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Mundgesundheit im Wandel der Zeit

Ausgabe 11/2016

24 Fortbildung

24 Fortbildung Periostale Präfabrikation von vaskularisiertem Knochenersatzmaterial Die BoneBox als Bioreaktor Die Rekonstruktion und prothetische Rehabilitation von Patienten mit ausgedehnten knöchernen Defekten des Ober- und Unterkiefers sind nach wie vor eine klinische Herausforderung. Tissue Engineering auf Basis individuell gefertigter Knochenersatzmaterialien stellt heute eine potenzielle Alternative zum Goldstandard autologer Knochentransplantate dar. Dennoch zählt die initiale Neovaskularisation nach wie vor zu den wichtigsten limitierenden Faktoren dieser Implantate. Goldstandard bei der Behandlung und Rekonstruktion knöcherner Defekte in der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sind nach wie vor autologe Knochentransplantate verschiedener intra- und extraoraler Spenderlokalisationen. Bei großen Kontinuitätsdefekten des Ober- oder Unterkiefers werden vorwiegend mikrovaskuläre Transplantate vom Beckenkamm, Skapula oder Fibula erfolgreich eingesetzt. 1,2 Zur Defektrekonstruktion kleiner bis mittlerer knöcherner Defekte mit ausreichender Weichgewebedeckung sowie bei der Augmentation des extrem atrophierten Alveolarfortsatzes sind retromolare Knochenblöcke und avaskuläre Knochentransplantate vom anterioren Beckenkamm häufig eingesetzte Verfahren. 1,3 Ein Vorteil autologer Beckenkammtransplantate ist die in klinischen Studien gezeigte überlegene Rehabilitation der Kau- und Schluckfunktion nach autologer Beckenkammtransplantation. 4 Allen Methoden gemeinsam ist neben der limitierten Verfügbarkeit des Spenderknochens ein zweiter Operationssitus mit den in der Literatur beschriebenen Komplikationsmöglichkeiten wie Nervenverletzung, Schmerzen, Wund- Abb. 1a Abb. 1b CAD/CAM-BoneBox. Dreidimensionale technische Zeichnung (Abb. 1a), BoneBox fixiert auf der medialen Femurkondyle (Abb. 1b). Abb. 2a Abb. 2b Abb. 2c Abb. 2d Step-By-Step Implantation der BoneBox. Heben eines gestielten Periostlappens der medialen Femurkondyle. Ossäre Fixierung der BoneBox mit zwei Mini-Schrauben (Abb. 2a). Insertion des -TCP-Scaffolds (Abb. 2b, Abb. 2c) und Annaht des Periostlappens an den Oberrand der BoneBox (Abb. 2d). ZBW 11/2016 www.zahnaerzteblatt.de

Fortbildung 25 Abb. 3a Abb. 3b Kontrolle. Die BoneBox zeigte eine hoch reaktive Bioreaktorkapazität mit basaler Knochenneubildung selbst ohne -TCP- Scaffold. [3D Rekonstruktion (Abb. 3a) axiale Schicht (Abb. 3b)]. Fluorochrome-Markierung (Calcein Green und Xylenol Orange). Von der Kompakta ausgehende frühe (4 Wochen) und späte (8 Wochen) Knochenneubildung (Abb. 4). heilungsstörung, funktionellen Einschränkungen und Fraktur des Spenderknochens. 5 Therapieansätze. Auf der Suche nach neuen Therapieansätzen zur Vermeidung der Hebestellenmorbidität lag der wissenschaftliche Fokus in den vergangenen Jahren auf der Entwicklung alternativer Behandlungskonzepte der regenerativen Medizin und des Tissue Engineering. Hierzu wurden verschiedene Therapieansätze basierend auf Wachstumsfaktoren, Progenitorzellen, vorgefertigten Stützstrukturen (Scaffolds) und deren Kombination entwickelt. 6-8 Tissue Engineering. Auf diesem Gebiet hat die Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie von Professor Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen eine lange Tradition und Vorreiterrolle. Bereits 2003 gelang in der Abteilung die erfolgreiche klinische Anwendung von Bone Tissue Engineering auf Basis periostaler Zellen zur Knochendefektheilung im Bereich der Kieferchirurgie. 9 Weiterführende klinische Studien der Arbeitsgruppe konnten nachweisen, dass die Anwendung autologer mesenchymaler Stammzellen in Kombination mit geeigneten Knochenersatzmaterialien die Knochenneubildung anregen können. 10 Das Team um Dr. Dr. Fabian Duttenhoefer zeigte, dass die Kombination dieser Zellen mit autologer Proteinmatrix, gewonnen aus körpereigenen Thrombozyten, neben der Knochenneubildung die initialen Prozesse der Neovaskularisation anregen. 11 So ist die initiale Blutversorgung eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Integration von Knochenersatzmaterialien. 12 Basierend auf diesen Erkenntnissen entwickelt die Abteilung für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie erneut zukunftsweisende Chairside-Verfahren zur intraoralen Hart- und Weichgeweberegeneration. Weiterführende Projekte. Verschiedene weiterführende Projekte, u. a. im Bereich patientenspezifischer 3D-Verfahren zur Knochenregeneration sind daraus entstanden. So entwickelte Dr. Duttenhoefer in Kollaboration mit Professor Dr. Götz A. Giessler (Chefarzt, Rekonstruktive, Ästhetische und Handchirurgie, Klinikum Kassel) und dem AO Research Institute in Davos eine CAD/CAM-Methode, mit der ein künstliches Trägermaterial besonders schnell mit Knochenzellen besiedelt und mit Blutgefäßen versorgt wird (BoneBox). Periostale Zellen. Das klinische Anforderungsprofil war dabei die Rekonstruktion und prothetische Rehabilitation ausgedehnter Alveolarfortsatzatrophien, die nach wie vor eine große Herausforderung darstellen. Verschiedenste Knochenersatzmaterialien bieten heute potentielle Alternativen zum Goldstandard autologer und allogener Knochentransplantate. Indes sind die initiale Neovaskularisation sowie langfristige, stabile, vertikale Knochenverhältnisse die limitierenden Faktoren dieser Materialien. Frühere Arbeiten der Abteilung konnten nachweisen, dass körpereigene periostale Zellen ein hohes regeneratives Potenzial besitzen. Diese in der des Periosts lokalisierten Zellen können in der natürlichen Knochenbruchheilung die Gefäßeinsprossung in die Defektzone orchestrieren www.zahnaerzteblatt.de ZBW 11/2016

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