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Licht und Schatten für die Versorgung

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Ausgabe 4/2019

12 Titelthema wird, hat

12 Titelthema wird, hat zum Beispiel der Bundesrechnungshof ernste Zweifel angemeldet. „Seit Inkrafttreten des Telematikgesetzes im Jahr 2005 seien die gesetzlichen Vorgaben zur Architektur nicht mehr angepasst worden, heißt es seitens des BGH“, zitiert die „Computerwoche“ in ihrer umfangreichen Analyse mit dem Titel „Die Digitalisierung im Gesundheitswesen wird zum Albtraum“. Auch fehle ein einheitlicher Rechtsrahmen für die elektronische Gesundheitsakte. Fazit: „Das BMG hat die Einführung eines elektronischen Gesundheitswesens nicht angemessen gestaltet und gesteuert.“ Den Schwarzen Peter habe man unter Minister Spahn aber schnellstens weitergereicht. Paradigmenwechsel. Eminenz statt Evidenz? Was den beabsichtigten Kompetenzzuwachs des Ministeriums betrifft, Untersuchungsund Behandlungsmethoden per Rechtsverordnung und am Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) Grenze „Tatsächlich ist Spahn dabei, die wichtige Grenze zwischen Staat und Selbstverwaltung wenn nicht zu überschreiten, so doch neu zu definieren. (…) Die Abgeordneten sollten ihn nicht gewähren lassen.“ Andreas Mihm, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 05.03.2019 Zwischenziel. Jens Spahn hat gut lachen. Mit seinem speziellen Politikstil hat er gezielte Angriffe auf die Selbstverwaltung gefahren und sich in vielen Punkten mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz durchgesetzt. Ein Zwischenziel ist erreicht, jedoch der konfliktreiche Weg noch nicht zu Ende. vorbei durchzusetzen, so wird auch hier die Grenze massiv zulasten der Selbstverwaltung verschoben. Wenn Spahn festlege, was Evidenz bedeute, „dann führt das zu eminenzbasierten Entscheidungen und beschädigt ein Grundelement unseres Systems“, sagte Martin Litsch, Vorstandsvorsitzender des AOK- Bundesverbandes, der „Ärzte Zeitung“. Der G-BA leiste Enormes, so Litsch weiter, bei allen Schwierigkeiten und auch kontroversen Diskussionen, die Zeit beanspruchen. Die ministerielle Kritik, man lasse sich bei manchen Entscheidungen viel zu viel Zeit, kann der AOK- Chef nicht nachvollziehen. Es handele sich hier um politisch-taktische Aktionen, um Druck aufzubauen und damit im Endeffekt die Verfahren zu beschleunigen. Heftig fiel die Reaktion des G-BA aus: Prof. Josef Hecken, der unparteiische Vorsitzende, sprach von einem „Weg in die Beliebigkeit“, von Patientengefährdung und einem Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. „Eine volle Breitseite“ sei damit auf Spahn abgefeuert worden, kommentierte die „Ärzte Zeitung“. Die Schärfe sei ungewöhnlich, ein solcher Konflikt werde sonst nicht so offen ausgetragen, wobei die „negativen Abstrahlungseffekte“ auch die Union tief erfasst hätten. Durch die umfassenden Erfahrungen im politischen Geschäft, über die Hecken verfügt, weiß er, was die Stunde geschlagen hat. Gegenüber der Presse gab Hecken zu bedenken, dass das BMG schon bisher eine neue Behandlungsmethode in den GKV-Leistungskatalog aufneh­ Eminenzbasiert „Wenn es jetzt politisches Geschäft wird, dass der Minister entscheidet, was Evidenz bedeutet, dann führt das zu eminenzbasierten Entscheidungen und beschädigt ein rationales Grund element unseres System.“ AOK-Vorstandsvorsitzender Martin Litsch, zitiert in der Ärzte Zeitung Online, 18.02.2019 Bewährtes System „Wir wollen das bewährte System in keiner Weise dahingehend verschlechtern, dass der Minister selbst über Kassenleistungen entscheiden kann.“ SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, zitiert in Spiegel Online, 22.02.2019 men lassen kann. Hecken: „Hätte das BMG – wie durch das Gesetz ermöglicht – vom G-BA eine Beschlussfassung innerhalb von sechs Monaten verlangt und wäre diese Frist fruchtlos verstrichen, wäre die Leistung per Gesetz Bestandteil der Regelversorgung geworden.“ Die sich hieraus ergebenden Risiken für die Gesundheit der Patientinnen und auch in rechtlicher Hinsicht „hätten allerdings von der Bundesregierung getragen werden müssen, wozu man offenkundig dann doch nicht bereit war.“ Schritte. Zum Jahresauftakt gab es den Präzedenzfall: Nach dem Vorstoß des Ministers wird die Liposuktion für Patientinnen mit Lipödem Stadium III ab dem Jahre 2020 eine (zunächst befristete) Kassenleistung. Ein paar Monate später ist mit Verabschiedung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) der Weg frei für ein „vereinfachtes Verfahren zur Foto: Shutterstock.com/photocosmos1 ZBW 4/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 13 Entmachtung. Die Gematik mit dem in die Jahre gekommenen Projekt elektronische Gesundheitskarte (eGK) und der schleppenden Einführung der Telematikinfrastruktur (TI) bot Angriffsfläche für massive Kritik. Schließlich zog der Bundesminister für Gesundheit wie geplant die Entmachtung durch Übernahme von 51 Prozent der Geschäftsanteile durch. Erprobung neuer Untersuchungsund Behandlungsmethoden“. Das bedeutet, dass Medizinproduktehersteller nun „die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung einer Erprobung selbst in Auftrag geben“ können. „Entscheiden sie sich dagegen oder lassen sie die vom G-BA gesetzte Frist verstreichen, vergibt der G-BA den Auftrag wie bisher nach einem Ausschreibungsverfahren“, erläutert das BMG auf seiner Website. Die Zuständigkeit des G-BA wird sukzessive beschnitten. Und das nächste Gesetzeswerk wartet schon: Das Implantateregistergesetz, mit dem Parallelstruktur „Selbst wenn das Ministerium vergleichbare Expertise auf den unterschiedlichen Gebieten zusammenziehen kann, die für eine wissenschaftliche Beurteilung nötig und die im G-BA bereits vorhanden ist, gilt: Eine solche Parallelstruktur wäre weder sinnvoll und zielführend.“ Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes und früher Abteilungsleiter im BMG, zitiert im Ärztenachrichtendienst, 22.02.2019 Foto: Shutterstock.com/Robert Kneschke es einen neuen Versuch geben soll, Behandlungsmethoden, die „nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin vertretbar“ seien, in den GKV-Leistungskatalog zu hieven – durch Rechtsverordnung, wenn der G-BA seine Bewertung nicht innerhalb von zwei Jahren vorlegt. Politikstil. Nicht goutiert wird Spahns spezieller Hauruck-Politikstil beispielsweise von Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes und früher BMG-Abteilungsleiter unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD). Knieps sei zwar selbst „ein nicht zimperlicher Politikgestalter“, so FAZ-Korrespondent Andreas Mihm, aber die „Gesetzgebung auf dem Flur“, die Jens Spahn betreibe, ist ihm offenbar sauer aufgestoßen. „Permanent und mit minimalen Möglichkeiten zur Stellungnahme“ würden „wesentliche praktische Änderungen in der letzten Minute“ eingebracht, so der Gesundheitsexperte. Dies sei eines parlamentarischen Rechtsstaates „unwürdig“. Beim Terminservicegesetz machte es sogar den Eindruck, als habe man den Überblick verloren. Knieps vor der Verabschiedung im Bundestag: „Es existiert keiner mehr, der genau weiß, was noch drin und was draußen ist im TSVG.“ » guido.reiter@kzvbw.de Anzeige „Danke für alles!“ 2015/1 www.sos-kinderdoerfer.de www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2019

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