18_TITELTHEMA www.zahnaerzteblatt.de Verfügung und welche Aktivitäten? FREIBURG Seit dem Sommersemester 2017 bietet die zahnmedizinische Fachschaft der Albert-Ludwigs-Universität ein Patenprogramm für die neuen Erstsemester an. Dabei werden nicht nur kostbare Informationen ausgetauscht, sondern auch Materialien und Lehrbücher von Semester zu Semester weitergegeben. Zudem hat die Fachschaft iPads angeschafft, die Studierende für die prothetischen Kurse ausleihen können, um den Papierverbrauch im Lernalltag zu reduzieren. Im Rahmen des Projekts „Vorklinik kofferfrei“ erhalten Studierende für die Vorklinischen Kurse von der Fachschaft u. a. Grundbesteck, Modelle OK/UK (ohne Zähne und Schleimhaut), eine Gesichtsmaske mit Ohren, Parodontalsonde mit Millimetereinteilung, Skalpellgriff, Zementspatel usw. zur Verfügung gestellt. Der erneute Verleih in jedem Semester ist für die Studierenden nicht nur eine finanzielle Erleichterung, sondern auch ein Schritt in Richtung Materialeinsparung und Wiederverwendung statt Neuanschaffung. Aktionen wie Bücher- und Materialtauschflohmärkte dienen ebenfalls dazu, Dinge eher zu recyceln, als neu zu kaufen. In der Uniklinik wird zudem Wasser an offiziellen Spendern angeboten, sodass Studierende ihre eigenen Flaschen füllen können und Plastikmüll reduziert wird. Aus dem allgemeinen Klimaschutzkonzept der Universität geht außerdem hervor, dass seit 2013 von der Universität Emissionszertifikate für Strom, zertifiziert vom TÜV Süd, beschafft wurden. Unter Berücksichtigung dieser Zertifikate sind die CO2-Emissionen 2020, bezogen auf das Jahr 1990, um 63 Prozent gesunken. Weiterhin wurde die Universität 2021 mit dem MobilSiegel für die Förderung nachhaltiger Mobilität ausgezeichnet. Laut aktuellem Umweltbericht der Universität bestehen bereits 93 Prozent der Zellstoffartikel aus Altpapier. Weiterhin gibt es seit dem Wintersemester 2021/2022 das Zertifikat Nachhaltigkeit, ein Lehrangebot für alle Studierenden der Universität Freiburg. HEIDELBERG Das Studium der Zahnmedizin ist prinzipiell ressourcenaufwendig, doch die Universität Heidelberg unternimmt in Zusammenarbeit mit dem Universitätsklinikum große Anstrengungen, nachhaltig zu arbeiten. Neue Technologien wie intraorale Scans, Präparationsübungen an Simulatoren mit haptischem Feedback oder 3D-Druckverfahren bei der Herstellung von Restaurationen führen zur Reduktion der Arbeitsschritte und Abformwerkstoffe bzw. Kunststoffe; Verpackung und Verarbeitungsgeräte werden somit deutlich reduziert. In den zahnmedizinischen Kursen wird mit weitgehend geschlossenen Materialkreisläufen gearbeitet. Das bedeutet, dass zahnärztliches Instrumentarium, das für die vorklinische Ausbildung benötigt wird, an die nächsten Jahrgänge weitergegeben wird. Durch den pfleglichen und personenbezogenen Umgang werden mittels dieses Prinzips Umlaufzeiten von vielen Jahren erreicht. Nicht zuletzt werden alle Kurse elektronisch unterstützt mittels der in Heidelberg eigens entwickelten App “HeiCheck” auf geleasten IPads – somit entfällt der hohe Papieraufwand für Lehrmaterial und Leistungsdokumentation. Auch die Patientenakte wird in den klinischen Kursen gerade auf ein elektronisches System umgestellt. Auf der Ebene der Universität ist die Ruprecht-Karls-Universität mit dem Heidelberg Center for the Environment (HCE), das umweltwissenschaftliche Aktivitäten in Forschung, Lehre und wissenschaftlicher Kommunikation disziplinenübergreifend in einem Zentrum bündelt, Vorreiter in Baden- Württemberg. Darüber hinaus verfügt die Universität über das einzige Institut für Umweltphysik in Baden-Württemberg. Die Universität bezieht seit dem 1. Januar 2017 zu 100 Prozent Ökostrom. RESONANZ Was hinsichtlich der Zahnmedizin an den baden-württembergischen Universitäten in Ulm und Tübingen geschieht, können wir bedauerlicherweise nicht abbilden, denn leider kam von den zahnmedizinischen Fachschaften aus Ulm und Tübingen keine Rückmeldung, und das, obwohl wir mehrfach und über verschiedene Kanäle versucht haben, die Ansprechpartner*innen zu erreichen. Nachstehend können Sie nachlesen, was wir hinsichtlich Nachhaltigkeit an den einzelnen Universitäten herausgefunden haben. TÜBINGEN An der Eberhard Karls Universität gibt es ein Kompetenzzentrum für nachhaltige Entwicklung. Es wurde speziell für die Einhaltung und Stärkung der hochschulinternen nachhaltigen Entwicklung, die in Forschung, Lehre und Betrieb erfolgen soll, gegründet. Jährlich werden zwei bis drei Abschlussarbeiten, die sich mit der nachhaltigen Entwicklung auf wissenschaftlicher Basis befassen, mit dem Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet. Alle Erstsemester sind noch vor der Einführungswoche im Wintersemester dazu eingeladen, sich auf einer mehrtägigen Akademie, der Week of Links, zu Themen nachhaltiger Entwicklung zu informieren und auszutauschen. Außerdem ist das Druckerpapier der Universität aus recyceltem Papier und die Raumtemperatur wird regelmäßig abgesenkt. ULM Seit dem Wintersemester 2015/16 wird mit dem Studiengang „Nachhaltige Unternehmensführung“ ein Masterprogramm mit rund 40 Studienplätzen angeboten, das neben einer klassischen ökonomischen Ausbildung einen Fokus auf Nachhaltigkeits-Management legt. Seit 2010 gibt es an der Uni Ulm zudem die Hochschulgruppe Nachhaltigkeit. Hier kommen Studierende nahezu aller Fachrichtungen, aber auch wissenschaftliche Mitarbeiter*innen und andere Interessierte zusammen. Cornelia Schwarz
ZBW_7/2022 www.zahnaerzteblatt.de 19_TITELTHEMA NACHHALTIG BIS 2030? oder die Luxuslimousinen eines Stuttgarter Automobilherstellers als nachhaltig bezeichnet – selbst die Fußball-Bundesliga möchte grüner werden. Dabei geht es bei Nachhaltigkeit um viel mehr als Produktplatzierung und Umweltschutz. Unsere Welt ist vernetzt und komplex wie nie zuvor. Herausforderungen wie der Klimawandel, das Artensterben oder der Verbrauch von Ressourcen können von einzelnen Akteuren nicht erfolgreich bewältigt werden. Dadurch sind weltweit auch Frieden und Wohlergehen dauerhaft gefährdet. Abbildung: unric.org Anspruchsvoll. Die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung der UN sollen bis 2030 umgesetzt werden. Um die komplexen Herausforderungen gemeinsam zu bewältigen, einigten sich die 193 Mitgliedsstaaten der UN im Jahr 2015 auf die sogenannte Agenda 2030 mit definierten Zielen für eine nachhaltige Entwicklung. Diese sollen von Regierungen, Wissenschaft und Wirtschaft umgesetzt werden – sowie durch jede Einzelne und jeden Einzelnen. Und obwohl es vielen nicht bewusst ist, tragen auch Zahnärztinnen und Zahnärzte zur Erreichung dieser Ziele bei, insbesondere zum dritten Ziel „Gesundheit und Wohlergehen“. 17 NACHHALTIGKEITSZIELE Die UN legte mit insgesamt 17 Nachhaltigkeitszielen (englisch: SDGs = Sustainable Developmental Goals) einen globalen Plan zur Förderung des nachhaltigen Friedens und Wohlstands sowie zum Schutz unseres Planeten vor. Die 17 Ziele geben vor, wo weltweit besonderer Förderbedarf besteht. Angestrebt werden beispielsweise „Keine Armut“, „Hochwertige Bildung“ oder „Nachhaltige Städte und Gemeinden“. Seit 2016 überführen die Mitgliedsländer der UN diese gemeinsame Vision in ihre nationalen Entwicklungspläne. Die Ergebnisse dokumentieren die UN seitdem jährlich in ihren SDG-Jahresberichten. ZIELE FÜR DEUTSCHLAND Im Januar 2017 verabschiedete die Bundesregierung ihre Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, die sie im Jahr 2021 durch eine Fortschreibung konkretisierte. Durch konsequentes Handeln auf allen Ebenen – von international bis kommunal – sollen bis 2030 die 17 UN- Ziele erreicht werden: eine ambitionierte Aufgabe mit noch unsicherem Ausgang. Zwar genießen wir in Deutschland einen hohen Lebensstandard – aber vielleicht trägt gerade dieser Umstand dazu bei, dass wir Themen aus den Augen verlieren, die in anderen Regionen der Erde lebenswichtig sind. Denn wir reduzieren Nachhaltigkeit oft „nur“ auf den Klimaschutz – dabei geht es doch eigentlich um die globale Perspektive. NACHHALTIGE GESUNDHEIT Mit ihrer täglichen Arbeit fördern und erhalten Zahnärztinnen und Zahnärzte die Mundgesundheit ihrer Patientinnen und Patienten. Sie unterstützen damit direkt das dritte Ziel der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie „SDG 3. Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters gewährleisten und ihr Wohlergehen fördern“. Darüber hinaus sind sie meist auch präventiv tätig und wirken so positiv auf die Raucherquote von Jugendlichen und Erwachsenen oder auf die Adipositasquote von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ein. Der alle zwei Jahre erscheinende Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamtes zeigt, wie sich diese Quoten entwickeln, was wiederum in der Nachhaltigkeitsstrategie dokumentiert wird. Aber natürlich tragen Zahnärztinnen und Zahnärzte auch mit ihrem „klassischen“ klimapositiven Engagement dazu bei, die UN-Ziele zu erreichen. Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie fordert mit SDG 13 „umgehend Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen“ zu ergreifen. Viel Zeit bleibt bis 2030 allerdings nicht mehr. Kerstin Sigle INFO Die SDG-Jahresberichte (deutsch) der Vereinten Nationen finden Sie hier: https://bit. ly/3tbGXqN Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie zum Download finden Sie hier: https:// bit.ly/3taUTBH
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