8 Titelthema Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete e. V. (HDZ) Von dem guten Gefühl, etwas zum Besseren zu verändern Das HDZ ebnet armen und kranken Kindern und Jugendlichen Wege aus der Perspektivlosigkeit. Sie werden durch eine ganzheitliche Erziehung und Bildung gefördert, um sich eines Tages wieder selbst helfen zu können. Dr. Klaus Winter, Vorsteher der Stiftung HDZ, berichtet von der Arbeit der Hilfsorganisation. Nairobi. Hannah ist die „Mutter Teresa“ des Mogra-Zentrums in Nairobi/Kenia. Sie war einst von der Dominikanerin Sr. Luise aus diesem Zentrum gerettet worden und kümmert sich nun selbst um die Kinder in dem Slum. Es ist früh am Morgen im Hafengebiet von Tema bei Accra, der Hauptstadt von Ghana an der Westküste Afrikas. Hunderte von zerlumpten Kindern und Jugendlichen, die die Nacht im Freien verbracht haben, sind auf der Suche nach einer Waschgelegenheit oder nach einem heißen Getränk. Ein Salesianerpater taucht auf. Es dauert keine Minute und er ist umringt von einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die ihn fröhlich begrüßen, ihm die Hand drücken, aber auch ihre Nöte vorbringen. Der eine hat Zahnschmerzen, der andere braucht dringend eine neue Hose und fast alle fragen, ob er ihnen eine Arbeit beschaffen kann. Mittendrin. An einem dieser Tage bin ich, sonst ganztägig in Bad Lauterberg im Harz zusammen mit meiner Frau als Zahnarzt tätig, mittendrin in Schwarzafrika. Ich interessiere mich für die Situation vor Ort, denn ich bin zugleich Vorsitzender des Hilfswerks Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete. In diesem Moment trägt mir Pater Ivan, ein Salesianer, sein Anliegen vor. Hier in Tema leben 100.000 Menschen in unwürdigen Verhältnissen. Sie stammen meist aus dem Norden des Landes, wo die Trockenheit in den Savannen und in der Folge auch die Armut der von der Landwirtschaft lebenden Menschen zunimmt. Jugendzentren. Die Salesianer Don Boscos, bei denen ich zu Gast bin und denen Pater Ivan angehört, sind in der Nähe des Hafengebietes zu Hause. Sie nehmen sich besonders der Straßenkinder an. Aber sie spüren: Es reicht nicht, sie ab und zu karitativ zu betreuen oder mit ihnen zu spielen und Sport zu treiben. Es entstand der Plan, ein Jugendzentrum zu bauen, in dem täglich Kinder und Jugendliche zusammenkommen können, um Hausaufgaben zu machen und ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Auch berufliche Ausbildungskurse sollten dort angeboten werden, damit die Jugendlichen bessere Chancen bei der Arbeitssuche bekommen. Solche Einrichtungen der Salesianer Don Boscos haben sich in aller Welt bewährt. Deshalb stimme ich dem Plan zu, das Zentrum zu bauen, für das die Stadt Tema schon ein Grundstück angeboten hat. Dies alles geschah vor 20 Jahren, inzwischen steht das Jugendzentrum Ashaiman und wird von Hunderten Jugendlichen aus der Umgebung mit Erfolg genutzt. Die Kosten lagen bei insgesamt 500.000 Euro. Wie alles begann. Ende der 70er-Jahre habe ich den Gründer des Hilfswerkes, den Kollegen Carl Heinz Bartels aus Göttingen, kennengelernt. C. H. Bartels, der 2001 im Alter von 80 Jahren verstorben ist, war der damalige „berufspolitische Statthalter“ Göttingens. Ich war fasziniert von seinem berufspolitischen Selbstverständnis, aber vor allem von seinem karitativen Engagement. Ich suchte den Kontakt zu ihm und es dauerte nicht lange, da entwickelte sich ein herzliches Verhältnis. Als Mitglied des Lions Club Südharz hatte ich mich seit 1979 bereits an vielen humanitären und karitativen Aufgaben im In- und Ausland beteiligt, sodass ich mich von C. H. Bartels Idee, Leprakranken und in Not geratenen Menschen zu helfen, schnell anstecken ließ. Seitdem arbeiteten wir gemeinsam in freundschaftlicher Verbundenheit an diesem großen Ziel. Hilfe zur Selbsthilfe. Das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete (kurz HDZ genannt) ging 1987 aus der Initiative „Patenschaft niedersächsischer Zahnärzte für Lepragebiete“ (1981 gegründet) hervor und ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts. Während seines inzwischen fast 30-jährigen Bestehens förderte das Hilfswerk ZBW 12/2016 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 9 über die bisher bekannten Schwerpunkte der Stiftungsarbeit hinaus Maßnahmen der Ausbildung von Kindern und der medizinischen Versorgung der Bevölkerung überall in der Welt – besonders in Osteuropa, Südamerika, Indien, Pakistan, Südostasien und Afrika. Der Gesamtwert der Hilfen erreichte ein Volumen von über 33 Mio. Euro, inbegriffen sind die „von Hand“ verpackten 210 Zahnstationen mit allem Drum und Dran, die ihren Weg von Göttingen aus in die Entwicklungsländer machten. Dabei wurde stets darauf geachtet, dass diese Hilfe immer eine Hilfe zur Selbsthilfe sein sollte, für Menschen, die sich selbst (noch) nicht helfen können. Ghana. Das Jugendzentrum Ashaiman in Ghana wird von Hunderten Jugendlichen aus der Umgebung mit Erfolg genutzt. Fotos: HDZ Altgoldsammlung. Die Größenordnung weltweiter Hilfsmaßnahmen konnte jedoch erst durch die nun seit 27 Jahren durchgeführte Altgoldsammelaktion erreicht werden. Das praxisgerechte Sammeln von Zahnaltgold in verteilten, an das Hilfswerk adressierten Umschlägen (nicht anonym in Sammeldosen) wurde schnell bundesweit mit tatkräftiger Unterstützung durch die Bundeszahnärztekammer umgesetzt. Tausende mit ausgedientem Edelmetall (und manchem extrahierten Zahn daran) bestückter Tüten erreichten fortan jährlich das Hilfswerk. Diese Sendungen müssen nicht nur mit Handschuhen und Mundschutz ausgepackt, gewogen und auch mit Informationen und Spendenquittungen beantwortet, sondern auch unter möglichst hygienischen Kautelen bis zur Einschmelzung verwahrt werden. Mit sicherem, verständnisvollem Blick erkannte meine Frau meine Notlage, die durch diesen zusätzlichen Zeitaufwand auf mich zukam, und sorgte deshalb sofort für eine gute Lösung: Als Ehefrau und Kollegin stand sie seit 1989 zwanzig Jahre lang für diesen Aufgabenbereich als sogenannte „Sonderbeauftragte für Altgoldsendungen“ dem HDZ zur Seite und wurde danach – ebenfalls ehrenamtlich – von einem zahnärztlichen Ruheständler abgelöst. Schirmherrschaft. Heute können wir jährlich aus den Altgold- Erlösen (die uns ohne die üblichen Scheidekosten von der Firma Heraeus-Kulzer vergütet werden) ungefähr sechs bis acht Kindersiedlungen oder Waisenhäuser für je 100 Kinder in Lepragebieten oder am Rande der Slums – weg von den Müllbergen – vor den Großstädten der Entwicklungsländer bauen. Die Schirmherrschaft übernahm unsere ehemalige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth und ab 2010 die Bundeszahnärztekammer. Zum Helfen berufen. Als Vorsitzender unserer Stiftung und Berufstätiger musste ich mich oft fragen lassen, ob diese Arbeit in der Freizeit zu schaffen sei. Für die Arbeit im Hilfswerk blieben zwar nur das Wochenende und die Ferien sowie jede freie Minute, die Beruf und Familie ließ. Aber so geht es allen, die an dieser Aufgabe mitarbeiten, denn wirkliches Helfen ist nicht nur Beruf, sondern auch Berufung, die mich seit unserer Praxisabgabe vor sechs Jahren nun ganz erfüllt. Wenn man diese humanitäre, karitative Tätigkeit als Bereicherung der eigenen Lebensanschauung und Lebenswerte und als notwendiges soziales Engagement besonders als Mitglied unseres Berufsstandes ansieht, dann kann diese Arbeit nicht zur Last werden. Aufbruchstimmung. Wer einmal das unendliche Leid in den Vororten einer südamerikanischen Großstadt, die überfüllten Etagen eines Armenkrankenhauses, das Dahinvegetieren in den Hütten der Leprakranken, die nach wie vor als Aussätzige geächtet werden, miterlebt hat, der weiß, dass jede Hilfe ein Stück Hoffnung bringt auf ein Leben, das lebenswerter ist. Es ist interessant, dass in vielen Entwicklungsländern auch eine Aufbruchstimmung zu spüren ist, wenn Hilfe kommt – auch wenn sie noch so gering ist. Wenn jemand beginnt, die Verhältnisse zu verbessern, dann strahlt das aus und viele werden durch die Tatkraft und das Beispiel der Initiatoren angesteckt. Dr. Klaus Winter, Vorsteher der Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete e. V. Info Das Hilfswerk Deutscher Zahnärzte, 1987 aus einer Vorgängerinstitution heraus als „Stiftung Hilfswerk Deutscher Zahnärzte für Lepra- und Notgebiete, Göttingen“ gegründet, unterstützte zuerst vor allem leprakranke Menschen. Während die Krankheit bei uns kaum vorkommt, werden in Entwicklungsländern jedes Jahr zwischen 300.000 und 800.000 Menschen infiziert. Mit Hausbauprogrammen, Berufsbildungszentren und medizinischen Stationen unterstützt das HDZ auch heute viele leprakranke Menschen dabei, ihre Krankheit zu überwinden und ihre soziale Situation zu verbessern. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 12/2016
Personalia 63 Nachruf Dr. Dr. Helmu
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