer von uns Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen: Lichtkunst rund um die Welt Künstler mit vielen Facetten Der Ärztliche Direktor der Freiburger Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen, hat neben dem Beruf ein leuchtendes Hobby. Er schafft Lichtkunst, in der er seine Fotografien von Orten auf der ganzen Welt in Kunstwerke für die Sinne verwandelt und eine Brücke zu seinem Beruf baut. Facettenreich. Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen zeigt einen Ausstellungskatalog mit seinen Werken. Seine Kunst hat schon vielerorts Anklang gefunden. ten Prof. Schmelzeisen in seinem Schaffen. „Allerdings haben die bisherigen Künstler meist nicht das dargestellt, was ich mir vorgestellt habe“, sagt er. „Ich habe mir gesagt: Mit dem, was heute möglich ist, mit den Fähigkeiten, die wir haben, muss man eigentlich andere Aussagen treffen.“ Tiefgründiger müsse Kunst sein, war sich Prof. Schmelzeisen sicher. Man müsse Aussagen über das Leben, über die Kunst, über Medizin und Vergänglichkeit in Kunst packen können. Von der Malerei zur Lichtkunst. Vor etwa 15 Jahren begann er damit, selbst Lichtkunst-Installationen herzustellen. „Ich male schon seit frühester Jugend und ich finde es auch schön“, sagt er, „aber ich Foto: Clausen Eine junge Frau, wahrscheinlich Anfang 30. Sie blickt verträumt an der Kamera vorbei, die Mundwinkel zu einem schüchternen Lächeln nach oben gezogen. Noch blickt man gern in die grünbraunen Augen, doch einen Bruchteil einer Sekunde später verändert sich das Bild. Plötzlich erscheint ein blanker Schädel auf der rechten Gesichtshälfte der Frau. Was den Betrachter im ersten Moment überrascht, sorgt bei Prof. Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen für Entzückung. „Ich habe immer große Freude an Leuchtkunst und Videokunst gehabt“, erklärt er den Ursprung seiner Leidenschaft. Künstler wie Julian Opie, der mit seinen Videoinstallationen Innenstädte rund um den Globus schmückt, inspirierwollte noch mehr darstellen, deshalb habe ich mich dazu entschieden, meine Objekte zu beleuchten.“ Mit ausgedienten Röntgenkästen fing es an. Inzwischen hüllt Prof. Schmelzeisen seine Werke – meist Fotografien, die er auf zahlreichen Reisen mit geschultem Auge selbst macht – in ausgeklügelte Lichtinstallationen. Prof. Schmelzeisens Ziel war von vornherein, Tiefe zu erreichen, indem er seine eigenen Motive mit Texten vorwiegend aus der Popkultur überlagert. Die Technik, die er verwendet, nennt sich „Lentikulareffekt“. Dabei liegen wie bei einem Wackelbild mehrere Bilder in Schichten übereinander. Je nach Blickwinkel ist ein anderes Bild zu sehen. Etwa sein Großvater in einem Flugzeug. Der Mann war Aufklärer im ersten Weltkrieg. Verwinkelt mit diesem Bild ist eine Fotografie des Friedhofs Père Lachaise in Paris. Als drittes Bild mit dem Titel „Magic and loss“ ist ein Zitat des Musikers Lou Reed integriert. „Das ist profund und passt zu meinem Großvater wie zum Krieg“, sagt Prof. Schmelzeisen. Optische Täuschung. Ein anderes Bild zeigt eine Schneelandschaft, über der wie von Zauberhand der Schriftzug „Fürchte dich nicht“ erscheint. „Dieses Bild ist im Besitz einer Ärztin, die in der Angsttherapie arbeitet“, sagt Prof. Schmelzeisen, der einige Zeit brauchte, bis er seine Arbeiten technisch so hinbekam, wie er es wollte. Mit Hilfe eines Ingenieurs, der ihm bei der handwerklichen Fertigstellung hilft, kann er nun Konstruktionen mit Kippschalter herstellen, die teils zwei Meter hoch seine Garage zieren. Beleuchtet sind solche Kunstwerke von LEDs oder Neonröhren. Besonders stolz ist Prof. Schmelzeisen auf ein Bild in seinem Wohnzimmer. Eine Statue, die ein Marmorherz in der Hand hält – fotografiert in Venedig. Die Figur wirft einen ZBW 4/2018 www.zahnaerzteblatt.de

Einer von uns 29 Schatten, der aussieht wie ein Flügel. Die Aufnahme ist bewusst unscharf. Das Besondere daran: Das Herz beginnt dank eines Bewegungsmelders zu pulsieren, wenn sich jemand nähert. Hierbei hilft eine Cardio-MR-Aufnahme von Prof. Schmelzeisens eigenen Herz. Der Künstler, so scheint es, hat hier nicht nur exemplarisch sein ganzes Herz in seine Kunst gelegt, sondern gar bildlich. „Show me your heart“ heißt das Bild – erneut ein Motiv aus der für den Künstler so inspirierenden Popkultur. Bei der Umsetzung half ein weiterer Ingenieur, „der das MRT als Dauer-Loop eingefügt hat“, erklärt Prof. Schmelzeisen. Aufwändig sei das gewesen, denn der Entwickler habe die Finger ausschneiden müssen, damit die Hand, die das Herz hält, nicht mitleuchtet. Die Idee hinter dem Bild ist so simpel wie einleuchtend: „So einen Herzschlag lösen Sie nur aus, wenn jemand da ist.“ Gefragte Kunstwerke. Es sind solch raffinierte Techniken, die Prof. Schmelzeisens Arbeiten ausmachen. Entdeckt hat das auch schon die Kunstwelt. Ausstellungen hatte Prof. Schmelzeisen etwa bei Kunstvereinen in Kirchzarten, Freiburg und Schweinfurt. Beim Durchblättern des Ausstellungskatalogs fällt auf: Eines seiner wichtigsten Leitmotive ist Japan. Immer wieder tauchen japanische Schriftzeichen und Fotografien auf. Oft gibt er seinen Bildern japanische Namen. „Schon als Junge habe ich mich für die japanische Kultur interessiert“, sagt Prof. Schmelzeisen, der zu Hause einen japanischen Garten pflegt. Ein Hort der Ruhe als Ausgleich zum stressigen OP-Alltag in der Klinik. Die Kunst an sich unterscheidet sich aber nicht wesentlich von der Kunst, Operationen am Kiefer durchzuführen, sagt Prof. Schmelzeisen, der seine Leidenschaften verknüpft. Ende November hält Prof. Schmelzeisen einen Vortrag beim 32. DGI-Kongress mit dem Thema „Krieg-Implantat-Kunst“, das exemplarisch die Verbindung von Beruf und Kunst versinnbildlicht. Apropos Beruf und Kunst: Prof. Lentikulareffekt. Das Gesicht der jungen Frau verschwimmt dank der Technik mit dem Gesicht einer Statue. Schmelzeisen sieht sich nicht ausschließlich als Künstler oder ausschließlich als Chirurg. Denn die Menge der Zeit, die man für etwas aufbringt, korreliert nicht mit der Bedeutung, ist er sicher: „Mich hat einmal ein Galerist gefragt, was ich denn nun sei. Chirurg, oder Künstler“, erzählt er. „Ich sage: Warum sollte ich das unterscheiden? Ich bin beides gern. Ich bin ja auch nicht erst Motorradfahrer, wenn ich pro Jahr zum Beispiel 10.000 Kilometer fahre.“ Das Problem vieler Menschen sei, dass sie etwas Greifbares brauchten, um eine Person zu definieren. Doch das wäre bei Prof. Schmelzeisen viel zu simpel gedacht. Er ist ein bisschen wie seine Werke. Eine vielschichtige Persönlichkeit mit vielen Facetten – je nachdem, von welchem Blickwinkel aus man ihn betrachtet. » christian.ignatzi@izz-online.de Kunst und Medizin. Was für den Betrachter nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, zeigt Prof. Schmelzeisens Sinn für das Tiefgründige: Der grünen Bereich des Lentikularbilds gibt eine Operationsplanung wider. Fotos: Rainer Schmelzeisen Foto: Clausen www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2018

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