16 Titelthema German Doctors e. V. Unermüdlich im Einsatz für Bedürftige Jeder Mensch hat das Recht auf medizinische Versorgung – unabhängig von seiner Herkunft, seiner Religion, politischen Meinung oder sonstigen Unterscheidungsmerkmalen. Das ist die Überzeugung der Nichtregierungsorganisation German Doctors, und dafür setzt sie sich ein. Seit rund 33 Jahren entsendet der Verein ehrenamtlich tätige Einsatzärzte in Slums sowie in ländliche Regionen vieler Entwicklungsund Schwellenländer. Mehr als zwölf Millionen Behandlungen an den Ärmsten der Armen haben sie vorgenommen, darunter auch viele zahnärztliche. Die Geschichte der Philippinerin Criselda Zialcita (37) ist beispielhaft für die erfolgreiche Hilfsarbeit der German Doctors. Philippinen. Der Zahnzustand vieler Philippiner ist schon im Kindesalter sehr schlecht. Criselda erinnert sich noch sehr genau, obwohl sie damals erst sechs Jahre alt war. Mit den Nachbarskindern hatte sie im Schatten der Bananenstauden gespielt, als sich ihnen plötzlich ein fremdes Bild bot: Ein leuchtend roter Jeep hielt mitten auf dem zentralen Platz ihres kleinen Dorfes. Mit einer Mischung aus kindlicher Neugier und Angst beobachtete Criselda gemeinsam mit den anderen Kindern das Treiben der hellhäutigen Menschen, die aus dem Jeep gestiegen waren. Auf einem Klapptisch breiteten sie merkwürdige Gerätschaften aus. Dinge, die sie und die anderen Dorfbewohner noch nie gesehen hatten: Kleine Fläschchen, Spritzen und Verbandszeug. Zahnärzte von Anfang an dabei. Was folgte, war nicht schön für Criselda. Und doch war das kleine Mädchen im Nachhinein dankbar für das Wirken der Ärzte, die bald unter dem Namen „German Doctors“ in der Region bekannt waren. Einer der Männer sorgte für einen stechenden Schmerz in Criseldas Mund. Nach einem Moment des Wartens zog er die braun verfärbten Zahnruinen heraus, die ihr seit vielen Monaten schlimme Schmerzen verursacht hatten. Die junge Philippinerin war Patientin auf der ersten „Rolling Clinic“-Tour, die die German Doctors im Jahr 1985 ins wilde Hinterland Mindanaos – das ist die zweitgrößte Insel der Philippinen – unternahmen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Bergbauern lag zu jener Zeit bei gerade mal 35 Jahren; geschätzte 75 Prozent von Foto: Miro May/German Doctors e. V. ihnen starben, ohne jemals einem Arzt begegnet zu sein. In den Folgejahren konsultierte Criselda immer wieder die Ärzte aus dem fernen Deutschland, wenn sie mit schöner Regelmäßigkeit die Klapptische in ihrem abgelegenen Dorf aufgebaut hatten. Heute ist sie besonders dankbar für die basismedizinische Versorgung ihrer vier Kinder. Impfungen, Entwurmungen, antibiotische Behandlung von Lungenentzündungen und die Heilung von hartnäckigen Hautpilzen – sind nur möglich weil die German Doctors regelmäßig in ihr abgelegenes Dorf kommen. Auch den einen oder anderen Zahn haben die Zahnärzte ziehen müssen, aber dank der anschaulichen Vorträge des „Rolling Clinic“-Teams während der Wartezeiten, wissen Criselda und ihre Kinder heute, wie sie ihre Zähne pflegen können. Zahnbürsten haben sie von den Doctors geschenkt bekommen. Recht auf Gesundheit. Wie Criselda leben weltweit mehr als eine Milliarde Menschen in extremer Armut. Ihnen fehlt es an Dingen, die uns selbstverständlich erscheinen – angefangen bei einer warmen Dusche und einem Dach über dem Kopf über sättigende Mahlzeiten, Schulbildung und einen angemessen bezahlten Job bis hin zum selbstverständlichen Arztbesuch. Wer aber von rund einem Euro am Tag oder noch weniger leben muss, kann sich kaum die tägliche Nahrung leisten, geschweige denn im Krankheitsfall einen Arztbesuch oder Medikamente – wenn überhaupt ein Arzt in der Nähe praktiziert. Die Vereinten Nationen (UN) schreiben in ihrer Menschenrechtscharta unter anderem: „Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der sich und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung (…)“. Diesem Gedanken ZBW 12/2016 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 17 fühlen sich die German Doctors verpflichtet. Seit nunmehr 33 Jahren behandeln, beraten und schulen sie Menschen in Not im Schatten weltbewegender Ereignisse und medialer Berichterstattung. Vereinsgeschichte. Ihren Anfang nahm die Vereinsgeschichte im Jahr 1983 in den Slums Kalkuttas. Dort stellten in einer winzigen, improvisierten Ambulanz die ersten Einsatzärzte im Namen der „Ärzte für die Dritte Welt“, so der damalige Name des Vereins, die Weichen für ein medizinisches Hilfsangebot, das sich in zwei wesentlichen Punkten von anderen unterscheidet: • Zum einen ermöglicht die Organisation Ärzten sechswöchige Kurzzeiteinsätze. Somit brauchen sich die Mediziner nicht von ihrem regulären Job freistellen zu lassen oder für einen längeren Zeitraum einen Vertreter in die eigene Praxis holen. Sie können ihren Jahresurlaub in die humanitären Hilfseinsätze investieren oder auch Zeiten des Ruhestandes. Langzeitärzte in den Projekten – diese bleiben für Zeiträume zwischen einem halben und mehreren Jahren – gewährleisten Kontinuität in der täglichen Arbeit vor Ort. • Zum anderen werden die German Doctors nicht erst in einer Region aktiv, wenn sich dort eine Katastrophe ereignet hat, wie zum Beispiel ein Erdbeben, eine kriegerische Auseinandersetzung oder die Ausbreitung einer Epidemie. Sie sind dort tätig, wo permanent katastrophale Verhältnisse herrschen. In elf Ländern haben sie im Laufe der vergangenen 33 Jahre Projekte unterhalten; acht Arztprojekte sind es aktuell, in Indien, Bangladesch, Kenia, Sierra Leone und auf den Philippinen. Hilfe, die bleibt. In ihren Projektregionen arbeiten die German Doctors eng mit lokalen Organisationen zusammen und haben dort ein ausgezeichnet funktionierendes Netzwerk sich gegenseitig unterstützender Einrichtungen geflochten. Um die Gesundheit der Bedürftigen langfristig zu verbessern, geht ihre Hilfe längst über das rein Foto: German Doctors e. V. Medizinische hinaus. Ärzte und Kooperationspartner schulen die Einheimischen zu Themen wie Hygiene, Ernährung und Familienplanung. Zudem unterstützen sie Programme renommierter Partnerorganisationen, zum Beispiel zur Gemeindeentwicklung, Bildung und Kleinkreditvergabe. Eine weitere wichtige Säule ihrer Arbeit ist die medizinische Ausbildung einheimischer Fachkräfte. Indem die German Doctors am Aufbau sich selbsttragender Strukturen mitwirken, befähigen sie die Menschen vor Ort, nach und nach die Verantwortung für das Wohlergehen ihrer Mitmenschen selbst zu übernehmen. Ein wichtiges strategisches Ziel, das auch im Namenszusatz des Logos deutlich zum Ausdruck kommt: „Hilfe, die bleibt“. Prophylaxe. Ein einheimischer Mitarbeiter der German Doctors erklärt wartenden Patienten das Zähneputzen. Zahnbürsten und Zahnpasta gibt es geschenkt. Gesundheitsarbeiter. Wie das praktisch funktioniert ist derzeit auf Mindanao eindrucksvoll zu beobachten: Ende September nahmen die ersten 56 durch German Doctors geschulten philippinischen Gesundheitsarbeiter ihre Zertifikate entgegen, sowie ein sogenanntes „Health Kit“ mit Stethoskop, Blutdruckmessgerät, Fieberthermometer, Verbandszeug und Medikamenten. Sie wurden dazu ausgebildet Versorgungslücken zwischen den Besuchen der German Doctors zu schließen und im Notfall Erste Hilfe leisten zu können. Allein auf Mindanao will der Verein insgesamt 410 Gesundheitsarbeiter ausbilden. Nach erfolgreicher Schulung sollen sie rund 6100 Familien in 28 Dörfern medizinisch (erst) versorgen – ein wichtiger Schritt in Richtung Autonomie. Das Projekt setzen German Doctors gemeinsam mit einer lokalen Partnerorganisation um. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) kofinanziert es. Besonders schön: Criselda zählt zum Kreise der zukünftigen Gesundheitsarbeiter. Sie hat nicht lange überlegt, als sie von dem „Primary Health Care“Programm (PHC) hörte. Etwas von der Zuwendung und Hilfe, die sie selbst über die Jahre von den deutschen Ärzten erfahren hat, an ihre Mitmenschen weiterzugeben – das ist ihre Motivation. Dr. Harald Kischlat, Vorstand German Doctors e. V. Info Seit beinahe 30 Jahren trägt die Zahnärzteschaft Baden-Württemberg in Zusammenarbeit mit der Zahnärzteschaft Nordrhein mit hunderten von teilnehmenden Zahnarztpraxen beständig, zuverlässig und erfolgreich mit ihren Patienten Zahngold zusammen. Allein für den German Doctors e. V. kam im Rahmen der sogenannten Aktion Z über diesen Weg schon die beachtliche Spendensumme von mehr als einer Million Euro zusammen! www.zahnaerzteblatt.de ZBW 12/2016
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