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Ausgabe 8-9/2020

44 Fortbildung Abb. 4a

44 Fortbildung Abb. 4a Abb. 4b Komplexe Defektsituation. Versorgung einer Patientin mit einem ausgedehnten Orbita-, Nasen-, und Wangendefekt mit einer implantatgetragenen und magnetfixierten Orbita-, Nasenepithese auf sechs Implantaten. Während der frühen postradiogenen Phase muss wegen des Lymphödems und des Radioderms zunächst eine Interimsepithese eingegliedert werden, die nach Stabilisierung der Verhältnisse durch die definitive Epithese ersetzt wird. Magnete und MRT-Untersuchungen. Steht für den/die Epithesenträger*in eine MRT-Untersuchung an, müssen auf jeden Fall vor der Untersuchung die Epithese entfernt und die Magnete abgeschraubt werden. Die Titanimplantate sowie Titanabutments können belassen werden, sie verursachen nur geringfügige Artefakte. Die Magnete selbst jedoch würden zu massiven Bildstörungen führen, könnten sich während der Untersuchung in Bewegung setzen und auch selbst entmagnetisiert werden 3 . Herstellung einer Epithese. Die Herstellung künstlicher Gesichtsteile erfolgt durch eine*n zertifizierte*n Epithetiker*in und erstreckt sich über mehrere Sitzungen. Nach der initialen Fotodokumentation wird eine Abformung der Defektregion und im Fall einer Ohrmuschelepithese auch des Gegenohrs gemacht. Bei einer Orbitaepithese muss zusätzlich eine individuelle Augenschale durch den/ die Epithetiker*in oder eine*n Okularist*in angefertigt werden. Die Hautfarbe der Defektregion wird bestimmt, inzwischen zunehmend digital, und Hautcharakteristika werden dokumentiert. Die Epithese wird nun von Hand in Wachs modelliert und dann am Patienten oder der Patientin anprobiert; in dieser Phase erfolgen die Feinabstimmungen im Dialog mit den Patient*innen. In der nächsten Sitzung wird die in Silikon überführte, mit Kontermagneten ausgestattete und im Fall der Orbitaepithese mit einer Augenschale, Wimpern und Augenbrauen versehene Epithese eingegliedert und der/die Patient*in in der Handhabung instruiert 1 (Abb. 1). Translationale Forschung und Ausblick. Die Digitalisierung hält auch in die Epithetik Einzug 9 . Die Abdrucknahme kann inzwischen durch einen Oberflächenscan ersetzt und die Epithese dann virtuell mithilfe von CAD-Programmen konstruiert werden. Die kontralaterale Seite wird dabei gespiegelt und in die Defektregion integriert oder alternativ die anatomische Vorlage des zu ersetzenden Gesichtsteils aus einer Datenbank entnommen 11 . Der bearbeitete 3D- Datensatz wird anschließend einem Silikondrucker übergeben und eine provisorische oder definitive Epithese ausgedruckt 10, 12 . Diese translationalen Verfahren stehen inzwischen kurz vor der Klinikreife. Chirurgische Aspekte. Die Operationen, die zu epithetischem Versorgungsbedarf führen, sind typischerweise eine Exenteration der Orbita, eine (partielle) Ablatio nasi oder eine (partielle) Ablatio auris. Schon bei diesen Eingriffen sollten die kraniofazialen Implantate gesetzt werden und zwar so, dass eine spätere Versorgung möglichst nicht durch falsche Positionierung oder ungünstige Implantatachsen erschwert wird. Nach der Phase der gedeckten Einheilung folgt ZBW 8-9/2020 www.zahnaerzteblatt.de

Fortbildung 45 Abb.: Dr. Keutel Abb. 5 Zusammenfassung. Für Patient*innen mit Gesichtsdefekten stellt die Versorgung mit einer implantatgetragenen, magnetfixierten Epithese eine minimalinvasive und reversible Lösung dar, die von Dauer oder auch auf dem Weg zur plastisch-chirurgischen Rekonstruktion intermediär intendiert sein kann. Die Patient*innen profitieren von dem zügigen Behandlungsergebnis, das hohen ästhetischen Anforderungen standhält. Das Handling der Epithese ist einfach, der Halt ist sicher, und so leistet die Epithetik einen wesentlichen Beitrag zur zügigen psychosozialen Rehabilitation der Betroffenen. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www. zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14 oder E-Mail: info@ zahnaertzeblatt.de. Für die Anfertigung der Fotos bedanken wir uns bei den Mitarbeiter*innen unseres hauseigenen Fotolabors. Dr. Dr. Constanze Keutel, Jörn Brom, Dr. Alexey Unkovskiy (Ehem. Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik mit Propädeutik, Ärztl. Dir. (komm.) PD Dr. Eva Engel Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Tübingen) Prof. Dr. Dr. Siegmar Reinert Reinigung. Periimplantäre Reinigung mit einem mit H 2O 2 angefeuchteten Watteträger. die Implantatfreilegung und, falls nötig, eine Gewebeausdünnung. In vielen Fällen ist von vornherein die Deckung mit Spalthaut eine vorteilhafte Option, insbesondere im Fall der exenterierten Orbita 5 . Sollten hier mikrochirurgisch reanastomosierte Transplantate verwendet worden sein, ist häufig mit der Implantatfreilegung eine Lappenausdünnung notwendig, um in der Orbita Volumen zur projektionsgerechten Eingliederung der Epithese zu schaffen. Die Abbildungen 2, 3 und 4 illustrieren typische epithetische Versorgungen. Dr. Dr. Constanze Keutel Oberärztin, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Tübingen Pflege und Nachsorge. Für einen lang anhaltenden und unkomplizierten Versorgungserfolg sind die tägliche Pflege der Epithese, der Defektregion und der periimplantären Region sowie eine den individuellen Bedürfnissen angepasste Nachsorge unabdingbar. Wir empfehlen für Epithese und Defektregion eine Seifenlösung. Periimplantär haben sich die mechanische Reinigung mit einem Watteträger mit dreiprozentigem Wasserstoffsuperoxid im Wechsel mit sauberem Wasser sowohl zur Prophylaxe als auch zur Therapie einer Periimplantitis bewährt (Abb. 5). Jörn Brom Dr. Alexey Unkovskiy Zertifizierter Epithetiker nach dbve, Brom Epithetik, Heidelberg Abt. für Zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre, Institut für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Charité Campus Benjamin Franklin Berlin, Direktor Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer Prof. Dr. Dr. Siegmar Reinert Ärztlicher Direktor, Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Tübingen www.zahnaerzteblatt.de ZBW 8-9/2020

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