20 Titelthema US-Psychologen entwickeln Theorie Was anfällig für Fake News macht Manchmal scheint es kaum zu fassen: Das ist doch so offensichtlich falsch, warum glauben so viele Menschen das? US-Psychologen haben eine Theorie dazu entwickelt, was Leute an Fake News festhalten lässt. Falschmeldungen. Menschen, die ihre politischen Überzeugungen und somit ihre „Stammeszugehörigkeit“ höher bewerten als das Interesse an genauen Informationen, sind anfälliger für Fake News. Bilder von der Amtseinführung des US-Präsidenten Donald Trump zeigten deutlich, dass weniger Menschen vor Ort waren als bei der Amtseinführung von Trumps Vorgänger Barack Obama. Dennoch beharrte der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer: „Das war das größte Publikum, das je einer Amtseinführung beiwohnte“. Viele Menschen glaubten ihm das – warum? US-Psychologen haben eine Theorie dazu entwickelt. Politische Überzeugungen. Falschmeldungen – Fake News – werden demnach von Menschen geglaubt, die ihre politischen Überzeugungen oder ihre Zugehörigkeit zu einer politischen Partei höher bewerten als das Ziel, genau zu sein. Im Fall der Amtseinführung sei den Betroffenen die Zugehörigkeit zur republikanischen Partei und der damit verbundene soziale Status wichtiger als Genauigkeit in der Sache, erklären Jay Van Bavel und Andrea Pereira von der University of New York (USA). Foto: Marijan Murat/dpa Ihre Hypothese stellen sie im Fachmagazin „Trends in Cognitive Sciences“ vor. Sie basiert unter anderem auf der Theorie der sozialen Identität, die sich mit Gruppenprozessen befasst. „Eine wirklich hochwertige Nachrichtenquelle ist nicht so wichtig, wenn wir glauben, dass die Menschen, die sie produzieren, einer anderen Gruppe angehören als wir“, erklärt Van Bavel. Die Forscher führen diese Denkweise darauf zurück, dass in langen Zeiten der menschlichen Entwicklung die Stammeszugehörigkeit des Menschen von entscheidender Bedeutung war. Deshalb werde die Identität mit der eigenen sozialen Gruppe, etwa Mitgliedern einer Partei, als wichtiger eingeschätzt als Werte wie Genauigkeit oder Wahrhaftigkeit. Die Forscher machen Vorschläge, wie diese Denkweise durchbrochen werden kann: Wichtig sei, die Bedürfnisse nach gesellschaftlicher Anerkennung bei den Betroffenen zu berücksichtigen. „Die Menschen empfinden Unsicherheit im Allgemeinen als Unlust erzeugend und herauszufinden, dass du eine falsche Überzeugung hast, kann deine Identität bedrohen“, schreiben die Psychologen. Sie empfehlen, sich bei der Argumentation auf eine größere Mengengruppe zu beziehen: alle Amerikaner oder gar alle Menschen; oder auf Kritiker in der Partei des Betroffenen. Eine weitere Möglichkeit, politische Polarisierung zu reduzieren, sehen die Wissenschaftler darin, den Menschen ihre Ignoranz gegenüber politischen Details bewusst zu machen. Dies geschehe dann, wenn sie aufgefordert würden, diese Details genau zu erklären. Die Argumentation sei zwar nicht falsch, aber auch nicht neu, kritisiert Thomas Kliche, Politikpsychologe von der Hochschule Magdeburg- Stendal. Ihn stört, dass Van Bavel und Pereira Parteizugehörigkeit und Weltanschauung weitgehend gleichsetzen. „Wenn dies der Fall wäre, gäbe es in Deutschland nicht die Krise der SPD“, betont Kliche. Für ihn sind die aktuellen gesellschaftlichen und politischen Umbrüche vielmehr ein Ausdruck tiefer Verunsicherung durch Herausforderungen wie Globalisierung und Digitalisierung. Politische Bildung. Kliche plädiert dafür, die bewusste und verantwortliche Auseinandersetzung mit Entscheidungs- und Gestaltungsfragen in allen Lebensbereichen zu fördern, etwa durch Partizipation, mitarbeiter orientierte Führung oder Stärkung der Politischen Bildung. Auch eine Stärkung der Fähigkeit, mit offenen Situationen und Mehrdeutigkeiten klarzukommen, sei unabdingbar. Zudem müsse die Politik neue Strategien für Veränderungskommunikation entwickeln: Zwar sei es vor Wahlen riskant, langfristige Herausforderungen und schwierige Lösungswege offen zu durchdenken, so Kliche. Dennoch sei dies notwendig, um eine blinde Selbstzerstörung der Gesellschaft zu verhindern. dpa ZBW 5/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Berufspolitik 21 Konstruktiver Meinungsaustausch mit Leni Breymaier MdB Die moderne Zahnmedizin macht‘s möglich Das „duale Versicherungssystem“ in Deutschland ist vorbildlich aufgestellt, betonten Dr. Ute Maier und Dr. Torsten Tomppert im Gespräch mit Leni Breymaier MdB um allen Patientinnen und Patienten eine adäquate Therapie anbieten zu können. Bei der Dialogbegegnung zwischen der Landesvorsitzenden der SPD und den Spitzenvertretern der Zahnärzteschaft Baden-Württemberg Mitte April in Aalen wurden u. a. die vorbildliche Prophylaxe in Baden- Württemberg sowie die Herausforderungen im Bereich der Parodontologie und die Bürgerversicherung thematisiert. Dialog. Dr. Ute Maier (Mitte) und Dr. Torsten Tomppert im Dialog mit Leni Breymaier MdB (r.). Besonders eindrucksvoll sei die Erfolgsgeschichte der Prophylaxe bei Kindern und Jugendlichen, hoben Dr. Ute Maier und Dr. Torsten Tomppert hervor. „Heute teilen sich drei 12-Jährige einen kranken Zahn“, erläuterte Dr. Torsten Tomppert die tolle Entwicklung der Zahngesundheit bei Kindern in Baden-Württemberg. „Die Gruppenprophylaxe in den Kindergärten und Schulen sowie die Individualprophylaxe sind ein wesentlicher Grund, dass sich die Zahngesundheit bei Kindern so enorm verbessert hat“, fügte Dr. Ute Maier hinzu. Leni Breymaier und auch Dr. Ute Maier und Dr. Torsten Tomppert machen allerdings die Zähne der Kinder mit Migrationshintergrund Sorgen. Aber auch der frühkindlichen Karies gelte es durch neu in den Leistungskatalog aufzuneh- mende Untersuchungen und Behandlungsmaßnahmen an den Kragen zu gehen, sagten Dr. Ute Maier und Dr. Torsten Tomppert. Ausführlich schilderte Dr. Ute Maier die Entwicklung im Bereich der Parodontologie. Der Nachsorge und der Mitwirkung der Patienten bei der Behandlung und den Bemühungen um eine gute Mundhygiene komme hier eine besondere Bedeutung zu. Letztlich entscheide der G-BA über die Priorisierung von Leistungen, die dem GKV-Prinzip ausreichend zweckmäßig und wirtschaftlich zu entsprechen haben. Honorarvolumina. Auch die begrenzten Honorarvolumina wurden problematisiert. Sofern neue Leistungen in den Leistungskatalog aufgenommen würden, müsste zusätzliches Honorarvolumen zur Foto: Clausen Verfügung gestellt werden. Eine kostenneutrale Umsetzung eines ergänzten Leistungskataloges sei nicht denkbar. Bürgerversicherung. Darüber hinaus wurde das Themenspektrum für eine Bürgerversicherung diskutiert. Dabei plädierte Leni Breymaier „für eine Bürgerversicherung, die durchaus von verschiedenen Kassen angeboten werden kann“. Diese müsse alles medizinisch Notwendige übernehmen. Anderes, was nicht notwendig ist, könne zusätzlich privat versichert werden. „Ich lege auch wert auf die Feststellung, dass der Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen derzeit nicht dem Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht.“ Dr. Ute Maier und Dr. Torsten Tomppert sprachen sich dezidiert für eine Weiterentwicklung des bisherigen dualen Systems aus. Dr. Ute Maier machte zudem deutlich, dass im Leistungskatalog der GKV (BEMA) an die 100 Leistungen besser honoriert würden als in der in großen Teilen seit Jahrzehnten unveränderten privaten Gebührenordnung der Zahnärzte (GOZ). Dr. Torsten Tomppert fügte hinzu, der überwiegende Teil der Leistungen in der GOZ sei seit Jahrzehnten nur sehr marginal erhöht worden und im Gegensatz zur „ministeriell erlassenen GOZ“ können die Selbstverwaltungen, Krankenkassen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen eigenverantwortlich jährlich die Kostenstrukturen und die notwendige Kostenanpassung – oder -steigerungen vertraglich regeln. Fazit. Dr. Ute Maier und Dr. Torsten Tomppert bedankten sich für den konstruktiven Meinungsaustausch, verbunden mit dem Vorschlag, gemeinsam den Herausforderungen im Gesundheitswesen zu begegnen und an Lösungen zu arbeiten. » johannes.clausen@izz-online.de www.zahnaerzteblatt.de ZBW 5/2018
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