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Parodontologie – zurück in die Zukunft

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Ausgabe 7/2017

26 Titelthema nach

26 Titelthema nach koronal verschoben und in dieser Position fixiert (Abb. 2a bis 2c). Der koronale Verschiebelappen findet seine Indikation bei flachen Rezessionen mit ausreichend keratinisierter Gingiva (≥ 3mm) unterhalb der Rezession. Er kann auch zur Deckung multipler benachbarter Rezessionen eingesetzt werden. Er sollte nicht bei flachem Vestibulum durchgeführt werden. Der Vorteil der gestielten Verschiebelappen gegenüber freien Gewebetransplantaten liegt in der guten Farb- und Konturanpassung des verschobenen Gewebes. Es wird nur eine Operationswunde geschaffen, was den postoperativen Patientenkomfort verbessert. Eine ausreichende Blutversorgung des Lappens ist über den Lappenstiel gewährleistet [6]. Die zusätzliche Applikation von Schmelz-Matrixproteinen wirkt sich positiv auf die Wurzeldeckung aus [9]. Das Unterlegen eines koronalen Verschiebelappens mit einem Bindegewebstransplantat wird als bilaminäre Technik bezeichnet und wird heute als eine der wirkungsvollsten Methoden zur Wurzeldeckung angesehen [10]. Lateraler Verschiebelappen. Bei dieser Technik wird ebenfalls zunächst ein Trapezlappen entlang der Rezession präpariert. Nach Mobilisierung des Lappens wird dieser über die Rezession an den mesialen Schnittrand geführt und dort fixiert. Die Ausheilung im distalen Bereich erfolgt über freie Granulation. Um eine Denudierung des Knochens zu vermeiden kann auch ein Spaltlappen präpariert werden, die Entnahmestelle bleibt so mit Periost bedeckt. Der laterale Verschiebelappen ist bei lokalisierten schmalen Rezessionen indiziert, bei denen wenig keratinisierte Gingiva unterhalb der Rezession, jedoch ausreichend Gewebe im lateralen Nachbargebiet vorliegt. Gut geeignet ist diese Technik zur Deckung von Rezessionen neben zahnlosen Kieferabschnitten [11]. Semilunarer Verschiebelappen. Beim semilunaren Verschiebelappen erfolgt zunächst eine marginale Inzision entlang der Rezession, parallel dazu wird eine zweite Inzision in der keratinisierten Gingiva gesetzt. Nach unterminierender Präparation eines Spaltlappens wird dieser nach koronal verschoben und in der neuen Position fixiert. Die Entnahmestelle heilt sekundär. Diese Lappentechnik eignet sich zur Deckung von lokalisierten flachen Rezessionen der Miller-Klasse I bei ausreichend breiter keratinisierter Gingiva. Doppelter Papillenverschiebelappen. Für die Anwendung des doppelten Papillenerhaltungslappens werden die an die zu deckende Rezession angrenzenden Papillen gespalten, mobilisiert, über die freiliegende Wurzeloberfläche verschoben und dort fixiert. Die Technik wurde ursprünglich zur Deckung sehr breiter Rezessionen entwickelt, da sie eine Spannungsverteilung auf zwei Lappen erlaubt. Wegen der geringen Erfolgsquote wird der doppelte Papillenverschiebelappen heute jedoch selten als alleinige Technik angewendet. Das Unterlegen eines Bindegewebstransplantates kann hier die Operationsergebnisse verbessern. Abb. 3a Abb. 3b Abb 3c Abb. 3d Schleimhauttransplantat. Verbreiterung des keratinisierten Gewebes mit freiem Schleimhauttransplantat im Bereich einer implantatgetragenen Brücke. Ausgangssituation (3a). An der implantatgetragenen Brücke 45 auf 47 existiert keinerlei keratinisiertes Gewebe. Am Implantat 45 ist eine circa 2 mm tiefe Rezession vorhanden. Operatives Vorgehen (Abb 3b und 3c). Die Kontrolle nach 2 Jahren zeigt, dass eine ausreichend breite Zone keratinisierten Gewebes geschaffen werden konnte. Die Rezession wurde komplett gedeckt. (Abb 3d). ZBW 7/2017 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 27 Freie Gewebetransplantate Freies Schleimhauttransplantat. Das freie Schleimhauttransplantat (FST) wird heute selten zur direkten Wurzeldeckung eingesetzt. Vielmehr dient das Verfahren zur Verbreiterung der keratinisierten Gingiva im Bereich einer Rezession [6]. Bei diesem Verfahren wird Gewebe vom Gaumen entnommen. Zur Vorbereitung des Transplantatlagers erfolgt in der Empfängerregion zunächst eine supraperiostale Inzision entlang der mukogingivalen Grenze. Unter Erhalt des Periosts wird das Gewebe nun stumpf nach apikal präpariert. Das Schleimhauttransplantat sollte am Gaumen aus einem rugae-freien Bereich unter Schonung der Arteria palatina entnommen werden. Im Empfängerbett wird das Transplantat angedrückt und mit Nähten oder Gewebekleber fixiert. Anschließend empfiehlt es sich einen PA-Verband anzulegen. Nachteile der Technik sind die schlechtere Ästhetik aufgrund der helleren Farbe des Transplantates sowie dessen hohe Schrumpfungstendenz. Die Entnahmeregion heilt sekundär, was zu einer deutlichen Reduktion des postoperativen Patientenkomforts führt. Jedoch konnte nach freien Gewebetransplantaten (Gingiva oder Bindegewebe) in einigen Fällen sechs bis zwölf Monate nach Durchführung der Transplantation als Folge der Gewebereifung eine Wanderung des Gingivarandes nach koronal beobachtet werden. Durch dieses sogenannte „Creeping Attachment“ ist eine zumindest partielle Deckung der freiliegenden Wurzeloberfläche auch bei Schleimhauttransplantaten möglich, die primär nur zur Verbreiterung der Zone keratinisierter Gingiva durchgeführt wurden (Abb. 3a bis 3d) [12]. Freies Bindegewebstransplantat (BGT). In der Literatur werden zahlreiche Techniken zur Bedeckung der freiliegenden Wurzeloberfläche mit einem Bindegewebstransplantat beschrieben. Eine der heute am häufigsten angewendeten Techniken ist die sogenannte Envelope-Technik [4] und die bilaminäre Technik mit einem koronalen Verschiebelappen [10]. Hierbei wird im Empfängerbereich zunächst ein schmaler Gewebestreifen entlang der Rezession exzidiert, um eine Wundfläche zu schaffen. Von dort wird nun supraperiostal durch unterminierende Präparation ein „Envelope“ zur Aufnahme des späteren Transplantates präpariert (Abb. 4 und Abb. 5a bis 5h). Wird das Empfängerbett auf mehrere benachbarte Zähne ausgedehnt, erfolgt die Unterminierung unter Erhalt der Papillen. Man spricht dann von der Tunnel-Technik. Das Bindegewebe wird aus dem Eckzahn- oder Prämolarengebiet des Gaumens in zwei bis drei mm Abstand zum Gingivalsaum entnommen, da hier in den meisten Fällen die größte Schleimhautdicke vorhanden ist. Nach der Entnahme kann die Gaumenwunde spannungsfrei verschlossen und mit einer Verbandplatte abgedeckt werden. In der Empfängerregion sollte das Transplantat die Schmelzzementgrenze des betroffenen Zahnes abdecken, mit seinem größten Anteil jedoch innerhalb des Abb. 4 Schematische Übersicht über das Vorgehen bei der Rezessionsdeckung mit subepithelialem Bindegewebstransplantat (mit freundlicher Genehmigung des Thieme Verlags). Envelope liegen, damit eine ausreichende Ernährung gewährleistet ist. Das Transplantat wird im Empfängerbett leicht angedrückt und mit Gewebekleber oder mikrochirurgischen Nähten fixiert. Auch hier sollte zum Schutz des OP-Gebietes ein PA-Verband angelegt werden. Bei der Rezessionsdeckung mittels freier Gewebetransplantate ist es wichtig, die Patienten anzuweisen, Zahnärztliche Praxis Klinische Hinweise für Rezessionsdeckung • Es muss eine Operationsindikation gegeben sein. • Der Patient muss parodontal therapiert oder gesund sein. • Es müssen eine Risiko- und auch eine Kostenaufklärung erfolgen (Dokumentation!) • Bei freien Transplantaten vom Gaumen sollte eine Verbandplatte angefertigt werden. • Direkt präoperativ sollte die freiliegende Wurzeloberfläche mechanisch gereinigt werden (Handinstrumente/Gummikelch mit Polierpaste/ Pulver-/Wasserstrahl/rotierende Instrumente) • Der Operateur sollte in der gewählten OP-Technik gut trainiert sein. • Eine mikrochirurgische Ausrüstung und Nähte 6/7x0 sind anzuraten. • Ein Zahnfleischverband zum mechanischen Schutz der Wunde ist vorteilhaft. • Die Gabe von Antibiotika ist nicht zwangsläufig nötig. • Nahtentfernung nach 10 Tagen, 3 Wochen lokal nicht bürsten und CHX-Spülung 3x/d 0,2 Prozent • Erhaltungstherapie • Verlaufskontrollen nach 3 und 12 Monaten www.zahnaerzteblatt.de ZBW 7/2017

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