30 Fortbildung Aktuelle Aspekte zur Adhäsivtechnik – Teil 1 Direkte Komposite im Seitenzahnbereich Restaurationen aus direkten Kompositen gehören im Seitenzahnbereich heutzutage zum Standard im Therapiespektrum der modernen konservierend-restaurativen Zahnheilkunde. Diese Füllungsart ist sowohl bei den Patienten als auch bei den Behandlern sehr beliebt und hat mittlerweile in vielen klinischen Studien ihre Leistungsfähigkeit auch im kaulasttragenden Seitenzahnbereich unter Beweis gestellt. Direkte Kompositrestaurationen sind sehr erfolgreich in der Behandlung von Defekten im Seitenzahnbereich [1]. Allerdings müssen hierfür grundlegende Regeln der Adhäsivtechnik beachtet werden. Zu diesen zählen z. B. eine sorgfältige Einhaltung des Adhäsivprotokolls, die Organisation eines kontaminationsfreien Arbeitsfeldes, die Inkrementtechnik mit Beachtung der Durchhärtungs tiefe der einzelnen Schichten des jeweiligen Komposits, eine ausreichende Lichtpolymerisation und eine sorgfältige Ausarbeitung und Politur [2]. Generell weisen adhäsive Restaurationen eine hohe Techniksensitivität auf [1]. Das gleiche Material zeigt bei unterschiedlichen Behandlern oft hochsignifikante Unterschiede in der Erfolgsbilanz [3, 4]. Im kaulasttragenden Seitenzahnbereich werden Kompositfüllungen mittlerweile seit über drei Jahrzehnten als ästhetische Alternative zu metallischen Restaurationen eingesetzt [5]. Besonders im vergangenen Jahrzehnt stieg diese Entwicklung kontinuierlich an. Erste klinische Daten, die zu Beginn der 1980er-Jahre zur Anwendung von Kompositen im Seitenzahnbereich erhoben wurden, waren vor allem aufgrund ungenügender mechanischer Eigenschaften der zu dieser Zeit verfügbaren Werkstoffe nicht ermutigend. Die geringe Abrasionsbeständigkeit der damaligen Kompositmaterialien führte in kurzer Zeit zum Verlust der Füllungskonturen. Frakturen, Randeinbrüche, Randundichtigkeiten mit Verfärbungen bzw. Sekundärkaries und Hypersensibilitäten als Folge der Polymerisationsschrumpfung waren weitere Gründe, welche die Lebensdauer der Füllungen limitierten [2, 6-11]. Diese Unzulänglichkeiten wurden durch die Weiterentwicklungen im Materialsektor der Komposite und der Adhäsivsysteme in den letzten Jahren erheblich reduziert [12- 14]. Allerdings stellen die negativen Auswirkungen der Polymerisationsschrumpfung – wie im Einzelfall eine ungenügende Haftung an den Kavitätenwänden, eine mangelnde Randdichtigkeit oder Höckerdeflexionen – immer noch das größte Problem der kompositbasierten Werkstoffe dar [15]. Frakturen des Füllungskörpers und eine zu starke Abrasionsanfälligkeit stellen heute bei Kompositrestaurationen im Regelfall aber kein Problem mehr dar. Wenn sie im Einzelfall dennoch auftreten, können sie oft auf eine ungenügende Aushärtung des Werkstoffs zurückgeführt werden. Diese kann aber nicht den Kompositen und der direkten Füllungstechnologie angelastet werden, sondern sie ist vielmehr das Resultat einer ungenügenden Polymerisationstechnik oder einer mangelnden Aufmerksamkeit des Behandlungsteams [16-24]. Abb. 1a Abb. 1b Abb. 1c Abb. 1d Plastische Komposite. Ausgangssituation: mehrere alte Amalgamfüllungen im Oberkieferseitenzahnbereich. Die Patientin wünschte den Austausch gegen zahnfarbene Kompositrestaurationen (Abb. 1a). Situation nach vorsichtiger Entfernung der alten Restaurationen (Abb. 1b). Nach Fertigstellung der Kavitäten wurde das Seitenzahnareal durch das Anlegen von Kofferdam isoliert (Abb. 1c). Endsituation: Sämtliche Kavitäten wurden mit direkten Kompositrestaurationen in der Schichttechnik versorgt (Abb. 1d). ZBW 6/2018 www.zahnaerzteblatt.de
Fortbildung 31 Abb. 2a Abb. 2b Abb. 2c Schichttechnik. Ausgangssituation: alte Amalgamfüllung in einem ersten Oberkiefermolaren (Abb. 2a). Zustand nach vorsichtiger Entfernung der alten Füllung (Abb. 2b). Nach dem Exkavieren wurde der Zahn mit Kofferdam gegen die Mundhöhle abgegrenzt (Abb. 2c). Abb. 2d Abb. 2e Abb. 2f Applikation eines selbstätzenden Haftvermittlers mit einem Minibürstchen auf Schmelz und Dentin (Abb. 2d). Erstes horizontales Inkrement mit einem Hybridkomposit. Anschließend folgt die Lichtpolymerisation (Abb. 2e). Mit dem zweiten Inkrement wird der mesiopalatinale Höcker modelliert und nachfolgend polymerisiert (Abb. 2f). Abb. 2g Abb. 2h Abb. 2i Mit dem dritten und vierten Inkrement werden die restlichen Anteile der Kaufläche fertig modelliert (Abb. 2g). Abschließende Lichthärtung (Abb. 2h). Endsituation nach Ausarbeitung und Politur. Zahnform und Ästhetik konnten erfolgreich wiederhergestellt werden (Abb. 2i). Direkte Kompositrestaurationen haben sich in den letzten Jahren immer mehr zu einem unverzichtbaren Bestandteil im Therapiespektrum der modernen konservierend-restaurativen Zahnheilkunde entwickelt [25]. Sie werden unter anderem wegen des breiten Anwendungsspektrums, der Schonung der Zahnhartsubstanz durch eine defektorientierte Kavitätengestaltung, der adhäsiven Stabilisierung geschwächter Zahnstrukturen sowie des im Vergleich zu indirekten Restaurationsalternativen (Inlays, Teilkronen, Kronen) preiswerteren und zeitsparenderen Verfahrens eingesetzt [11, 26, 27]. Kompositrestaurationen sind außerdem bei Bedarf auch einfach in der Mundhöhle zu reparieren [28-30]. Die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) zu Kompositrestaurationen im Seitenzahnbereich aus dem Jahr 2016 (S1-Handlungsempfehlung; AWMF-Registernr.: 083-028), verabschiedet durch die Vorstände der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde (DGZMK), der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) und der Deutschen Gesellschaft für Restaurative und Regenerative Zahnerhaltung (DGR 2 Z), fasst das aktuelle, wissenschaftlich abgesicherte Einsatzspektrum direkter Komposite und auch deren Kontraindikationen zusammen [1]. Aufgrund des weltweit zu verzeichnenden Rückgangs des Einsatzes von Amalgam und der immer noch stetig steigenden Anwendung von Komposit ist die Materialklasse der direkten Kompositwerkstoffe prädestiniert, Amalgam in der näheren Zukunft als das am häufigsten eingesetzte Füllungsmaterial abzulösen [31] (Abb. 1a bis 1d). Innerhalb ihres Indikationsbereichs korrekt platzierte adhäsive Kompositfüllungen zeigen hervorragende klinische Überlebensraten [31] und haben sich dementsprechend einen herausragenden Platz in der restaurativen Zahnheilkunde erobert. Schichttechnik. Für lichthärtende Kompositmaterialien stellt die Verarbeitung in der inkrementellen Schichttechnik den Goldstandard dar [10, 32]. Üblicherweise erfolgt die Applikation der Komposite aufgrund ihrer Polymerisationseigenschaften und der limitierten Durchhärtungstiefe in Einzelinkrementen mit maximal 2 mm Schichtstärke. Die einzelnen Inkremente werden jeweils separat mit Belichtungszeiten von 10 s bis 40 s polymerisiert, je nach Lichtintensität der Lampe, der Farbe bzw. der Transluzenz/Opazität der entsprechenden Kompositpaste www.zahnaerzteblatt.de ZBW 6/2018
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