12 Titelthema Abb. 5 Antibiotika. Studien, die z. B. ein Antibiotikum untersuchen, das in Deutschland derzeit keine Zulassung für einen therapeutischen Einsatz im Mundraum hat, verletzen die vom G-BA festgelegten Einschlusskriterien. Dieses Ausschlusskriterium wird allerdings im Vorbericht nirgends benannt. Reviews von Keestra et al. 2015a und b hat der Vorbericht überhaupt nicht berücksichtigt und so wertvolle sowie relevante Informationsquellen vernachlässigt. Der Vorbericht führt Folgendes aus „Für den Vergleich GMT + systemische Antibiotikabehandlung versus GMT wurden mehrere SÜs identifiziert. Allen war gemeinsam, dass sie mindestens eines der Einschlusskriterien der vorliegenden Nutzenbewertung verletzten. So wurden Studien eingeschlossen, die das Antibiotikum Azithromycin untersuchten (Smiley 2015a, Angaji 2010 [140]), das in Deutschland derzeit keine Zulassung für einen therapeutischen Einsatz im Mundraum hat.“ sowie „Eine weitere SÜ (Sgolastra 2012b [144]) schloss Studien ein, die die in Deutschland zugelassene Anwendungsdauer von Antibiotika um bis zu 40 Prozent überschritten“. Diese Aussagen können so verstanden werden, dass es zu den Einschlusskriterien der Nutzenbewertung gehört, dass Studien, die z. B. ein Antibiotikum untersuchen, das in Deutschland derzeit keine Zulassung für einen therapeutischen Einsatz im Mundraum hat oder das in einer in Deutschland nicht zugelassenen Dosierung bzw. Anwendungsdauer verwendet wird, die Einschlusskriterien verletzen. Allerdings führt der Vorbericht an keiner Stelle ein solches Ein- bzw. Ausschlusskriterium auf (siehe Seite 55, Tab. 17). Deshalb müssen auch alle Studien, die den Nutzen von Medikamenten untersuchen, die in Deutschland derzeit keine Zulassung für einen therapeutischen Einsatz im Mundraum haben oder die in einer in Deutschland nicht zugelassenen Dosierung bzw. Anwendungsdauer verwendet werden, bei der Nutzenbewertung berücksichtigt werden. Die auch vom IQWiG über Studienregister identifizierte ABPARO-Studie wurde am 22.09.2015 publiziert (Harks et al. 2015). Das IQWiG formuliert auf Seite 78, dass die Ergebnisse der ABPARO-Studie ggf. im Abschlussbericht berücksichtigt werden. Was heißt in diesem Kontext „ggf.“? Wer entscheidet, ob der Fall für eine Berücksichtigung der ABPARO-Studie gegeben ist? Mit 406 Patienten, die in die Intention-to-treat-Analyse einbezogen wurden, könnte die Berücksichtigung der ABPARO-Studie die Bewertung des Nutzens systemischer Antibiotika zusätzlich zu GMT völlig verändern, die aktuell auf einer Gesamtfallzahl von 272 Patienten aus verschiedenen Studien beruht. Darüber hinaus wurde von Harks et al. (2015) der Effekt der Therapie auf die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität berücksichtigt, ein patientenrelevanter Endpunkt, dem das IQWiG einen separaten Unterpunkt widmet. Die Berücksichtigung der ABPARO-Studie im Abschlussbericht ist demnach zu fordern und nicht nur in Erwägung zu ziehen. Fazit. Die am 24.01.2017 veröffentlichte vorläufige Nutzenbewertung der systematischen Therapie von Parodontopathien (IQWiG 2017b) bietet vielfachen Anlass zu Kritik und in dieser Würdigung bleibt Fragestellung 4 – strukturierte Nachsorge – fast unerwähnt. Sie wird an anderer Stelle separat ausführlich behandelt (Eickholz & Dannewitz 2017). Bei manchen Vorgehensweisen des IQWiG stellt sich die Frage, wer bei der Erstellung des Vorberichts die parodontologische Expertise lieferte oder nicht lieferte bzw. warum diese keinen Eingang in den Vorbericht fand. Es bleibt zu hoffen, dass die vielstimmige öffentliche Kritik, die er hervorgerufen hat und die in zahlreichen Stellungnahmen z. B. auch der DG PARO sowie der anschließenden wissenschaftlichen Erörterung zum Ausdruck kam, zu notwendigen Korrekturen führt. Schließlich soll der Vorbericht dem G-BA eine Entscheidungsgrundlage für die Überarbeitung der Richtlinien für die systematische Behandlung von Parodontopathien liefern. Es steht viel auf dem Spiel für die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www. zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14, Fax: 0711/222966-21 oder E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de. Prof. Dr. Peter Eickholz, Priv.-Doz. Dr. Bettina Dannewitz Prof. Dr. Peter Eickholz Priv.-Doz. Dr. Bettina Dannewitz Direktor Poliklinik für Parodontologie, Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (Carolinum), Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Poliklinik für Parodontologie, Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (Carolinum), Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main ZBW 7/2017 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 13 IQWiG-Vorbericht zur systematischen Behandlung von Parodontopathien Zurzeit keine evidenzbasierten Belege Seit dem 24. Januar dieses Jahres liegen die vorläufigen Ergebnisse einer Untersuchung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vor, das sich im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mit der Nutzenbewertung verschiedener Parodontalbehandlungen befasste. Das IQWiG orientiert sich bei seinen Untersuchungen streng daran, dass der G-BA für seine Entscheidungen die höchste Ergebnissicherheit verlangt. Daher fand das IQWiG mit dieser Methodik nur bei zwei Therapien Belege, die relevante Unterschiede in den Behandlungsergebnissen zeigten und mit denen ein Anhaltspunkt für einen (höheren) Nutzen gezeigt werden kann: • Bei der geschlossenen mechanischen Therapie (GMT) im Vergleich zu keiner Therapie • und zu einem individuell angepassten Mundhygiene-Schulungsprogramm im Vergleich zu einer Standardunterweisung. Das IQWiG vertritt den Standpunkt, dass zur Beantwortung der ihm gestellten Fragen ausschließlich randomisierte kontrollierte Studien (RCT) eingeschlossen werden können. Zeitplan. Der Zeitplan des IQWiG sah vor, dass schriftliche Stellungnahmen zum Vorbericht bis 21. Februar eingereicht werden konnten. Bis zum 30. März wurden dann die unklaren Aspekte dieser schriftlichen Stellungnahmen wissenschaftlich erörtert. Die Weitergabe des Abschlussberichtes an den G-BA ist für das 4. Quartal 2017 vorgesehen. Und in der Regel wird der Bericht dann acht Wochen später veröffentlicht. Stellungnahme der BZÄK. Die Bundeszahnärztekammer hat die Anhörung genutzt und bis zum 21. Februar beim IQWiG eine Stellungnahme eingereicht. In dieser weist die BZÄK darauf hin, dass das IQWiG in der Frage der Bewertung des Nutzens der Untersuchung der strukturierten Nachsorge (Mundhygieneunterweisung, instrumentelle Reinigung in regelmä- ßigen Intervallen) die vorhandene Evidenz aus vorliegenden retrospektiven Kohortenstudien von adäquater Dauer hätte berücksichtigen müssen. Denn die Wirksamkeit der systematischen Nachsorge nach einer bereits durchgeführten Parodontalbehandlung lässt sich erst nach mehreren Jahren oder Jahrzehnten objektiv messen, wofür ein RCT auch aus ethischen Gründen (Stichwort Zahnverlust) nicht in Frage kommt. Das Ergebnis der IQWiG- Nutzenbewertung zeigt nach Auffassung der BZÄK ein grundsätzliches Dilemma: Zwar schützt die Suche nach der bestmöglichen Evidenz davor, zu kausal nicht belastbaren Bewertungen zu kommen. Zugleich sind die Aussagen damit unter artifiziellen Bedingungen entwickelt und vielfach von der Versorgungsrealität entfernt. Somit erscheinen diese auch in ihrer Nutzbarkeit für gesundheits- und versorgungspolitische Entscheidungen zweifelhaft. Die Bundeszahnärztekammer ist jedoch grundsätzlich der Auffassung, dass das IQWiG die Paro- Therapie keineswegs für vollkommen nutzlos erklärt hat, sondern IQWiG-Vorbericht. Es gibt zwar eine breite Palette von Therapien, aber nur bei zwei Ansätzen zeigen die Studien einen Vorteil. Foto: IQWIG lediglich festgestellt hat, dass es zurzeit keine evidenzbasierten Belege auf höchstem Niveau zur Paro- Therapie gibt. BZÄK/ IQWiG Redaktionell bearbeitet A. Mader www.zahnaerzteblatt.de ZBW 7/2017
Herbstkonferenz und Master´s Day 2
Konferenzorganisation Teilnahmegeb
66 Regionen Reihen-Untersuchungen b
68 Soziales Engagement Krebskranke
70 Praxis Auf der sicheren Seite! R
72 Kultur Kunstmuseum Basel - vom S
74 Namen und Nachrichten Unabhängi
Zu guter Letzt 79 Karikatur: Beck I
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