42_FORTBILDUNG ZBW_7/2022 www.zahnaerzteblatt.de Foto: AdobeStock/crevis Bei Patienten*innen mit systemischen Allgemeinerkrankungen und Risikofaktoren wird die Indikation für dentale Implantate wegen ungünstiger Prognose kontrovers diskutiert. Etwa 12 Prozent der Patienten*innen, die sich in der Praxis für Zahnmedizin vorstellen, haben mindestens einen zusätzlichen relevanten Risikofaktor 1, 2 . Neben dem Risiko für das Versagen dentaler Implantate sollten den möglichen Komplikationen aufgrund der zugrunde liegenden Erkrankung eine hohe Bedeutung beigemessen werden. Nachfolgend ist eine Übersicht über die deutschen Leitlinien zur dentalen Implantation bei medizinisch-kompromittierten Patienten*innen aufgeführt. DIABETES MELLITUS Die prothetische Rehabilitation mit dentalen Implantaten bei Patienten*innen mit Diabetes mellitus wird kontrovers diskutiert. In der Tat wurden systematische Übersichtsarbeiten bei Patient*innen mit Diabetes mellitus und dentalen Implantaten mit unterschiedlichen Schlussfolgerungen sowohl für die Osseointegration als auch für das langfristige Überleben von Implantaten durchgeführt 3-6 . Bei Patienten*innen mit einem Diabetes mellitus führen chronisch hohe Glukosespiegel im Blutkreislauf zu schwerwiegenden Komplikationen, die zahlreiche Organsysteme ein- schließlich der Mundhöhle, betreffen können 7, 8 . Folglich sind diese Patienten*innen anfälliger für sowohl systemische als auch lokalisierte Infektionen 9 . Aktuelle Studien zeigen bei Patienten*innen mit Diabetes mellitus ähnliche Überlebensraten für dentale Implantate wie bei gesunden Patienten*innen. In der S3-Leitlinie „Zahnimplantate bei Diabetes mellitus“ wurde zusammengefasst, dass die dentale Rehabilitation mit Implantaten bei Patienten*innen mit Diabetes mellitus ein sicheres und vorhersagbares Verfahren darstellt. Allerdings wird empfohlen, dass vor Behandlungsbeginn ein gut eingestellter Diabetes mellitus
ZBW_7/2022 www.zahnaerzteblatt.de 43_FORTBILDUNG lich-chirurgischen Behandlung von Patienten*innen mit vorliegen sollte 10 . Da mit einer verzögerten Osseointegration P2Y12-Antagonisten Ticagrelor ® zu rechnen ist, sollte nach Maßgabe der S3-Leitlinie die Indikation für Konzepte mit Sofortimplantation oder Sofortbelastung kritisch gestellt werden 10, 11 . Weiterhin wird die präoperative prophylaktische Single-Shot-Gabe eines Antibiotikums und die Anwendung chlorhexidinhaltiger Mundspülung empfohlen 10 . Da Patienten*innen mit Diabetes mellitus anfälliger für periimplantäre Entzündungen sind, sollte nach der Implantation eine risikoadaptierte Nachsorge erfolgen 10, 12 . kardiovaskulären Erkrankungen sollte die Therapie mit oralen Antikoagulanzien und/oder Thrombozytenaggregationshemmern und damit verbunden das Risiko für eine peri- und postoperative Blutungskomplikation berücksichtigt werden 15 . Tabelle 1 bietet einen Überblick über die Vorgehensweise bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen der S3-Leitlinie „Zahnärztliche Chirurgie unter oraler Antikoagulation/Thrombozytenaggregationshemmung“ . Insbesondere besteht bei Patienten*innen unter dualer Thrombozytenaggregationshemmung und Tripletherapie ein erhöhtes Risiko für eine Blutungskomplikation nach KARDIOVASKULÄRE ERKRANKUNGEN In keiner der bisherigen Studien konnte eine kardiovaskuläre Erkrankung als ein möglicher Risikofaktor für das Versagen der Osseointegration gezeigt werden 13 . Allerdings sollten bei der Planung von dentalen Implantaten weitere Aspekte berücksichtigt werden. Hierzu gehört die nach der Leitlinie empfohlene Prophylaxe der Endokarditis vor zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen 14 . Bei der zahnärztchirurgischen Eingriffen. Folglich sollen in Anbetracht der Konsensus-Empfehlung der S3-Leitlinie elektive zahnärztlich-chirurgische Eingriffe erst nach Beendigung der dualen Thrombozytenaggregationshemmung und Tripletherapie stattfinden 16 . Zur Beurteilung des perioperativen kardiovaskulären Risikos bei kardial vorerkrankten Patienten*innen kann die Belastbarkeit herangezogen werden sowie eine möglichst stressfreie Behandlung 17, 18 . Substanz Handelsname Geringes Blutungsrisiko im komprimierbaren Bereich Hohes Blutungsrisiko Indirekte orale Antikoagulanzien Phenprocoumon Warfarin Marcumar ® Falithron ® Coumadin ® Therapie mit Cumarinen kann fortgeführt werden Eingriff sollte durch Spezialisten/Fachkliniken ggf. auch stationär erfolgen 24 – 28 h vor dem Eingriff Bestimmung des INR-Wertes 1) Direkte orale Antikoagulanzien (NOAK) Dabigatran Pradaxa ® Einnahme kann fortgeführt oder für einen Tag unterbrochen Elektiv: Eingriff sollte nicht früher als Rivaroxaban Apixaban Xarelto ® Eliquis ® werden Einnahme sollte fortgeführt 12 – 24 h nach der letzten Einnahme erfolgen Dringlich: Eingriffe mit kürzer als 12 – 24 h nach der letzten Einnahme sollten 2) Edoxaban Lixiana ® werden a) verschoben oder b) durch Spezialisten/ Fachkliniken durchgeführt werden Orale Thrombozytenaggregationshemmer Acetylsalicylsäure Aspirin ® , ASS ® Monotherapie mit ASS sollte fortgeführt werden Thienopyridine Clopidogrel ® Eingriff sollte durch Monotherapie sollte Thienopyridine Prasugrel ® Spezialisten/Fachkliniken fortgeführt werden erfolgen 1) International Normalized Ratio (INR) 2) Bei Niereninsuffizienz sollte bei der Einnahme von Dabigatran ein längerer Zeitabstand eingehalten werden Antikoagulanzien. Empfohlene Vorgehensweise bei zahnärztlich-chirurgischen Eingriffen mit geringem und hohem Blutungsrisiko unter Antikoagulation/ Thrombozytenaggregationshemmung (Tabelle 1).
Laden...
Laden...
Informationszentrum Zahn- und Mundgesundheit Baden-Württemberg (IZZ)
Haus: Heßbrühlstraße 7, 70565 Stuttgart
Post: Postfach 10 24 33, 70200 Stuttgart
Telefon: 0711 222 966 0
Fax: 0711 222 966 20
presse@izzbw.de
Eine Einrichtung der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung Baden-Württemberg
& der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg
© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz