32 Berufspolitik Foto: KZV BW KFO-Gutachtertagung Baden-Württemberg im Juli 2021 Einheitliche Entscheidungshilfen und Lösungen Nach der coronabedingten Pause im vergangenen Jahr konnte am 16. Juli 2021 endlich wieder die landesweite KFO-Gutachtertagung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW) im Zahnärztehaus in Stuttgart stattfinden. Das Angebot einer Hybrid- Veranstaltung machte es möglich. Eingeladen waren alle KFO- Gutachter*innen der KZV BW. Geleitet wurde die Tagung von den KFO-Referentinnen Dr. Silke Kuhlmann, Freiburg, und Dr. Johanna Kutz, Tübingen, dem KFO-Referenten Dr. Christoph Metz, Karlsruhe, sowie der Vorstandsreferentin für Kieferorthopädie Dr. Patricia Miersch, Stuttgart. Der Wunsch der Teilnehmer* innen nach Präsenz war groß. Alle unter Coronarichtlinien zur Verfügung stehenden Plätze waren im Vorfeld schnell vergeben. Aufgrund der möglichen Online-Teilnahme waren aber auch alle anderen gutachterlich tätigen Kolleg*innen baden-württembergweit mit im Boot. Auch die Vertreter*innen der Gesetzlichen Krankenkassen nutzten die Teilnahme per Videokonferenz, um wieder ganz aktuell über alle wichtigen Themen und Anliegen seitens des Gutachterwesens informiert zu sein. Nach der monatelangen eingeschränkten Kommunikation war im Saal schon vor dem eigentlichen Beginn der Sitzung sehr gut erkennbar, wie groß das Bedürfnis war, endlich wieder etliche Themen der vergangenen Monate im persönli- chen kollegialen Gespräch intensiv zu diskutieren. Im Rahmen der Begrüßung wurde für die zukünftige Neubesetzung des KFO-Referats der BD Freiburg Dr. Martin Leupholz vorgestellt. Zudem konnte die Ernennung von Dr. Volker Lorch zum KFO-OGA der KZV BW bekannt gemacht werden. Entwicklungen. Die Vorstandsvorsitzende der KZV BW Dr. Ute Maier berichtete im Folgenden über die aktuellen Entwicklungen auf Landes- und Bundesebene, die naturgemäß stark vom bisherigen Pandemiegeschehen geprägt waren. Dazu gehörten u. a. auch die Vereinbarung der Pandemiepauschale oder die von den bisherigen Jahren pandemiebedingt abweichenden Mengenentwicklungen im zahnärztlichen Bereich und hier im speziellen bei den kieferorthopädischen Leistungen. Bei der Aufarbeitung der statistischen Eckdaten im Gutachterwesen des Jahres 2020 zeigte sich erneut, dass das Gutachterwesen in Baden- Württemberg einen tragenden Bestandteil der allgemeinen Qualitätssicherung in der KFO darstellt. Die überregionale Vergabe der Gutachten führt dabei deutlich erkennbar zu der gewünschten Vereinheitlichung der Regelungen und Richtlinien und somit zur allgemeinen Sicherung der kieferorthopädischen Versorgung der gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten. Diskussion. Auch bei der anschließenden engagierten und konstruktiven Diskussion entlang der von den Gutachter*innen eingereichten Fragen war es eindeutig das Ziel aller Teilnehmer*innen, gemeinsam einheitliche Entscheidungshilfen und Lösungen zu erarbeiten. Mit Ende der Tagung war allen Gutachter*innen nach all den vielen aktuellen und wichtigen Informationen wieder einmal bewusst, wie sehr die Tätigkeit als Gutachterin oder Gutachter persönliche und gemeinsame Verantwortung und Kompetenz erfordert, um Patient*innen, Kieferorthopäd*innen bzw. Zahnärzt*innen, Krankenversicherungen, dem Gesetzgeber und dem kontinuierlichen Fortschritt in der KFO gleichermaßen gerecht zu werden. Zum Abschluss am Nachmittag galt der Dank allen Kolleginnen und Kollegen in Präsenz und online, dies insbesondere, weil sie auch in den aktuell anstrengenden Zeiten ihre Tätigkeit als Gutachter*innen gewohnt engagiert und zuverlässig ausüben. Dr. Patricia Miersch ZBW 10/2021 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 33 Reduktion von Narkosen für Zahnbehandlungen bei Kindern (Teil 2) Modernes Kariesmanagement Karies im Milchgebiss, aber auch schwere Formen der MIH mit hypersensiblen Zähnen, stellen eine enorme Herausforderung für (Kinder)Zahnärzte dar, insbesondere bei gering kooperativen oder sehr ängstlichen Kindern. Nicht selten wird daher eine Behandlung in Narkose angedacht. Der zweite Teil dieses Beitrags beleuchtet weitere Vermeidungsstrategien, die über die Patientenführung hinausgehen (vgl. Teil 1, ZBW-Ausgabe 8-9/2021) und primär den Bereich des Kariesmanagements umfassen. Der Schwerpunkt liegt auf den Aspekten der Kariesinaktivierung (z. B. mit Silberdiaminfluorid), Kariesbehandlung ohne vollständige Kariesentfernung (u. a. Hall-Technik) sowie der ECC-Prävention von Anfang an. Wer möchte schon bei sich in der Praxis einen Zwischenfall bei einer Zahnbehandlung eines Patienten in Narkose erleben? Wohl niemand! Und dennoch kann es passieren und ist folglich in den Medien immer mal wieder ein Thema: „Schwere Komplikationen bei einer Narkose für Zahnbehandlung“ oder „Patient verstirbt bei einer Narkose für Zahnbehandlung“. Eine Entscheidung zur Behandlung in Narkose sollte daher niemals leichtfertig getroffen werden. Alle Beteiligten sollten sich über die potentiellen Risiken und Nutzen im Klaren sein und Alternativen abwägen. Denn eine Behandlung in Narkose ist oftmals vermeidbar. Falls ein Zwischenfall bei einer Narkose auftritt, wird zunächst die zahnärztliche Indikation und die Aufklärung über die Narkose sowie vorhandene Alternativen hinterfragt; der Zahnarzt trägt also primär die Verantwortung (Indikationsstellung, Aufklärung inkl. Alternativen) und nicht der Anästhesist. Alternativen zu kennen, darüber aufzuklären und indikationsgerecht anzuwenden sind daher essentielle Voraussetzungen Narkosen zu vermeiden, aber auch um Narkosen durchzuführen. Viele Kinderzahnärzte haben folgende Faustregel zur Narkosestellung im Kopf: „Anzahl behandlungsbedürftiger Zähne > Alter des Kindes“. Jedoch ist selbst die Einschätzung der Behandlungsbedürftigkeit zwischen Behandlern sehr verschieden. Es gibt verständlicherweise keinen festen „Cut-off-point“, bei dem eine Indikation besteht, d. h. es existieren wie fast überall in der Medizin Ermessensspielräume. Kariesinaktivierung. Traditionell wurde in der Zahnmedizin die vollständige Entfernung kariöser Zahnhartsubstanz mit anschließender restaurativer Versorgung als Standardtherapie für kariöse Zähne als „chirurgischtechnische“ Maßnahme durchgeführt. Im aktuellen, biologischen Verständnis von Kariesentstehung und -entwicklung kann Karies (der kariöse Prozess) durch die Störung des Biofilms sowie durch Beeinflussung der Deund Remineralisationsprozesse gestoppt werden (Kidd and Fejerskov, 2013). Die Erkrankung „Karies“ wird als chronischer Prozess begriffen und neben der etablierten Füllungstherapie können in diesem Verständnis alternative evidenzbasierte Kariesmanagementmethoden wie z. B. die „Kariesinaktivierung“ oder die „Hall-Technik“ als Therapieoptionen ohne Kariesexkavation angewandt werden (Santamaría et al., 2018). Im deutschen Sprachgebrauch wird der Begriff Karies zugleich auch für das Symptom der Erkrankung, also „das Loch im Zahn“ genutzt, was irreführend sein kein. Das Karies- und auch das Pulpamanagement haben sich in den vergangenen Jahrzehnten insbesondere im Abb. 1a Abb. 1b Frühkindliche Karies. Schwere Form der frühkindlichen Karies mit großen aktiven kariösen Läsionen bei einem zweijährigen Kind beim Erstbesuch (a) und einige Monate später nach Kariesinaktivierung der flächigen kariösen Defekte durch tägliche Plaqueentfernung und Fluoridierung (b). Bei diesem klinischem Erscheinungsbild einer schweren Form der frühkindlichen Karies mit aktiven kariösen Läsionen (a) ist von weiterer schnell progredienter Kariesentwicklung selbst nach Narkosebehandlung auszugehen – während nach erfolgreicher Umsetzung des Kariesmanagementkonzept hier deutliche Zeichen der Kariesinaktivierung der flächigen kariösen Defekte (b) aufgrund effektiver täglicher Plaqueentfernung und Fluoridierung zu diagnostizieren sind, was für die Prognose der Mundgesundheit entscheidend ist. Eine Pulpasymptomatik (Pulpitis, Fistel, Abszess) erfordert eine weitergehende Therapie. Fotos: Dr. R. Santamaría www.zahnaerzteblatt.de ZBW 10/2021
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