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Licht und Schatten für die Versorgung

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Ausgabe 4/2019

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22 Politik Abbildung: Fotolia/sunt Die Bedeutung der Europawahl im Mai Eine Schicksalswahl für Europa Ende Mai 2019 sind rund 400 Millionen Europäer zu einer echten Schlüsselwahl aufgerufen. Durch einen erneuten Erfolg der EUfeindlichen Kräfte geriete die Union, wie wir sie kennen, in eine bedrohliche Schieflage. Eine entscheidende Frage ist, ob sich proeuropäische Positionen behaupten werden oder sich die Stimmungen und Trends aus den nationalen Wahlen der jüngeren Vergangenheit bei der Wahl zum Europaparlament fortsetzen werden. Die Wahl könnte zur Abstimmung für oder gegen das europäische Projekt werden – die wichtige Aufgabe des EU-Parlaments als Kontroll- und Gesetzgebungsorgan träte in den Hintergrund. Über den möglichen Wahlausgang gibt es breite Spekulationen. „Das nächste Europäische Parlament könnte die integrationsskeptischste Versammlung seit 1979 sein. Büßen die beiden großen Parteifamilien deutlich an Stimmen ein, könnte dies das Ende der informellen Großparteienkoalition bedeuten, in der die in der Europäischen Volkspartei (EVP) vereinten konservativen Parteien mit den in der Partei europäischer Sozialisten (S&D) organisierten Sozialdemokraten Strukturen und Prozesse des Parlaments bestimmt haben“, schreibt der Leiter des Berliner Büros des Think Tanks European Council on Foreign Relations, Josef Janning. Und weiter: „Gegenwärtig repräsentieren beide 412 der 751 Sitze. Sollten sie nach den Wahlen 2019 die absolute Mehrheit der nunmehr 705 Mandate verfehlen, würden neue Koalitionen erforderlich, mit wachsendem Einfluss der kleineren Fraktionen, etwa der Liberalen oder der Grünen. Ein Machtverlust der Volksparteien brächte womöglich auch Unklarheiten über die Besetzung der künftigen Kommissionsspitze mit sich.“ Janning setzt den Europakritikern einen wichtigen Punkt entgegen: „Heute versteht sich das Parlament vor allem als Vertretung der Idee Europas gegen die partikularen Interessen der Mitgliedsstaaten; künftig könnte es vor allem als Stimme der Bürgerinnen und Bürger in der EU hervortreten sowie seine Rolle in der Kontrolle der europäischen Exekutive schärfen“, schreibt er. Die Regierungen der Mitgliedstaaten müssten die EU verteidigen gegen die Herabwürdigung der Integration als technokratischen Superstaat, als antidemokratischen Krake, der den Nationalstaaten die souveräne Handlungsfähigkeit entreißt. Denn: „In Wirklichkeit schützt die EU durch den Mehrwert geteilter Handlungsfähigkeit sowohl die Souveränität wie Identität ihrer Mitglieder.“ Europa für Zahnärzte. Doch was bedeutet die EU für den zahnärztlichen Berufsstand? In den vergangenen Jahren hat die Bedeutung der EU für die Zahnärzteschaft tatsächlich immer weiter zugenommen. Selbst wenn die Mitgliedstaaten ZBW 4/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Politik 23 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union Mit Stimmen im Rat der EU, Europaabgeordneten und Einwohnern Sitze im Parlament Einwohner 10 18 9,3 Mio. Schweden Finnland 5,3 Mio. 13 7 Stimmen im Rat 29 72 61,6 Mio. Vereinigtes Königreich 7 13 5,5 Mio. Dänemark Estland 1,3 Mio. 6 4 Lettland 2,3 Mio. 8 4 12 7 12 4,5 Mio. Irland 29 22 10,6 Mio. Portugal 12 13 72 64,1 Mio. Frankreich Spanien 25 16,5 Mio. Niederlande 22 10,7 Mio. Belgien 45,9 Mio. 12 10 50 Luxemburg Deutschland 0,5 Mio. 22 10,5 Mio. Tschechien 17 8,4 Mio. Österreich 27 29 3 82,1 Mio. 6 4 5 0,4 Mio. Malta Slowenien 72 60,1 Mio. Italien 99 29 2,1 Mio. Polen Slowakei Ungarn 7 Litauen 38,1 Mio. 5,4 Mio. 10,0 Mio. Griechenland 3,4 Mio. 50 13 Rumänien Bulgarien 11,3 Mio. 12 21,5 Mio. 7,6 Mio. 22 17 33 6 0,8 Mio. Zypern Mitgliedstaaten der EU. Die rote Zahl steht für die Stimmen der jeweiligen Staaten im Europarat. Die blaue Zahl stellt die Sitze im Europäischen Bundeszentrale Parlament für politische dar. Bei Bildung, Redaktionsschluss 2010, www.bpb.de war das Vereinigte Königreich noch Lizenz: Mitglied Creative der Commons Europäischen by-nc-nd/3.0/deUnion. 4 4 22 12 27 7 7 12 10 14 Grafik: Bundeszentrale für Politische Bildung nach Artikel 168 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union formal die Verantwortung für die Organisation und Finanzierung ihrer Gesundheitssysteme haben, ist der wachsende Einfluss Europas auf den zahnärztlichen Berufsstand nicht zu übersehen. Die Bundeszahnärztekammer hat ein umfassendes Positionspapier zur Europawahl 2019 mit dem Titel „Für eine moderne Zahnmedizin mit hoher Versorgungsqualität“ ausgearbeitet. Im Positionspapier heißt es: „Mit Sorge sehen wir, dass durch diese Entwicklung das Subsidiaritätsprinzip unterwandert wird. Zahlreiche gesundheitspolitische Initiativen der EU und insbesondere die Vorgaben des Binnenmarktes, wie beispielsweise die neue Richtlinie für einen Verhältnismäßigkeitstest, tangieren die deutschen Heilberufe immer stärker und unmittelbar. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Entwicklung in den kommenden Jahren fortsetzen wird.“ Die zahnmedizinische Versorgung nimmt bei uns in Deutschland einen Spitzenplatz ein. Und auch Baden-Württemberg selbst ist weit vorn, wie die Zahlen belegen. Im europäischen Vergleich haben die Kinder hierzulande die besten Zähne. Die Patienten profitieren von einem hohen Ausbildungsniveau der Zahnärzteschaft und einer hohen Versorgungsqualität in unserem Land. „Es muss sichergestellt sein, dass dies auch in Zukunft in einem sich wandelnden europäischen Umfeld erhalten bleibt“, heißt es in dem Schreiben der Bundeszahnärztekammer. Generell halten Beobachter die Europawahl für richtungsweisend – gerade in Zeiten des erstarkten Rechtspopulismus und der europaweit immer häufiger spürbaren Widerstände gegen ein vereintes Europa. Für viele galt der 5. März dieses Jahres als Startschuss für den Europawahlkampf, als Frankreichs Präsident Emmanuel Macron einen offenen Brief an die Europäer in Tageszeitungen aller 28 Länder hatte publizieren lassen. „Für einen Neubeginn in Europa“ hatte Macron seinen Text überschrieben. Der französische Präsident steht mit seinem Aufruf, jetzt über das Schicksal Europas zu entscheiden, nicht allein da. Im Januar sammelten sich 30 Intellektuelle um den Philosophen Bernard-Henri Lévy und warnten unter dem Label „Europäische Patrioten“ vor dem Untergang der EU. Der US-amerikanische Milliardär George Soros, der als Hassfigur vieler nationalistischer Regierungen gilt, mahnte die Europäer, endlich aufzuwachen, da der EU der Zerfall drohe, sollten die Antieuropäer die Überhand gewinnen. Das Problem: In vielen EU- Staaten könnten solch flammende Appelle gar nicht zur Bevölkerung durchdringen, denn vielerorts finden nationale Wahlen statt, die obendrein die Regierungen dazu zwingen, sich zunächst auf die Probleme innerhalb der eigenen Grenzen zu fokussieren. Neuwahlen stehen in Spanien an, wo die katalanischen Regionalparteien Premier Pedro Sánchez und seiner Minderheitsregierung die Zustimmung zum Haushalt verweigerten, weshalb es dort am 28. April an den Wahlurnen zur Sache gehen soll. Der Hintergrund könnte ironischer kaum sein – es geht um den Streit in der Katalonien-Frage. Die Kleinstaaterei einzelner befeuert die wichtige Europawahl für viele. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2019

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