24 Titelthema Barrierearmer Zugang zur PAR-Behandlung Neue zahnärztliche Leistungen für vulnerable Gruppen Foto: KZV BW Für pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderungen ist die tägliche Zahnpflege etwa aufgrund von Immobilität mitunter nur eingeschränkt gegeben und mit einem erhöhten Assistenzbedarf verbunden. Vor diesem Hintergrund sind für vulnerable Gruppen das Thema Prävention und eine an ihren individuellen Bedürfnissen ausgerichtete Behandlung für eine gute Mundgesundheit besonders wichtig. PAR-Behandlung. Dr. Ute Maier: „Mit der neuen Behandlungsrichtlinie kommen wir dem Ziel, Patientinnen und Patienten mit Behinderungen oder Pflegebedarf eine bedarfsgerechte Behandlung zu ermöglichen und deren Lebensqualität zu verbessern, deutlich näher.“ Mit der am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen Richtlinie zur systematischen Behandlung von Parodontitis und anderen Erkrankungen und der Änderung der Behandlungsrichtlinie in Bezug auf die Behandlung von Parodontitis bei Versicherten nach § 22a SGB V ist es gelungen, aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und Therapieansätze bei der PAR-Behandlung in den GKV- Leistungskatalog zu integrieren. Besonders erfreulich: Gerade auch für die vulnerablen Bevölkerungsgruppen konnten enorme Verbesserungen durchgesetzt werden. Der Zugang zu einer an die individuellen Bedürfnisse angepassten Versorgung wurde deutlich vereinfacht und barrierearm gestaltet. Hohe Erkrankungsrate. Die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V, Köln 2016, S. 29 f.) offenbarte schonungslos: Bei etwa der Hälfte der jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) lagen parodontale Erkrankungen vor, bei den 65- bis 74-Jährigen lag die Quote bei 65 Prozent und bei den 75- bis 100-Jährigen sogar bei 90 Prozent. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko parodontaler Erkrankungen, ebenso bei pflegebedürftigen Menschen und bei Menschen mit Behinderungen. Diese sind oft nicht oder nur eingeschränkt in der Lage, selbst eine optimale Mundhygiene durchzuführen. Bestehende Allgemeinerkrankungen und ungesunde Ernährung spielen zusätzlich eine Rolle. Verbesserte Versorgung. Auf Grundlage des Beschlusses des G-BA vom 6. Mai 2021 erhalten „Versicherte, die einem Pflegegrad nach § 15 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zugeordnet sind oder Eingliederungshilfe nach § 99 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erhalten und bei denen die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Mundhygiene nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist, oder die einer Behandlung in Allgemeinnarkose bedürfen, oder bei denen die Kooperationsfähigkeit nicht oder nur eingeschränkt gegeben ist,“ seit 1. Juli 2021 eine PAR-Behandlung in einem bedarfsgerechten modifizierten Umfang. Die Versicherten können somit anstelle der systematischen Behandlung gemäß der PAR-Richtlinie Leistungen erhalten, die individuell auf sie abgestimmt sind. Davon umfasst sind folgende Leistungen: • Erhebung von Anamnese, Befund und Diagnose; zumindest jedoch die Messung der Sondierungstiefen an mindestens zwei Stellen pro Zahn • Antiinfektiöse Therapie (AIT) bei Sondierungstiefen ≥ 4 mm • Sofortige Chirurgische Therapie (CPT) anstelle der AIT an Zähnen mit einer Sondierungstiefe von ≥ 6 mm bei Behandlung in Allgemeinnarkose • Adjuvante systematische Antibiotikatherapie sowie eine umfangreiche Nachsorgephase über zwei Jahre mit Messung der Sondierungstiefen, vollständiger supragingivaler und gingivaler Reinigung aller Zäh- ZBW 10/2021 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 25 ne von anheftenden Biofilmen und Belägen und subgingivaler Instrumentierung an den betroffenen Zähnen mit einer Sondierungstiefe von ≥ 4 mm und Sondierungsbluten sowie an allen Stellen mit einer Sondierungstiefe von ≥ 5 mm. Die Behandlung muss nicht wie die systematische PAR-Behandlung vorher bei der Krankenkasse beantragt sondern nur bei der Krankenkasse angezeigt werden. D. h. wird ein Behandlungsbedarf festgestellt, kann sofort mit der Behandlung begonnen werden. Und durch die über zwei Jahre gewährleistete Unterstützende Parodontitistherapie (UTP) in einem ebenfalls an den individuellen Bedürfnissen der vulnerablen Patient*innen ausgerichteten Umfang, kann das Behandlungsergebnis regelmäßig überprüft und gesichert werden. Anzeige Fazit. Durch den Abbau von bürokratischen Hürden und die individuelle Ausrichtung der neuen Leistungen profitieren nun auch pflegebedürftige Menschen und Menschen mit Behinderungen in großem Umfang von den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Behandlung der Volkskrankheit Parodontitis. Das Ziel, die Mundgesundheit dieser Zielgruppe deutlich zu verbessern, lebenslang die eigenen Zähne erhalten zu können und damit einhergehend eine deutliche Steigerung der Lebensqualität zu erreichen, ist damit auch für diesen Personenkreis in greifbare Nähe gerückt. Alexander Messmer © solovyova/Fotolia Ihre Hilfe kommt an! Schaffen Sie Zukunft! Mit Ihrem Testament eröffnen Sie Kindern neue Perspektiven! Info Margitta Behnke: Fon +49 30 206491-17 www.albert-schweitzerverband.de www.zahnaerzteblatt.de ZBW 10/2021
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