14 Titelthema Foto: imago/Lichtgut Koalitionsvertrag 2021-2026 Grün-Schwarz geht in die zweite Runde Zwei Wochen nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe des Zahnärzteblatts haben die alten und neuen Regierungsparteien in Baden-Württemberg – Bündnis 90/Die Grünen und die CDU – ihren Koalitionsvertrag für die kommenden fünf Jahre vorgelegt. Neben einem Sofortprogramm für Coronafolgen und dem Schwerpunkt Klimaschutz setzt der Vertrag auf Themen wie schnelles Internet, Künstliche Intelligenz, Mobilität sowie Innovationsförderung – alles jedoch unter Finanzierungsvorbehalt. Wir haben für Sie zusätzlich einen Blick auf den gesundheits- und sozialpolitischen Teil der Koalitionsvereinbarung geworfen. schungscampus Arena2036 in Stuttgart statt, einer öffentlichprivaten Plattform für Innovationen in Mobilität und Produktion der Zukunft – ein Ort, der durchaus als programmatische Ansage verstanden werden konnte. Gleichzeitig jedoch wird so gut wie jedes Projekt im Koalitionsvertrag, das Kosten nach sich zieht, mit einem Haushaltsvorbehalt belegt. Diese Vorhaben sollen demnach erst dann realisiert werden, wenn die Steuereinnahmen nach der Coronapandemie wieder steigen und neue Spielräume eröffnet werden. Wie viel von der angekündigten Innovationsoffensive tatsächlich Realität wird, bleibt insofern abzuwarten. Baden-Württemberg auf dem Weg in die Zukunft, so sehen die beiden Regierungspartner das gemeinsame Arbeitsprogramm. Ministerpräsident Kretschmann sprach von einem „echten Aufbruch“. Die Vorstellung des Koalitionsvertrags fand öffentlichkeitswirksam auf dem For- Gesundheit und Soziales. Die Vorhaben für den gesundheitsund sozialpolitischen Bereich gliedern die Koalitionspartner in drei Bereiche: „Folgen der Pandemie“, „Gesundheit“ und „Pflege“. Einleitend schreiben die Parteien, dass die Coronapandemie einmal mehr verdeutliche, von welch gesamtgesellschaftli- Winfried Kretschmann (r.) und Thomas Strobl (l.) präsentieren den Koalitionsvertrag. „Jetzt für morgen. Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg“ lautet der Titel des Vertrags, der die Grundlage für die nächste Landesregierung aus Grünen und CDU bildet. ZBW 5-6/2021 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 15 cher Tragweite und Bedeutung die Politikfelder Soziales und Gesundheit seien. Als wichtige Vorhaben werden „die Stärkung des Gesundheitsstandortes, eine gute primäre Gesundheitsversorgung in allen Regionen des Landes sowie eine bezahlbare und qualitativ hochwertige Pflege“ genannt. Folgen der Coronapandemie. Das Gesundheits- und Sozialministerium müsse gestärkt aus der Pandemie hervorgehen. Künftige Pandemien müsse man mit einem resilienteren System begegnen: Dazu will man etwa eine „angemessene“ Reserve an persönlicher Notfallausrüstung vorhalten. Auch digital will die neue Landesregierung den Gesundheitssektor voranbringen und sieht „über die digitale Leitstelle ein einheitliches Datenkonzept“ vor. Die aktive Rolle der Bürger*innen will die grünschwarze Regierung bei der Pandemiebekämpfung stärken. Die Folgen der Pandemie soll eine Enquete-Kommission, besetzt mit Vertreter*innen aus Politik und Gesellschaft, aufarbeiten. Der Fokus dabei liege auf den Auswirkungen auf das Gemeinwesen sowie auf Kinder, Jugendliche und Familien. Ein „ressortübergreifender Masterplan“ solle „einer Verfestigung bereits eingetretener Coronafolgeschäden bei Kindern, Jugendlichen und in den Familien“ entgegenwirken. Unter anderen wird hier an gemeindenahe psychotherapeutische Krisen- und Notfalldienste gedacht. Öffentlicher Gesundheitsdienst. Angeregt von der Weltgesundheitsorganisation will Grün- Schwarz den „Gesundheit in allen Politikbereichen“-Ansatz in ihre Regierungsarbeit mit aufnehmen, da Gesundheit „nicht nur ein Thema des Gesundheitssektors, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“ sei. Konkret ist im Koalitionsvertrag etwa die regelmäßige Auffrischung von Kenntnissen zur Ersten Hilfe genannt. Dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) kommt dabei eine wichtige Rolle bei der Aus-, Fort- und Weiterbildung zu. Dazu sollen das Landesgesundheitsamt (LGA) und die Gesundheitsämter personell besser ausgestattet und digitaler werden. Versorgung. Der Sicherung der flächendeckenden ambulanten Versorgung wird höchste Priorität zugemessen. Ziel ist eine „interprofessionelle und innovative, am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtete Versorgung“. Dazu sollen Sektorengrenzen zwischen ambulant und stationär überwunden werden und bspw. die Einrichtung von interdisziplinären Primärversorgungszentren gefördert werden. Die Krankenhausplanung soll „nachhaltig, digital und inklusiv weiterentwickelt“ werden. Dabei wolle man sich an regionalen und überregionalen Versorgungsbedarfen orientieren. Digitalisierung ist ein bedeutsames Stichwort für die Koalitionäre. Auch die Telemedizin will man entsprechend fördern. Unter dem Forum „Gesundheitsstandort Baden-Württemberg“ finden die Bereiche Versorgung, Forschung und Wirtschaft zusammen. Die „ressort- und bereichsübergreifende Zusammenarbeit“ soll gestärkt und intensiviert werden. Auch hier fällt der Digitalisierung eine Schlüsselrolle zu. Die Gesundheitswirtschaft gilt als ein wichtiger Bestandteil der badenwürttembergischen Wirtschaft, der Standort solle „nachhaltig“ unterstützt werden. Pflege. Steigenden Kosten bei der Pflege will die Koalition mit einer Deckelung des Eigenanteils begegnen. Eine Pflegekammer soll die „Selbstverwaltung der Pflegekräfte und das Berufsbild“ stärken. Die Landesregierung will sich auch für eine gute Bezahlung der Pflegekräfte (Stichwort Tarifverträge) einsetzen. Um die Gesundheitsfachberufe attraktiver zu gestalten, werden die Schulgeldfreiheit sichergestellt und einjährige generalistische Ausbildungswege unterstützt. Daneben ist die Akademisierung der Pflegeberufe ein Baustein: Diese soll den Menschen in diesen Berufen mehr Verantwortung und Gestaltungsspielraum geben. Die Fachkräftegewinnung, auch durch die Anerkennung ausländischer Abschlüsse, ist der neuen grünschwarzen Landesregierung ein bedeutsames Thema. Die Pflege solle flächendeckend und wohnortnah gewährleistet sein und die Kurzzeitpflege ausgebaut werden, um Angehörige zu entlasten. Zudem wird die kultursensible Pflege im Koalitionsvertrag genannt: Pflegende sollen dahingehend weiter- und ausgebildet werden, um auf „individuelle Belange der zu pflegenden Menschen“ besser eingehen zu können. Alter und neuer Hausherr. Mit der Benennung der künftigen Minister*innen ließen sich beide Parteien bis wenige Tage vor der Vereidigung Zeit. Im Gesundheitsbereich bleibt alles beim Alten: Manne Lucha (Bündnis 90/ Die Grünen) wird weiterhin Teil der neuen Landesregierung sein. Wie bei den anderen Politikfeldern auch, fallen alle gesundheitspolitischen Maßnahmen, die nicht ordnungspolitischer Natur sind, unter den Haushaltsvorbehalt. Wie schnell die neue Landesregierung ihre gesundheitspolitischen Vorhaben, die unter dem Titel „Nah am Menschen: Für ein gesundes und selbstbestimmtes Leben“ im Koalitionsvertrag stehen, umsetzen können, bleibt also abzuwarten. Info Alexander Messmer Wenn Sie den Koalitionsvertrag nachlesen möchten, scannen Sie einfach den QR- Code mit Ihrem Smartphone! www.zahnaerzteblatt.de ZBW 5-6/2021
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