32 Fortbildung und der Art und Konzentration des in der Kompositpaste enthaltenen Photoinitiators [33]. Dickere Kompositschichten führten mit den bis vor der Einführung der Bulk-Fill- Komposite verfügbaren Materialien zu einer ungenügenden Polymerisation des Kompositwerkstoffs und somit zu schlechteren mechanischen und biologischen Eigenschaften [34-36]. Mit der Schichttechnik lässt sich zudem durch eine günstige dreidimensionale Ausformung der Einzelinkremente in der Kavität ein niedrigerer C-Faktor („Configuration Factor“ = Verhältnis der gebondeten zu freien Kompositoberflächen) realisieren [37]. Somit können durch möglichst viele frei schrumpfende Kompositoberflächen der materialimmanente polymerisationsbedinge Schrumpfungsstress und dessen negative Auswirkungen auf die Restauration – wie Ablösung des Komposits von den Kavitätenwänden, Randspaltbildung, Randverfärbungen, Sekundärkaries, Höckerdeflexionen, Rissbildung in den Zahnhöckern, Schmelzfrakturen und Hypersensibilitäten – minimiert werden (Abb. 2a bis 2i) [34, 37]. Bulk-Fill-Technik. Die vorgenannte klassische Schichttechnik mit 2 mm dicken Kompositinkrementen ist vor allem bei großvolumigen Seitenzahnkavitäten ein zeitaufwendiges und techniksensitives Vorgehen, das aus betriebswirtschaftlicher Sicht eines entsprechend kostendeckenden Honoraransatzes bedarf [1, 38, 39]. Deshalb äußern viele Behandler den Wunsch nach einer Alternative zu dieser komplexen Mehrschichttechnik, um Komposite zeitsparender – somit wirtschaftlicher – und gleichzeitig einfacher bzw. mit größerer Anwendungssicherheit verarbeiten zu können [40-43]. Hierfür wurden in den vergangenen Jahren die Bulk-Fill-Komposite entwickelt, die bei entsprechend hoher Lichtintensität der Polymerisationslampe in einer vereinfachten Applikationstechnik in Schichten von 4 mm bis 5 mm Dicke, mit kurzen Inkrementhärtungszeiten von 10 s bis 20 s, schneller in die Kavität appliziert werden können [33, 41, 44-47]. Die Bulk-Fill-Komposite werden von der Industrie in zwei Varianten angeboten: Niedrigvisköse fließfähige Bulk-Fill-Komposite (Abb. 3a bis 3i), die an der Oberfläche von einer zusätzlichen 2 mm starken Deckschicht aus einem seitenzahntauglichen Hybridkomposit geschützt werden müssen [1, 48, 49], da ihr reduzierter Füllkörperanteil und die vergleichsweise großen Füllkörper für einen geringen Polymerisationsstress optimiert sind. Dies resultiert allerdings im Vergleich zu traditionellen Hybridkompositen in schlechteren mechanischen und ästhetischen Eigenschaften wie einem geringeren E-Modul, einer höheren Abrasionsanfälligkeit, Abb. 3a Abb. 3b Abb. 3c Fließfähige Bulk-Fill-Komposite. Ausgangssituation: insuffiziente Kompositfüllungen im Oberkieferseitenzahnbereich (Abb. 3a). Situation nach dem Entfernen der alten Füllungen, Exkavation, Präparation und Applikation von Kofferdam (Abb. 3b). Abgrenzung der Kavitäten in beiden Prämolaren mit Metallmatrizen und Holzkeilen und adhäsive Vorbehandlung mit einem selbstätzenden Adhäsiv (Abb. 3c). Abb. 3d Abb. 3e Abb. 3f Ein fließfähiges Bulk-Fill-Komposit wird in einer 4-mm-Schicht in beide Kavitäten eingebracht und anschließend lichtgehärtet (Abb. 3d). Applikation eines seitenzahntauglichen Komposits zum Aufbau der Okklusalflächen (Abb. 3e). Vervollständigte Restaurationen nach der Lichtpolymerisation vor dem Ausarbeiten (Abb. 3f). Abb. 3g Abb. 3h Abb. 3i Analoge Vorgehensweise am ersten Molaren. Nach der adhäsiven Haftvermittlung wird ein fließfähiges Bulk-Fill-Komposit in einer 4-mm-Schicht in die Kavität eingebracht und polymerisiert (Abb. 3g). Applikation eines seitenzahntauglichen Komposits zum Aufbau der Okklusalfläche (Abb. 3h). Endsituation: Die direkten Kompositrestaurationen zeigen eine gute Einpassung in die umgebende Zahnhartsubstanz. Zahnformen und Ästhetik konnten wiederhergestellt werden (Abb. 3i). ZBW 6/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 33 Abb. 4a Abb. 4b Abb. 4c Modellierbare Bulk-Fill-Komposite. Ausgangssituation: alte Amalgamfüllungen in einem ersten Oberkiefermolaren (Abb. 4a). Situation nach dem Entfernen der alten Restaurationen (Abb. 4b). Isolation des Behandlungsgebietes mit Kofferdam nach Exkavation und Präparation und Abgrenzung der approximalen Extensionen mit vorkonturierten, metallenen Teilmatrizen (Abb. 4c). Abb. 4d Abb. 4e Abb. 4f Applikation eines selbstätzenden Haftvermittlers auf Schmelz und Dentin (Abb. 4d). Vollständige Rekonstruktion der beiden Approximalflächen bis zur Randleistenhöhe und Anheben der Kastenböden auf Isthmusniveau mit einem hochviskösen modellierbaren Bulk-Fill-Komposit (Abb. 4e). Mit dem abschließenden 4 mm dicken Bulk-Fill-Kompositinkrement wird die okklusale Anatomie ausgeformt (Abb. 4f). Abb. 4g Abb. 4h Abb. 4i Auffüllen des Defekts an der palatinalen Fläche (Abb. 4g). Prüfung der dynamischen (rot) und statischen (schwarz) Okklusion nach dem Ausarbeiten der Füllungen (Abb. 4h). In der Kontrollsitzung nach einer Woche zeigt die Bulk-Fill-Kompositrestauration eine gute Einpassung in die umgebende Zahnhartsubstanz (Abb. 4i). einer größeren Oberflächenrauigkeit sowie einer schlechteren Polierbarkeit [33, 50-54]. Darüber hinaus dient die Deckschicht zur Ausgestaltung einer funktionellen okklusalen Konturierung, die mit einer fließfähigen Konsistenz kaum oder nur sehr schwierig zu gestalten wäre. Normal- bis hochvisköse, standfeste, modellierbare Bulk-Fill-Komposite (Abb. 4a bis 4i), die bis an die okklusale Oberfläche reichen können und keine schützende Deckschicht und somit kein zusätzliches Kompositmaterial benötigen. Bulk-Fill-Komposite in beiden Viskositätsvarianten erlauben aufgrund optimierter Durchhärtungstiefen und einem reduzierten Polymerisationsschrumpfungsstress im Vergleich zu konventionellen Kompositen erhöhte Schichtstärken von max. 4 bis 5 mm. Dies bedeutet, dass lediglich die hochviskösen Vertreter in einer Kavitätentiefe, die maximal der Durchhärtungstiefe des Materials entspricht, als wahre Bulk-Fill-Materialen angesehen werden können. Liegen tiefere Defekte vor oder werden die fließfähigen Varianten eingesetzt, so erfordert dies immer eine zusätzliche Schicht. Ormocere. Die meisten Komposite für direkte Restaurationen enthalten auf der klassischen Metha crylatchemie basierende organische Monomermatrizes [55]. Alternative Ansätze hierzu existieren in der Silorantechnologie [56-61] und der Ormocerchemie [15, 62-68]. Bei den Ormoceren („organically modified ceramics“) handelt es sich um organisch modifizierte, nichtmetallische anorganische Verbundwerkstoffe [15, 62-69]. Ormocere besitzen sowohl ein anorganisches als auch ein organisches Netzwerk, sie können somit hinsichtlich ihrer Materialklasse zwischen anorganischen und organischen Polymeren eingeordnet werden [67, 70-72]. Diese Materialgruppe wurde vom Fraunhofer-Institut für Silikatforschung, Würzburg, entwickelt und in Zusammenarbeit mit Partnern in der Dentalindustrie im Jahre 1998 erstmals als zahnärztliches Füllungsmaterial vermarktet [64, 65]. Seither hat für diesen Anwendungsbereich eine deutliche Weiterentwicklung der ormocerbasierten Komposite stattgefunden. Bei der ersten Generation von zahnmedizinischen Ormoceren wurden der Matrix zur Einstellung der Viskosität und somit zur besseren Verarbeitbarkeit durch den Behandler noch zusätzliche Methacrylate zur reinen Ormocerchemie www.zahnaerzteblatt.de ZBW 6/2018
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