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Soziales Engagement

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Ausgabe 11/12 2023

14_TITELTHEMA

14_TITELTHEMA ZBW_11-12/2023 www.zahnaerzteblatt.de Aktuelle gesundheitspolitische Gesetzesvorhaben im Überblick VIEL VOR … ABER AUCH VIEL DAHINTER? Im Spätsommer 2023 kursierte im politischen Berlin eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung und der Universität Trier zur bisherigen Leistungsbilanz der Ampelregierung. Das Ergebnis: Fast zwei Drittel der im Koalitionsvertrag festgehaltenen Vorhaben seien bereits umgesetzt oder angepackt worden. Vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen wie dem Krieg in der Ukraine sei dies eine sehr respektable Halbzeitbilanz. Doch wie sieht es im Bereich der Gesundheitspolitik aus? Das ZBW fasst für Sie die aktuell laufenden, für die ambulante zahnärztliche Versorgung relevanten Projekte zusammen. § Gesetzgebung. Bis Ende des Jahres sollen verschiedene vom BMG eingebrachte Gesetzvorhaben etwa zur Digitalisierung des Gesundheitswesens vom Parlament verabschiedet werden. BÜROKRATIEABBAU Ende August hat das Bundeskabinett die von Justizminister Buschmann (FDP) vorgelegten Eckpunkte für ein Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen. Für diesen Katalog haben die Ministerien Maßnahmen aus ihren jeweiligen Geschäftsbereichen beigesteuert. Grundlage war eine Verbändeabfrage: Eingegangene Vorschläge wurden durch das Statistische Bundesamt ausgewertet und priorisiert. In dieser Abfrage waren auch Vorschläge mit Bezug zur ambulanten (zahnmedizinischen) Versorgung enthalten, etwa hinsichtlich der Zuzahlungen in der Gesetzlichen Krankenversicherung oder für das Zahnbonusheft. Für den nun vorliegenden Katalog blieb das Bundesgesundheitsministerium (BMG) indessen jeglichen Beitrag schuldig. Vielmehr hatte das BMG im Rahmen des GKV-FinStG eine eigene Gesetzesinitiative zum Bürokratieabbau im medizinischen Sektor festgelegt: So sollen laut § 220 Abs. 4 SGB V bis zum 30. September 2023 „Empfehlungen zum Bürokratieabbau im Gesundheitswesen“ vorlegen werden. Ausblick: Konkrete Vorschläge seitens der ärztlichen und zahnärztlichen Standesorganisationen liegen seit längerem vor. Dennoch wurden die BMG-Empfehlungen nicht fristgerecht ausgearbeitet – zum Zeitpunkt der Erstellung des ZBW lagen sie nicht vor. Damit ist auch der weitere Zeitplan bis zur tatsächlichen Umsetzung der Maßnahmen im Behandlungsalltag noch unklar. Foto: Deutscher Bundestag / Marc-Steffen Unger DIGITALGESETZ (DIGIG) Mit dem Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens soll der Behandlungsalltag für Ärztinnen und Ärzte sowie für Patientinnen und Patienten durch digitale Lösungen vereinfacht werden. Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) erhalten die Versicherten eine vollständige, weitestgehend automatisch erstellte, digitale Medikationsübersicht. In enger Verknüpfung mit dem E-Rezept werden so ungewollte Wechselwirkungen von Arzneimitteln besser vermieden und Ärztinnen und Ärzte im Behandlungsprozess unterstützt. Die ePA soll ab Anfang 2025 für alle GKV-Versicherten als Opt-Out-Variante (Widerspruchslösung) eingerichtet werden. Für privat Versicherte können die Unternehmen der PKV ebenfalls eine widerspruchsbasierte ePA anbieten. Das E-Rezept soll weiterentwickelt und bereits ab dem 1. Januar 2024 als verbindlicher Standard in der Arzneimittelversorgung etabliert werden. Die Nutzung wird für die Versicherten per elektronischer Gesundheitskarte und ePA- App stark vereinfacht. Vertragszahnärzt*innen müssen ihrer KZV nachweisen, dass sie in der Lage sind, für die Verordnung von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln die elektronische Verordnung zu verwenden. Bei Nicht-Nachweis drohen Leistungskürzungen um 1 Prozent. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) soll quartalsweise über den Anteil der elektronischen Verordnungen berichten. Das Gesetz beinhaltet zudem den Ausbau von Videosprechstunden und Tele-

ZBW_11-12/2023 www.zahnaerzteblatt.de 15_TITELTHEMA Kein Gesetz ohne Parlament. Gesetzgebungsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland. konsilen sowie die Verbesserung von Interoperabilität und Cybersicherheit. Ein neuer Digitalbeirat soll die gematik künftig bei allen Festlegungen mit abgewogenen Empfehlungen zu Fragen des Datenschutzes, der Datensicherheit, der Datennutzung und der Anwenderfreundlichkeit beraten. Ausblick: Der Kabinettsbeschluss für das DigiG erging am 30. August, die Befassung im Bundestag sollte bis Jahresende abgeschlossen sein, sodass das Gesetz voraussichtlich im April 2024 in Kraft treten kann. GESUNDHEITSDATEN- NUTZUNGSGESETZ (GDNG) Zweiter Baustein der vom BMG angekündigten Digitalisierungsstrategie ist das Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten. Kern des Gesetzes ist die erleichterte Nutzbarkeit von Gesundheitsdaten für gemeinwohlorientierte Zwecke. Gesundheitsdaten sollen im Sinne eines „ermöglichenden Datenschutzes“ für die Forschung erschlossen und bürokratische wie organisatorische Hürden bei der Datennutzung verringert werden. Dazu wird unter anderem eine zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgebaut. Für die Datenfreigabe aus der ePA wird ein Opt-Out-Verfahren eingeführt, um die Nutzung der Daten aus der ePA zu den zulässigen Zwecken des Forschungsdatenzentrums Gesundheit (FDZ) zu verbessern. Kranken- und Pflegekassen dürfen Daten verarbeiten, wenn dies nachweislich dem individuellen Schutz der Gesundheit der Versicherten dient, beispielsweise mit Blick auf die Arzneimitteltherapiesicherheit oder die Erkennung von Krebserkrankungen oder seltenen Erkrankungen. Ausblick: Der Kabinettsbeschluss für das GDNG erging ebenfalls am 30. August, die Befassung im Bundestag sollte bis Jahresende abgeschlossen sein, sodass das Gesetz voraussichtlich zum Jahresanfang 2024 in Kraft treten kann. GESUNDHEITSVERSORGUNGS- STÄRKUNGSGESETZ (GVSG) Die wesentlichen Aspekte des GVSG betreffen beispielsweise die Einführung von Gesundheitskiosken auf Initiative einer Kommune. Sie sollen zu 74,5 Prozent von den gesetzlichen Krankenkassen, zu 5,5 Prozent von den Privatkassen und von den Kommunen (20 Prozent) getragen werden. Zur Verbesserung der Versorgung im ländlichen Raum sollen Primärversorgungszentren als berufsgruppenübergreifende, kooperative Versorgungsstrukturen eingerichtet werden, in denen neben der regulären hausärztlichen Versorgung ein besonderer Fokus auf der Versorgung von Versicherten mit besonderen medizinischen und gegebenenfalls sozialen Anliegen liegt. Weiterhin sieht der Entwurf die Etablierung von Gesundheitsregionen zur sektorenübergreifenden Vernetzung der Grafik: Deutscher Bundestag Versorgungsakteure einschließlich des Ausbaus mobiler Angebote vor. Das Initiativrecht zur Bildung von Gesundheitsregionen liegt bei den Kreisen und kreisfreien Städten, die Finanzierung soll hälftig von der GKV und der jeweiligen Kommune getragen werden. Zudem soll der GKV-Spitzenverband verpflichtende Vorgaben zur Transparenz über die Servicequalität, etwa mit Blick auf die Bearbeitungsdauer von Anträgen der Kassen machen. Ausblick: Der Referentenentwurf des GVSG wurde im Juni 2023 vorgelegt. Termine für das weitere Gesetzgebungsverfahren sind noch nicht bekannt. EXKURS: EU-QUECKSILBERVERORDNUNG Mit der Revision der EU-Quecksilberverordnung durch die EU-Kommission sollen Amalgamfüllungen in der zahnärztlichen Behandlung ab dem 1. Januar 2025 verboten werden. Den Plänen zufolge soll neben dem Verbot von Zahnamalgam ab dem 1. Januar 2025 auch Herstellung und Ausfuhr verboten sein. Verwiesen wird auf Studien, wonach der Amalgamausstieg in der Zahnmedizin machbar sei – es gebe praktikable quecksilberfreie Alternativen. Die zahnärztlichen Körperschaften lehnen ein vollständiges Verbot hingegen ab. Der grundsätzliche Erhalt von Amalgam als Füllungsmaterial sei aus medizinischer Sicht geboten, um die Versorgung mit Zahnfüllungen von vulnerablen Gruppen und die Versorgung in klinisch schwierigen Situationen (Sanierungen in Narkose) weiterhin zu ermöglichen. Es gebe kein Füllungsmaterial, das ähnlich unkompliziert verarbeitbar sei und mit ähnlich geringem Zeitaufwand in der Mundhöhle verarbeitet werden könne. Ausblick: Das Europäische Parlament und der Rat müssen die überarbeitete Quecksilberverordnung im Rahmen eines ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens genehmigen. Die Beratungen im Europäischen Parlament und zwischen den im Rat versammelten EU-Mitgliedstaaten waren nach der Sommerpause angesetzt. Bislang liegt noch kein Beschluss vor. Dr. Holger Simon-Denoix INFO Das BMG bietet auf seiner Webseite einen Überblick über alle aktuellen Gesetze und weitere Vorhaben: https://www.bundesgesundheitsministerium. de/service/gesetze-undverordnungen.html

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