28 Fortbildung Kariesprävalenz bei Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen Chronische Belastung im Zusammenhang mit der Schule oder Arbeit 20,0 20,0 Akute belastende Lebensereignisse 83,3 78,3 78,3 100,0 Abnorme unmittelbare Umgebung 57,6 54,6 74,4 89,7 Abnorme Erziehungsbedingungen 61,8 57,5 55,3 85,3 Psychische Störung oder Behinderung in der Familie 52,2 50,0 69,0 89,7 Abnorme intrafamiliäre Beziehungen 46,2 46,2 66,7 80,0 Verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn in der Kindheit/Jugend 57,2 52,9 68,1 85,1 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 66,7 66,7 94,4 88,9 Affektive Störungen 80,0 80,0 Abb. 3 dmft>0 dt>0 DMFT>0 DT>0 Psychische Erkrankungen. Kariesprävalenz im Milch- und bleibenden Gebiss bei Patienten mit unterschiedlichen psychiatrischen Diagnosen in Prozent (Karieserfahrung: dmft/DMFT, unbehandelte Karies: dt/DT) (Abb. 3). gendlichen korreliert der Mundgesundheitsstatus nicht einheitlich mit der MLQ (38, 39). So wurde berichtet, dass nur etwa 40 Prozent der Kinder mit einem akuten zahnärztlichen Behandlungsbedarf subjektive Einschränkungen ihrer MLQ angaben (40). Andererseits wurde aber auch beobachtet, dass bei Schulkindern unbehandelte kariöse Läsionen signifikant mit einer stärkeren Beeinträchtigung der MLQ in allen Subdomains assoziiert waren (41). Daher wird argumentiert, dass neben dem klinischen und funktionellen Status individuelle Faktoren wie beispielsweise der Kohärenzsinn oder das Selbstwertgefühl die subjektive Empfindung der eigenen Mundgesundheit und deren Auswirkungen auf das Allgemeinbefinden beeinflussen (42, 43). Die in der vorliegenden Studie beobachtete Kompensation oraler Probleme mit emotional-sozialen Ressourcen bei ZBW 5/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 29 Mundgesundheitsbezogene Lebensqualität (MLQ) Subdomains der Mundgesundheitsbezogenen Lebensqualität 100% 100% 20% 5% 4% 3,4 4,2 4,4 3,7 4,7 4,8 10% 12,6 12,8 12,8 3% 2% 2,7 2,0 1,9 2,7 1,9 1,7 1% 0% Abb. 4 BRD KJP KJP mit Karies Mundgesundheitsbezogene Lebensqualität (MLQ) von stationären Patienten der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) im Vergleich zu bundesdeutschen Referenzwerten (BRD) (Abb. 4). 0% Abb. 5 orale Symptome Funktionelle Einschränkungen Emotionales Wohlbefinden Soziales Wohlbefinden BRD KJP KJP mit Karies Stationäre Patienten. Mundgesundheitsbezogene Lebensqualität (MLQ) der Domains von stationären Patienten der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) im Vergleich zu bundesdeutschen Referenzwerten (BRD) (Abb. 5). Grafiken: Dr. Ina M. Schüler, Prof. R. Heinrich-Weltzien kindlichen und jugendlichen Patienten mit psychischen Erkrankungen trat bei erwachsenen Patienten nicht auf (24, 44). Erwachsene Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen oder schweren Depressionen wiesen nicht nur eine schlechtere Mundgesundheit sondern auch eine stärkere Beeinträchtigung der MLQ im Vergleich zu gesunden Erwachsenen auf. Fazit. Schlussfolgerungen aus der vorliegenden Studie sind: • Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen haben einen deutlich höheren Kariesbefall als psychisch gesunde Kinder. • Trotz der schlechteren Mundgesundheit war die MLQ der psychiatrischen kindlichen und jugendlichen Patienten nicht schlechter als die bundesdeutschen Referenzwerte. • Die Patienten kompensierten die Beeinträchtigungen durch die orale Symptomatik und die funktionellen Einschränkungen mit einem besseren emotionalen und sozialen Wohlbefinden. Daher führt die schlechte Mundgesundheit selten dazu, dass die Patienten Klagen äußern. Das fehlende Klageverhalten darf jedoch nicht als Zeichen für eine gute Mundgesundheit interpretiert werden. • Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen sind eine Risikogruppe und sollten von Psychologen und Psychiatern die Empfehlung erhalten, mindestens zweimal jährlich den Zahnarzt aufzusuchen, damit sie bedarfsgerecht und präventionsorientiert zahnärztlich betreut werden können. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www. zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14, Fax: 0711/222966-21 oder E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de. Dr. Ina M. Schüler, Prof. Dr. Roswitha Heinrich-Weltzien, Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde, Universitätsklinikum Jena Prof. Dr. Roswitha Heinrich-Weltzien Dr. Ina M. Schüler Komm. Direktorin Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde, Universitätsklinikum Jena Poliklinik für Präventive Zahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde, Universitätsklinikum Jena www.zahnaerzteblatt.de ZBW 5/2018
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