24 Titelthema PAR-Versorgungskonzept der Zahnärzteschaft Handlungsbedarf und konkrete Ziele Probleme in der Gesellschaft zu erkennen und zu lösen, das ist die Kernaufgabe der Politik. Bezogen auf die zahnärztliche Versorgung der Bevölkerung, besonders auch hinsichtlich der Defizite und der Optimierungsoptionen, ist die zahnärztliche Selbstverwaltung dabei ein wichtiger Partner. Mit ihrem Sachverstand erkennt sie problematische Entwicklungen früher als das politische System und schlägt regelmäßig Lösungsmöglichkeiten vor. In der Praxis lassen sich zahlreiche konkrete Beispiele finden – wie das AuB-Konzept oder das Konzept für die Behandlung von Parodontalerkrankungen bei Versicherten der Gesetzlichen Krankenversicherung. Es zeigt Optionen auf für die Verbesserung der parodontalen Gesundheit, zur Vorbeugung und zur Kontrolle dieser Erkrankungen. Neben Karies ist die Parodontitis die zweite große Volkskrankheit. Unbehandelt kann sie zu Zahnverlust führen – und dies bei einer großen Zahl von Menschen. Diese eingängige Nachricht war in vielen Berichten enthalten, als das PAR- Versorgungskonzept Ende letzten Jahres vorgestellt wurde. Zwar nehme die Zahl der (vornehmlich jüngeren) Menschen mit Parodontalerkrankungen in Deutschland ab, bei den jüngeren Senioren aber habe fast jeder Zweite eine moderate und jeder Fünfte eine schwere Parodontitis, so die Ergebnisse der Fünften Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). „Bei den älteren Senioren – also den 75- bis 100-Jährigen – verstärkt sich dieser Trend“, halten Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) fest. Sie haben das Versorgungskonzept entwickelt und zeigen damit „den versorgungspolitischen Handlungsbedarf bei der Bekämpfung der Parodontitis“ auf. Moderne Therapie. Mit dem Versorgungskonzept für eine moderne Parodontitistherapie verfolge die Zahnärzteschaft das Ziel, „die immer noch hohe Parodontitisprävalenz in Deutschland zu senken und die Mundgesundheit weiter zu verbessern“, betonen die Autoren, um dann sehr konkret die Lösungsansätze aufzuzeigen. Eine zentrale Bedeutung bei der Vermeidung von Parodontitis komme – ähnlich wie bei der Kariesprävention – der Aufklärung der Bevölkerung über parodontale Gesundheit und der Prävention zu. Zähne könnten durch die gezielte Vorsorge bis ins hohe Alter erhalten werden. Im Konzept heißt es weiter: „Die gezielte Mitarbeit des informierten und motivierten Patienten durch eine intensive Mundhygiene beugt in vielen Fällen erfolgreich der Entstehung oder auch der Progression einer Parodontitis vor.“ Da es sich bei der Parodontitis um eine chronische Erkrankung handele, sei zur Behandlung und Verhinderung einer weiteren Verschlimmerung dieser multifaktoriell, vor allem bakteriell bedingten, entzündlichen Veränderung des Zahnhalteapparates „ein nachhaltiges Therapiekonzept erforderlich“. Nach wissenschaftlichem Erkenntnisstand gehörten zu einer fachgerechten Parodontitistherapie auch „das ärztliche Gespräch, die Reevaluation und eine strukturierte Nachsorge in Form der unterstützenden Parodontitistherapie (UPT). „Diese Leistungen fehlen im aktuellen GKV-Leistungskatalog“, so die Autoren. Eine unterstützende Parodontitistherapie sei aber „notwendig, um Behandlungserfolge langfristig zu sichern“. Bestandteil müsse ebenfalls sein, über ein Bonussystem Anreize zur regelmäßigen Teilnahme an der Nachsorge zu bieten. Das PAR-Versorgungskonzept von KZBV, BZÄK und DG PARO wurde als „möglicher Lösungsweg und als Angebot an die Gesundheitspolitik und die Krankenkassen“ präsentiert. Die Vorschläge sollen eine Diskussion anstoßen über „die zukünftige Gestaltung der Parodontitistherapie im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung“. Den gesetzlich Versicherten soll eine „dem Stand der Wissenschaft entsprechende Therapie“ angeboten werden. Das Thema wird derzeit im Unterausschuss Zahnärzte des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bearbeitet. Bis zur endgültigen Umsetzung und Implementierung in den Praxen wird es allerdings noch dauern, da neben der Erarbeitung von Richtlinien auch noch die konkrete Leistungsbeschreibung sowie die Finanzierung und mögliche Bonussysteme für Patienten diskutiert werden müssen. Info » guido.reiter@kzvbw.de Das vollständige PAR-Versorgungskonzept finden Sie auf der Website der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung: einfach QR-Code scannen! Link: https:// https:// www.kzbv.de/ kzbv-bzaekdgparo-parkonzept-2017. download.70e9 dbf2b4a910436 59b4511816cd0 6c.pdf ZBW 10/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Politik 25 Brüssel EU-weite Nutzenbewertung geplant Die Europäische Kommission will die Nutzenbewertung von Arzneimitteln und Gesundheitstechnologien vereinheitlichen. Preisbildung und Erstattungsregelungen müssten dann auf Basis dieser Bewertungen erfolgen, nationale Besonderheiten fielen unter den Tisch. Am 31. Januar 2018 hat die EU- Kommission einen Gesetzentwurf vorgelegt, in welchem sie ein einheitliches europäisches Verfahren für die Nutzenbewertung von Arzneimitteln und bestimmten Medizinprodukten vorgibt. Bisher beschränkt sich die Kooperation auf europäischer Ebene auf eine freiwillige Zusammenarbeit der nationalen, für die Gesundheitstechnologiebewertung (Health Technology Assessment, HTA) zuständigen Gremien. So wurden bisher Leitlinien für gemeinsame Bewertungsmethoden ausgearbeitet, gemeinsame klinische Bewertungen erprobt und durchgeführt und auch gemeinsame HTA-Berichte erstellt. Im Hinblick auf die Ergebnisse der Bewertung konnten die Mitgliedstaaten bisher aber frei entscheiden, ob sie diese übernehmen oder parallel eigene Bewertungen durchführen. Dies soll sich nach dem Willen der EU-Kommission zukünftig ändern. Die bisherige freiwillige Zusammenarbeit führt aus Sicht der Kommission zu einer Reihe von Prob- lemen. So unterliegen Entwickler von Gesundheitstechnologien, die eine Technologie in mehreren Mitgliedstaaten einführen möchten, unterschiedlichen Daten- und Nachweiserfordernissen. Moniert wird auch die Doppelarbeit für einzelstaatliche HTA-Stellen, die daraus resultiert, dass die Ergebnisse der gemeinsam durchgeführten klinischen Bewertungen nicht genutzt, sondern stattdessen zusätzlich eigene Bewertungen durchgeführt werden. Dadurch leide insgesamt die Verfügbarkeit innovativer Gesundheitstechnologien für Patienten in der EU. Verbindliche Vorgaben. Um diese Probleme zu beseitigen, will die Kommission die Zusammenarbeit bei der Nutzenbewertung verbindlich machen. Insgesamt soll diese auf vier Säulen basieren: Neben den gemeinsamen Bewertungen sollen gemeinsame wissenschaftliche Konsultationen durchgeführt werden, neue Gesundheitstechnologien identifiziert und eine freiwilli- Foto: fotolia/monropic ge Zusammenarbeit bei denjenigen Gesundheitstechnologien gefördert werden, die nicht von den einheitlichen Bewertungen abgedeckt sind. Zukünftig gemeinsam bewertet werden sollen in der EU zentral zugelassene Arzneimittel, einschließlich derjenigen Präparate, deren Zulassung um neue Indikationen erweitert werden soll. Vorgeschrieben wird das Verfahren auch für Medizinprodukte bestimmter Risikoklassen sowie In-Vitro-Diagnostika, die nach festgelegten Kriterien ausgewählt werden. Ein Kriterium ist zum Beispiel das Vorliegen einer signifikanten grenzüberschreitenden Dimension oder auch ein großer EU-weiter Mehrwert. Die Ergebnisse der Nutzenbewertung sollen für alle Mitgliedstaaten verbindlich sein. Auf Basis der Ergebnisse können diese dann die Verfahren zur Erstattung und Preisregulierung der Produkte durchführen. Eigene klinische Bewertungen der Mitgliedstaaten wären obsolet. Drei Jahre nach Inkrafttreten soll die Verordnung Geltung erlangen. In dieser Zeit soll die Kommission unter anderem die konkreten Verfahrensvorschriften für die gemeinsame Methodik und den Inhalt der Berichte über die Bewertungen festlegen. Ab Geltungsbeginn erhalten die Mitgliedstaaten eine Übergangsfrist von drei Jahren für die Umsetzung. Corina Glorius, Filip Lassahn Info Die EU-Kommission hofft, dass das Gesetzgebungsverfahren bis zu den Europawahlen im Mai 2019 abgeschlossen sein wird. Dies scheint aufgrund der Übertragung der weitreichenden Kompetenzen auf europäische Ebene sehr ambitioniert, Vertreter im Rat gehen von länger anhaltenden Diskussionen aus und rechnen mit einem Abschluss nicht vor dem Jahr 2020. Nachdruck mit freundlicher Genehmigung: KBV Klartext www.zahnaerzteblatt.de ZBW 10/2018
Laden...
Laden...
Informationszentrum Zahn- und Mundgesundheit Baden-Württemberg (IZZ)
Haus: Heßbrühlstraße 7, 70565 Stuttgart
Post: Postfach 10 24 33, 70200 Stuttgart
Telefon: 0711 222 966 0
Fax: 0711 222 966 20
presse@izzbw.de
Eine Einrichtung der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung Baden-Württemberg
& der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg
© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz