12 Titelthema Fachsprachenprüfung und Kenntnisprüfung Im Interesse des Patientenschutzes „Um als Zahnarzt in Deutschland tätig zu sein, benötigen Sie eine Approbation. Voraussetzung hierfür sind ausreichende Sprachkenntnisse.“ Diese Auskunft erteilt die zuständige Mitarbeiterin der Abteilung Aus-, Fort- und Weiterbildung in der Geschäftsstelle der LZK derzeit mehrmals wöchentlich, schriftlich und auch telefonisch. Selbst über den Facebookauftritt der Kammer erreichen die LZK entsprechende Anfragen. Für die Anerkennung eines ausländischen Studiums ist in Baden-Württemberg das Regierungspräsidium Stuttgart zuständig. Die Fachsprachenprüfung für ausländische Zahnärzte gibt es erst seit dem vergangenen Jahr. Bewertungsbogen. Bei 34 durchgeführten Prüfungen haben bislang fünf Kandidaten die Prüfung nicht bestanden. Voraussetzung für die Erteilung einer Approbation bzw. die Erlaubnis zur Ausübung des zahnärztlichen Berufes ist der Nachweis, dass die ausländischen Zahnärzte über die erforderlichen Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen. Nach dem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom 26. und 27. Juni 2014 müssen Zahnärzte auf der nachgewiesenen Grundlage eines GER-B2 (Gemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen) über Fachsprachenkenntnisse im berufsspezifischen Kontext orientiert am Sprachniveau C1 verfügen. Seit August 2015 führt die Landeszahnärztekammer im Auftrag des Regierungspräsidiums Stuttgart und in Zusammenarbeit mit der Bezirksärztekammer Nord-Württemberg diese Fachsprachenprüfungen für ausländische Zahnärzte durch. Den Patienten verstehen. „Die Fachsprachenprüfung ist absolute Notwendigkeit“, betont Dr. Dr. Helmut Eisele. Der Zahnarzt ist einer von vier zahnärztlichen Prüfern im jeweils zweiköpfigen Prüfungsteam, das seit Einführung der Fachsprachenprüfung bisher 34 Prüfungen durchgeführt hat. „Hat der Patient das Gefühl, dass er vom Zahnarzt verstanden wird und kann der zahnärztliche Kollege das aufnehmen, was ihm vom Patienten vermittelt wird“. Darum geht es nach Auffassung von Dr. Eisele in erster Linie – insbesondere in einem Beruf, in dem die Kommunikation und das vertrauensvolle Gespräch zwischen Arzt und Patient zum Berufsalltag gehören. Um dies sicherzustellen, bedarf es ausreichender deutscher Sprachkenntnisse. Entsprechend ist die 60-minütige, dreiteilige Fachsprachenprüfung aufgebaut: Zunächst gibt es ein simuliertes Zahnarzt-Patientengespräch, es folgt die schriftliche Dokumentation eines Patientenfalls und den Abschluss bildet ein kollegiales Gespräch. „Im schriftlichen Teil, bei der Dokumentation gibt es die meisten Probleme“, weiß Dr. Eisele, „Grammatik und Rechtschreibung bereiten den Prüflingen große Schwierigkeiten“. „Auch bei den Fachtermini hapert es“, ergänzt Dr. Eisele aus seinen bisherigen Erfahrungen. Ein Prüfungstag. Der erste Prüfling, der sich am 21. März dem zweiköpfigen Prüfungsteam bestehend aus Dr. Dr. Helmut Eisele und dem ärztlichen Prüfer Prof. Dr. Günter Schmolz vorstellt, kommt aus Syrien. Der 27-jährige syrische Kollege hat sein Studium 2013 beendet, seit zwei Jahren lebt er in Filderstadt. Bisher hat er zwei Wochen in einer Praxis in Hohenheim hospitiert. „Ab jetzt bin ich Ihr Patient“, erläutert Prüfer Günter Schmolz das nun folgende Rollenspiel, in dem der Zahnarzt im Gespräch mit dem Patienten eine ausführliche Anamnese erheben soll: „Welche Beschwerden? Bluten beim Zähneputzen und Mundgeruch. Allgemeinerkrankungen? Vorhofflimmern. Medikamente? ASS 100. Allergien? Gegen Penicillin…“ Beim Ansehen der Röntgenaufnahme erklärt der Syrer seinem Patienten: „Sehen fortgeschrittenen Knochenabbau, eine Parodontose“. Eigentlich geht es um eine Überprüfung der Fachsprachenkenntnisse, „aber das ist ein schmaler Grat, man kann die Fachlichkeit nicht vollständig außen vor lassen“, betont Prof. Schmolz. „In der Humanmedizin wird auch auf die Fachtermini großen Wert gelegt“, erklärt der ärztliche Prüfer. Aus diesem Grund wird die Ärztekammer bei ih- ZBW 4/2016 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 13 Prüfungsablauf. Prof. Dr. Günter Schmolz (l.) und Dr. Dr. Helmut Eisele und besprechen den ausgewählten Patientenfall für das Arzt-Patienten-Gespräch. ren Fachsprachenprüfungen künftig eine Fachtermini-Prüfung einführen. 20 Minuten sind vorbei – jetzt muss der Syrer seinen auf der Grundlage des Patientengesprächs schriftlich formulierten Arztbericht vorlegen und im kollegialen Gespräch mit Dr. Eisele über die Anamnese des neuen Patienten berichten. Danach sind sich die beiden Prüfer ziemlich schnell einig: Der junge Kollege hat die Prüfung nicht bestanden. Der Bewertungsbogen zeigt für fast alle Prüfungsinhalte die Bewertungskategorie Minus oder ein doppeltes Minus. Was für die beiden Prüfer ziemlich klar auf der Hand liegt, möchte der syrische Kandidat nicht akzeptieren. Den Vorschlag, erst in einem halben Jahr zur Wiederholungsprüfung anzutreten, wischt er barsch zur Seite und beharrt auf einem Prüfungstermin kommende Woche. Der Syrer ist einer von nunmehr fünf Prüflingen, der bei den bislang durchgeführten 34 Prüfungen durchgefallen ist. Die nächste Prüfungskandidatin erscheint nicht – Zeit genug, das Prüfungsteam zu fragen, warum sie sich als Prüfer für die Fachsprachenprüfung engagieren. „Das ist eine verantwortungsvolle Aufgabe – das deutsche Gesundheitswesen ist international auf hohem Niveau und das muss auch so bleiben“, betont Prof. Schmolz mit Nachdruck. Auf den Flüchtlingszustrom nach Fotos: Mader Deutschland angesprochen, bekennt der ehemalige Leiter des Landesgesundheitsamtes, er sei „gespalten“. „Einerseits haben wir einen Fachkräftemangel im ländlichen Raum, anderseits verlassen hochqualifizierte Menschen ihre Heimat und der Verlust dieser geistigen Elite lässt Länder wie Syrien unversorgt an Medizinern“. Der nächste Prüfungskandidat kommt aus Kroatien. Ihm wird derselbe Fall wie zuvor vorgelegt. Das erleichtert dem Prüfungsteam den Vergleich. Sämtliche Patientenfälle stammen von Dr. Eisele, er hat sie für die Prüfungen aufbereitet. Im Arzt-Patienten-Gespräch macht es Prof. Schmolz dem 30-jährigen Kroaten nicht einfach: Er unterbricht den Zahnarzt, hat eine Menge Gedankensprünge, aber der Kroate lässt sich nicht durcheinanderbringen und erhebt in Ruhe und mit Geduld seine Anamnese. Das Prüfungsteam ist zufrieden, „man hat das Gefühl, bei ihm als Patient gut aufgehoben zu sein“. Einzig die falsch gestellte Diagnose einer Herzrhythmusstörung geht negativ in die Bewertung ein. Nachdem er seine Bescheinigung über die bestandene Prüfung erhalten hat, nutzt der Kroate sogleich die Chance, die Behandlungs- und Therapieplanung des fiktiven Falles zu diskutieren und die Ratschläge des erfahrenen Kollegen Eisele einzuholen. „Das haben wir noch nie erlebt“. EU oder Nicht-EU. Gegen Vorlage der Bescheinigung über die bestandene Überprüfung der fachbezogenen Deutschkenntnisse wird der Kroate nun beim Regierungspräsidium Stuttgart auch umgehend seine Approbation erhalten, denn Kroatien gehört zur Europäischen Union. Bei Zahnärztinnen und Zahnärzten, die ihre Ausbildung im EU-Ausland abgeschlossen haben, wird davon ausgegangen, dass ein gleichwertiger Ausbildungsstand gegeben ist. Bei Nicht-EU-Ausländern wie dem syrischen Kandidaten muss der gleichwertige Kenntnisstand durch das Ablegen einer Kenntnisprüfung, die sich auf den Inhalt der deutschen Abschlussprüfung erstreckt, nachgewiesen werden. Dem Syrer steht also neben der zweiten Fachsprachenprüfung eine weitere Prüfung bevor: die Kenntnis- oder Gleichwertigkeitsprüfung. „Syrer haben ein gutes Ausbildungsniveau“, bescheinigen die beiden Prüfer aus ihrer Erfahrung. „Sie haben sehr viele Facharzt-Weiterbildungen“, ergänzt Prof. Schmolz. Die dritte Prüfungskandidatin hat zwar die kroatische Staatsangehörigkeit, ihre Ausbildung jedoch in Serbien abgeschlossen. Aus diesem Grund muss sie in jedem Fall nach bestandener Fachsprachenprüfung eine Kenntnisprüfung ablegen, denn Serbien gehört nicht zur Europäischen Union. Die 27-Jährige wohnt seit einem halben Jahr in Heilbronn. Sie ist mit ihrer Familie nach Deutschland gekommen. Der jungen Frau ist ihre Anspannung im Gegensatz zu den vor Selbstbewusstsein strotzenden Männern vor ihr deutlich anzumerken. Dr. Eisele hilft ihr im Fachgespräch mit seinen einfühlsamen Nachfragen auf die Sprünge und ermöglicht ihr damit ein knappes Bestehen der Prüfung. Im Gegensatz zum syrischen Kandidaten nimmt sie die Anregungen des Prüfungsteams sehr aufgeschlossen entgegen: „Ich brauche mehr Kontakt zu deutschen Kollegen, um deutsch sprechen zu können und zu üben“. Kenntnisprüfung. Die Kenntnisprüfungen führt die Landeszahnärztekammer im Auftrag des Re- www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2016
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