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Licht und Schatten für die Versorgung

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Ausgabe 4/2019

10 Titelthema ihren

10 Titelthema ihren Spitzenorganisationen schaffen. Die Gehälter werden bis Ende 2027 eingefroren. Danach sollen sie lediglich um die Inflationsrate ansteigen können. Bewertung. Dies ist ein weiterer tiefer Eingriff in den Kernbereich der körperschaftlichen Selbstverwaltung, mit dem offensichtlichen Ziel, diese weiter zu schwächen. Es besteht die Gefahr, dass kluge und fähige Köpfe in die lukrativere Privatwirtschaft ausweichen. Mehr Kassenleistungen Der Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung wird erweitert. Dazu gehören etwa die Impfstoffversorgung, Arzneimittel zur Vorbeugung einer Infektion mit dem HI-Virus („Prä-Expositions- Prophylaxe – PrEP“) oder auch Hilfsmittel wie Windeln und Gehhilfen. Auch die Hebammenversorgung wird verbessert. Bewertung. Die zusätzlichen Leistungen sind aus Patientensicht zu begrüßen und sind angesichts der guten Finanzlage der gesetzlichen Krankenkassen derzeit auch leistbar. Maßnahmen im zahnärztlichen Bereich Degression Die Abschaffung der Punktwertdegression für vertragszahnärztliche Leistungen soll Fehlanreize hinsichtlich der Niederlassungsbereitschaft in ländlichen Räumen vermeiden. Bewertung. Diese Maßnahme ist aus Sicht der Zahnärzteschaft überfällig und beseitigt ein bestehendes Niederlassungshemmnis im Land. Kieferorthopädie Leistungen. Höhere Festzuschüsse für Zahnersatz. Bei kieferorthopädischen Leistungen wird eine Mehrkostenregelung analog zur Mehrkostenregelung bei zahnerhaltenden Maßnahmen geschaffen. Bewertung. Diese Maßnahme ist aus Sicht der Zahnärzteschaft zu begrüßen. Damit werden das Leistungsgeschehen und die Kosten für alle Beteiligten transparenter gemacht. Die Regelung trägt so zu einer Stärkung der Patientenautonomie bei. Zahnersatz Die Festzuschüsse für Zahnersatz werden ab dem 1. Oktober 2020 von 50 auf 60 Prozent der Kosten für die Regelversorgung erhöht. In begründeten Ausnahmefällen soll das einmalige Versäumen der Vorsorgeuntersuchung für die Bonusregelung bei Zahnersatz folgenlos bleiben. Bewertung. Die Maßnahme ist ein richtiger Schritt zu finanziellen Entlastung der Patienten. Vertragszahnärztliches Gutachterverfahren Mit dem TSVG wird eine Ermächtigungsgrundlage für das bundesmantelvertraglich verein barte Gutachterverfahren im vertragszahnärztlichen Bereich geschaffen. Anstelle einer gutachterlichen Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) können die gesetzlichen Krankenkassen – wie bisher – eine Überprüfung im Rahmen des vertragszahnärztlichen Gutachterverfahrens durchführen lassen. Bewertung. Diese Maßnahme ist aus Sicht der Zahnärzteschaft zu begrüßen. Die gesetzliche Verankerung des bewährten bundesmantelvertraglich vereinbarten Gutachterwesens beseitigt Rechtsunsicherheiten. Im Bereich der KZV Baden-Württemberg haben sich bereits alle Primärkrankenkassen zum vertragszahnärztlichen Gutachterwesen bekannt. Die Ersatzkassen waren bisher nicht zu einem entsprechenden Schritt bereit. » holger.simon-denoix@kzvbw.de Foto: Shutterstock.com/racorn ZBW 4/2019 www.zahnaerzteblatt.de

Titelthema 11 Spahn vs. Selbstverwaltung „Eminenzbasierte Entscheidungen“ Polit-Rebell, Provokateur, Hauruck-Minister: Jens Spahn hat im zurückliegenden Jahr wortgewaltiges Feedback erhalten, verbunden mit viel Skepsis bis hin zu harscher Kritik, öffentlich, in Parteikreisen und darüber hinaus. Die Aufmerksamkeit, die man früheren Gesundheitsministern geschenkt hat, übertrifft er um Längen. Unzählige Male ist versucht worden, diesen Politikstil auf einen plakativen Nenner zu bringen. Bei allem Getöse geht es hinter den Kulissen um handfeste Interessen, um Einfluss und Gestaltungsmacht, um persönliche Profilierung. Das Verhältnis zwischen einem Gesundheitsminister und der Gemeinsamen Selbstverwaltung ist angespannt wie selten. Ein Kommentator brachte es auf den Punkt: Spahn gehe es darum, die Grenze zwischen Staat und Selbstverwaltung neu zu ziehen. erzeugten hohe Reibungsverluste, die flächendeckende Einführung der TI werde ausgebremst. In der öffentlichen Debatte hatte man daraufhin den Eindruck entstehen lassen, Spahn würde mit sofortiger Wirkung nach Alternativen suchen, womit unvermittelt ein starker Hebel an das Projekt und somit an die verantwortliche Selbstverwaltungseinrichtung angelegt war. Spahn verstärkte dies mit dem Hinweis, er wolle „coole Lösungen“ und benutzerfreundliche Zugänge per Smartphone und App, um die elektronische Gesundheitsakte einsehen zu können. Die Gesundheitskarte bleibe immerhin „eine Option“. Die „uncoole“ Gematik war wie beabsichtigt als Einrichtung der Selbstverwaltung desavouiert und als Sündenbock in die politische Landschaft gestellt worden. Neuland. Das Terrain wird im Auftrag des Bundesgesundheitsministers neu vermessen, um die Grenze zwischen Staat und Selbstverwaltung neu festzulegen. Experten attestieren die Beschädigung der bisherigen Binnenatmosphäre im Gesundheitswesen und befürchten „eminenzbasierte Entscheidungen“. Ein Stein des Anstoßes: das in die Jahre gekommene Projekt elektronische Gesundheitskarte (eGK) mit der mehr als holprig laufenden Einführung der Telematikinfrastruktur (TI). Die vermeintlich Hauptschuldige: Die Gematik, in der die Spitzenverbände des deutschen Gesundheitswesens zusammenarbeiten mit dem Ziel der Etablierung der TI. Die Kritik: Die Gematik verzögere das Projekt, gegenläufige Interessen Chefsache „Der Gesundheitsminister will alles zur Chefsache machen. In schöner Regelmäßigkeit überrascht er mit neuen Ideen, die eine eigene Serie unter dem Titel ‚Spahn fordert ...‘ rechtfertigen würde. Die Empörung ist ihm fast immer gewiss, auch von Parteifreunden.“ Spiegel Online, 11.03.2019 Foto: Shutterstock.com/Tom Wang Entmachtung. Mit der Verabschiedung des „Terminservice- und Versorgungsgesetzes“ (TSVG) fand der Entmachtungsprozess seine Fortsetzung: „Das Bundesministerium für Gesundheit übernimmt 51 Prozent der Geschäftsanteile der Gematik“, ist lapidar auf der BMG-Website zu lesen. Vertreter der Gemeinsamen Selbstverwaltung werteten dies als „staatsdirigistischen Eingriff“ und „Systembruch“. Der Spitzenverband der Krankenkassen verwies darauf, dass nun Kompetenzen, Zuständigkeiten und Finanzierung zwischen staatlichen Institutionen und der Selbstverwaltung vermischt würden. Auf der eigenen Website gibt sich das BMG dagegen zuversichtlich: „Entscheidungsprozesse in der Gesellschaft für Telematik (Gematik) werden effektiver gestaltet, damit die Einführung weiterer Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte und der Telematikinfrastruktur zügig umgesetzt wird.“ Daran, dass es nun unter der Führung des BMG schneller gehen www.zahnaerzteblatt.de ZBW 4/2019

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