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Soziales Engagement

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Ausgabe 11/12 2023

28_FORTBILDUNG

28_FORTBILDUNG ZBW_11-12/2023 www.zahnaerzteblatt.de 58. Bodenseetagung der Bezirkszahnärztekammer Tübingen NEUE PERSPEKTIVEN IN DER PARODONTOLOGIE Fotos: Michael Bamberger Im malerischen Lindau am Bodensee versammelten sich Mitte September zahlreiche Zahnärzt*innen zur 58. Bodenseetagung der Bezirkszahnärztekammer Tübingen. Unter dem Motto „Parodontologie 2.0 – Update und Perspektiven“ bot diese Veranstaltung nicht nur ein umfangreiches Angebot an hochkarätigen Vorträgen, sondern auch eine einzigartige Gelegenheit für fachliche Diskussionen und den direkten, persönlichen Austausch unter Kolleg*innen. Die Tagung erwies sich als ein hervorragendes Forum, um aktuelle Entwicklungen in der Parodontologie zu beleuchten und zeigte neue Perspektiven für die zahnärztliche Praxis. Der neue Vorsitzende der BZK Tübingen, Dr. Dr. Heinrich Schneider eröffnete die Tagung und sprach aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitspolitik an. Er kritisierte das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das für die kommenden zwei Jahre Regelungen für die Zahnarztpraxen vorsieht, die die Vergütung deutlich verkürzen. Und dies, obwohl die Zahnärzt*innen wie auch die Ärzt*innen maßgeblich dazu beigetragen hätten, die Coronapandemie „einigermaßen unbeschadet zu überstehen“. Nichtsdestotrotz erinnerte er an die ureigene Aufgabe der Zahnärzteschaft, die Mundgesundheit der Patient*innen zu erhalten, wiederherzustellen und zu fördern. Deshalb appellierte er an die Zuhörer*innen, sich „fachlich fortzubilden und dieses Wissen an die Bevölkerung zu bringen“. Auch Prof. Dr. Bernd Haller, Fortbildungsreferent der BZK Tübingen, unterstrich die Bedeutung dieses Gedankens: „Wir sind hier, um die Bevölkerung zu versorgen“. Es sei entscheidend, die Versorgungsnotwendigkeiten zu erkennen, besonders weil „wir seit vielen Jahren aus den Mundgesundheitsstudien über die wachsende Bedeutung der Behandlung von parodontalen Erkrankungen für die orale Gesundheit wissen“. Die neue Klassifikation parodontaler Erkrankungen und die S3-Leitlinien zur Parodontologie haben den Stellenwert der Parodontologie noch stärker hervorgehoben, hob Prof. Haller hervor. Vor diesem Hintergrund sei es ihm ein Anliegen, im Rahmen der diesjährigen Tagung ein Update zu präsentieren und Perspektiven für die Zukunft zu beleuchten. S3-LEITLINIE PARODONTOLOGIE Prof. Dr. Bernadette Pretzl, Karlsruhe, hielt den Vortrag zur neuen Parodontitis-Klassifikation und den S3-Leitlinien. Die Klassifikation ermögliche eine präzisere Diagnose von parodontalen Erkrankungen und die Erstellung individueller Behandlungspläne, die auf die Bedürfnisse der einzelnen Patient*innen zugeschnitten seien. Zu den bedeutenden Neuerungen gehöre die Definition der gingivalen Gesundheit, die Einführung von Bleeding on Probing als primärem Parameter zur Beurteilung von Gingivitis sowie die Definition der parodontalen Gesundheit nach PA-Therapie. Die bisherige Einteilung in chronische und aggressive Parodontitis sei abgelöst worden und werde jetzt in einer Stagingund Grading-Matrix beschrieben. Darüber hinaus sei der gingivale Phänotyp in die Klassifikation einbezogen worden, der Begriff „Suprakrestales Attachment“ ersetze die „biologische Breite“, und es sei das klinische Vorgehen bei indirekten Restaurationen festgelegt worden. Erstmals gebe es auch eine Klassifikation für periimplantäre Gesundheit, Mukositis und Periimplantitis. Prof. Pretzl erläuterte das Stufenschema der Therapie anhand eines Patientenfalls, das Diagnose, professesionelle mechanische Plaquereduktion, subgingivale Instrumentierung, chirurgische Therapie sowie Unterstützende Parodontitistherapie einschloss und zeigte die Erfolge im Langzeitergebnis auf.

ZBW_11-12/2023 www.zahnaerzteblatt.de 29_FORTBILDUNG Zahnheilkunde. Dr. Dr. Heinrich Schneider betonte, dass kontinuierliche Weiterbildung der Schlüssel zur Gewährleistung einer angemessenen Patientenversorgung ist. Stellenwert. Prof. Dr. Bernd Haller unterstrich die zunehmende Bedeutung der Parodontologie im Kontext der neuen Klassifikation und der S3-Leitlinie. BIOFILMMANAGEMENT In seinem Vortrag „Zeitgemäßes Biofilmmanagement – reicht die Kürette noch aus?“ stellte PD Dr. Gerhard Schmalz, Leipzig, ein Gesamtkonzept vor, das die Patient*innen in den Mittelpunkt der zahnärztlichen Betreuung stellt. Er plädierte dafür, eine individualpräventive Betreuung zu verfolgen, die einerseits intraorale Bedarfsaspekte berücksichtige, einschließlich oraler Vorerkrankungen, vorhandener Versorgungen sowie aktuelle Befunde. Darüber hinaus sollten auch patientenbezogene Risikofaktoren berücksichtigt werden wie Systemerkrankungen, die Einnahme von Medikamenten und Lebensgewohnheiten. Dr. Schmalz hob hervor, dass dieses Konzept die Sicherheit, Effektivität und Effizienz der zahnärztlichen Betreuung erhöhe. Ein Schlüsselwort in diesem Zusammenhang sei die Selbstwirksamkeit: die Fähigkeit, das, was man sich vornimmt, auch tatsächlich umzusetzen. In der Arbeit mit Patient*innen sei es ein wesentliches Ziel, ihre Selbstwirksamkeit zu fördern. Dr. Schmalz empfahl, schrittweise Fortschritte zu erzielen. Die Aufgabe, eine bestimmte Stelle drei Mal pro Woche zu reinigen, sei ein klar definiertes und erreichbares Ziel, mit dem man beginnen könne. Sobald dieses Ziel erreicht sei, könne darauf aufgebaut werden, um weitere Ziele zu setzen und die Selbstwirksamkeit weiter zu steigern. Es sei jedoch wichtig, die Patient*innen nicht mit zu vielen Aufgaben zu überladen oder zu überfordern. Eine schrittweise Vorgehensweise ermögliche es den Patient*innen, ihre Fortschritte zu erkennen und ihr Selbstvertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken. ALLGEMEINERKRANKUNGEN Prof. Dr. Dirk Ziebolz, Leipzig, sprach in seinem Vortrag über die evidenzbasierten Zusammenhänge zwischen Mundgesundheit und Allgemeinerkrankungen sowie deren Bedeutung für die Praxis. Er betonte, dass das Immunsystem bei der Entstehung von Parodontitis eine Schlüsselrolle spiele, wobei das Alter ein wesentlicher Risikofaktor sei. Er wies auf die Wechselwirkung von Parodontitis und Diabetes mit gemeinsamen Risikofaktoren wie Rauchen, Adipositas, Ernährung und Alter hin: „Diese Krankheiten beeinflussen sich gegenseitig und können deshalb als unterschiedliche Symptome eines größeren Problems, nämlich einer entzündlichen Dysbalance, betrachtet werden. Lebensgewohnheiten haben hier einen hohen Stellenwert, und es ist eine Verhaltensänderung erforderlich“. Allgemeinerkrankungen könnten das Risiko für orale Erkrankungen erhöhen und deren Verlauf negativ beeinflussen. Gleichzeitig könnten entzündliche Parodontitiden direkte oder indirekte Auswirkungen auf Allgemeinerkrankungen wie Diabetes oder Rheumaschübe haben. „Angesichts dieser komplexen Wechselbeziehungen“, klärte Prof. Ziebolz auf, „ist die Aufrechterhaltung einer gesunden Mundhygiene von entscheidender Bedeutung, da sie sich frühzeitig und langfristig positiv auf die allgemeine Gesundheitssituation auswirken kann“. EINZELZAHNIMPLANTATE Prof. Dr. Stefan Fickl, Würzburg, präsentierte in seinem Vortrag „Rote Ästhetik bei Einzelzahnimplantaten“ eindrucksvoll, wie Implantate erfolgreich integriert und langfristig erhalten werden können. „Wenn ich ein Implantat setze, muss ich aus dem Vollen schöpfen“, erklärte Prof. Fickl. Ein entscheidender Faktor für den Erfolg sei sowohl guter Knochen als auch gutes Weichgewebe. Er empfahl, wenn möglich, sofort zu implantieren. Bei verzögerten Verfahren empfahl er, Ridge- Preservation-Techniken anzuwenden. Wichtig sei, die Knochenersatzmaterialien entsprechend in den Heilungsprozess Parodontalchirurgie. Prof. Dr. Bernadette Pretzl zeigte die Grenzen der nicht-chirurgischen Parodontitistherapie auf. Biofilmmanagement. PD Dr. Gerhard Schmalz erläuterte ein modernes patientenorientiertes Präventionskonzept.

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