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Parodontologie – zurück in die Zukunft

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Ausgabe 7/2017

28 Titelthema Abb. 5a

28 Titelthema Abb. 5a Abb. 5b Ausgangssituation. 22-jähriger Patient mit 3 mm tiefer singulärer Miller-Klasse-I-Rezession an Zahn 23. Die Breite der keratinisierten Gingiva beträgt etwa 2 mm (Abb. 5a und 5b). postoperativ die mimische Muskulatur zu schonen (wenig Sprechen, weiche Kost) und in der Empfängerregion für drei Wochen keine mechanische Mundhygiene durchzuführen. Stattdessen wird die Spülung mit 0,2 Prozent Chlorhexidin dreimal täglich verordnet. Die Bindegewebstransplantation nach der Envelope- Technik ist indiziert bei einer isolierten oder benachbarten Rezession der Miller-Klassen I-III, wobei bei Miller-Klasse III nur eine partielle Deckung zu erwarten ist [4]. Voraussetzung ist hier ein ausreichendes Angebot an Spendergewebe im Bereich des Gaumens. Dies ist eher bei einem hohen Gaumengewölbe mit einem schmalen Processus alveolaris und ohne Exostosen zu finden. Je flacher der Gaumen, desto geringer ist in der Regel der Abstand zur Arteria palatina und desto weniger Bindegewebe kann entnommen werden [13]. Gegenüber dem freien Schleimhauttransplantat zeichnet sich das Bindegewebstransplantat durch eine geringere Schrumpfungstendenz aus. Die Entnahmestelle kann besser primär verschlossen werden, was den postoperativen Patientenkomfort verbessert. Als Nachteil ist die eingeschränkte Ernährung des Transplantates im Bereich der Wurzeloberfläche zu werten. Ersatzmaterialien. Um die Komplikationen an der Transplantat-Entnahmestelle zu vermeiden und operative Prozesse zu vereinfachen, wurden verschiedene Ersatzmaterialien entwickelt und erforscht. Zu den beiden bekanntesten gehören AlloDerm (Fa. Biohorizons) und Mucograft (Fa. Geistlich Pharma AG). AlloDerm (Biohorizons) ist ein azelluläres Hautgewebe von menschlichen Spendern, das verhältnismäßig gut erforscht ist. Es wird in einem mehrschrittigen Aufbereitungsprozess gereinigt, um Epithel- und antigene Zellen zu entfernen. Es besteht aus zwei Seiten, einer basalen Membran und einer dermalen Seite [14]. Fallstudien zeigen, dass AlloDerm voraussagbar eingesetzt werden kann, um Gingivarezessionen zu decken [15,16]. De Souza et al. [17] verglichen den Einsatz von AlloDerm und autologem Bindegewebe zur Deckung von gingivalen Rezessionen und stellten keinen Unterschied fest in Bezug zur Rezessionsreduktion, klinischem Attachmentgewinn, Sondierungstiefen oder dem Zugewinn von keratinisierter Gingiva nach sechs und zwölf Monaten. Im Jahre 2006 waren die Hersteller jedoch in einen Vorfall verstrickt, bei dem ihnen vorgeworfen wurde, Material von gestorbenen Spendern prozessiert und verkauft zu haben, die nie in die Hautspende eingewilligt haben [14]. Mucograft (Geistlich) ist ein porcines Ersatzmaterial mit einer zweischichtigen Kollagenmembran. Eine Schicht dient dabei zur Gewebsbesiedelung und als bakterielle Barriere, die andere dickere Schicht besteht aus einer spongiösen Struktur, um das Blutkoagel in Richtung des körpereigenen Gewebes zu stabilisieren. Mucograft wird sowohl zur Weichgewebsaugmentation als auch zur Knochenregeneration angewandt. Rotundo und Pini-Prato setzten Mucograft zur Deckung von 11 Rezessionen an Oberkieferzähnen ein und stellten eine vollständige Deckung fest sowie einen Gewinn von 3,1 Millimeter keratinisierter Gingiva. Die Deckungen verminderten zudem bei allen Patienten zuvor bestehende Dentinhypersensitivitäten und ergaben eine hohe ästhetische Zufriedenheit. Nevins et al. [18] stellten in einer Untersuchung an fünf Patienten fest, dass Mucograft vergleichbar gut wie das FST zur Gewinnung von befestigter Gingiva eingesetzt werden kann. Einen Vorteil gegenüber dem autologen FST zeigte Mucograft durch eine farbliche Anpassung mit dem Umgebungsgewebe, was beim FST nicht der Fall war. Zusammenfassend zeigt der Einsatz von Ersatzmaterialien erste vielversprechende Ergebnisse, jedoch fehlen noch Langzeituntersuchungen. Beurteilung der Verfahren. In Abhängigkeit von der Rezessionsmorphologie und unter Beachtung der jeweiligen Indikation sind prinzipiell alle oben beschriebenen Verfahren zur Rezessionsdeckung geeignet. Sie unterscheiden sich jedoch im Hinblick auf die Erfolgsprognose und ihre Auswirkung auf unterschiedliche klinische Parameter [19]. Als Parameter zur Beurteilung der verschiedenen Rezessionsdeckungsverfahren werden in systematischen Untersuchungen in der Regel die Reduktion der Rezessionstiefe, die mittlere prozentuale Wurzeldeckung, der Prozentsatz an Stellen mit vollständiger Wurzeldeckung, der Attachmentgewinn sowie die Zunahme an keratinisierter Gingiva herangezogen. Darüber hinaus ZBW 7/2017 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 29 Abb. 5c Abb. 5d Abb. 5e Abb. 5f Abb. 5g Abb. 5h Envelope-Technik. Operatives Vorgehen bei der Envelope-Technik (5c bis 5h). spielen Faktoren wie die postoperative Patientenzufriedenheit und die langfristige Stabilität der Operationsergebnisse eine Rolle. Der koronale Verschiebelappen ist eine bewährte Technik zur Behandlung von Rezessionen. Er führt vorhersagbar zur Reduktion der Rezessionstiefe sowie zu einem Gewinn an Attachment und keratinisierter Gingiva [20,21]. Die genannten Operationsergebnisse können durch die zusätzliche Anwendung eines Bindegewebstransplantates sowie durch die Applikation von Schmelz- Matrix-Proteinen verbessert werden. So zeigten sich in mehreren vergleichenden Untersuchungen eine signifikant stärkere Rezessionstiefenreduktion und ein höherer Attachmentgewinn nach Anwendung von SMP im Vergleich zum koronalen Verschiebelappen als alleinige Prozedur. Auch die mittlere prozentuale Wurzeldeckung war in der Testgruppe signifikant höher [2224]. Noch bessere Ergebnisse ließen sich mit der Einlage eines subepithelialen Bindegewebstransplantates unter den koronalen Verschiebelappen erzielen. In vergleichenden Studien konnte eine Rezessionstiefenreduktion von 3,1 mm und eine vollständige Wurzeldeckung www.zahnaerzteblatt.de ZBW 7/2017

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