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KZV BW mit neuem Vorstand

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Ausgabe 11-12/2022

38_FORTBILDUNG

38_FORTBILDUNG ZBW_11-12/2022 www.zahnaerzteblatt.de 57. Bodenseetagung der Bezirkszahnärztekammer Tübingen ZAHNMEDIZIN MINIMALINVASIV Fotos: M. Bamberger Zahlreiche Zahnärzt*innen kamen zur 57. Bodenseetagung der Bezirkszahnärztekammer Tübingen Mitte September nach Lindau, um in die Live-Atmosphäre dieser gut besuchten Präsenzveranstaltung einzutauchen. Neben exzellenten Vorträgen unter dem Motto „Zahnmedizin minimalinvasiv“ bot die Tagung ein hervorragendes Forum für fachliche Diskussion und kollegialen Austausch. Angesichts von Corona- und Klimakrise sowie der Situation in der Ukraine stehe die Gesellschaft vor besonderen Herausforderungen, betonte der Vorsitzende der BZK Tübingen, Dr. Wilfried Forschner, eingangs. Der Webseite Greenviu zufolge werden mehr als fünf Prozent des weltweiten ökologischen Fußabdrucks der Menschen von der Medizinbranche verursacht. Vor diesem Hintergrund schlug er den Bogen zum Tagungsthema und regte an, den Gedanken der Nachhaltigkeit bei der täglichen Arbeit in der Praxis zu berücksichtigen: „Eine Kompositfüllung verbraucht im Vergleich zu einer konventionellen Krone weniger Ressourcen. So entfallen z. B. Abdruckmaterialien, deren Umweltbelastung unklar ist. Ebenso entfällt auch ein zweiter Termin mit erneuter Anfahrt des Patienten.“ Prof. Dr. Bernd Haller, Fortbildungsreferent der BZK Tübingen, unterstrich in seiner Einführung ebenfalls die Notwendigkeit einer nachhaltigen Ausrichtung: „Das Ziel, gesunde Strukturen bei der Therapie bestmöglich zu schonen, ist nach wie vor hochaktuell, nicht nur in der Zahnmedizin“. So wie es sinnvoll sei, die Ressourcen in der Natur zu schonen, solle auch danach gestrebt werden, das Biotop Mundhöhle zu erhalten, da sich auch hier nur wenig regenerieren lasse. Sei dennoch eine Intervention notwendig, sollten die intraoralen Strukturen möglichst geschont werden, betonte Prof. Haller. „Bei falscher Vorgehensweise kann innerhalb von Sekunden zerstört werden, was die Natur in Jahren geschaffen hat.“ Welche neuen Techniken und Behandlungsmethoden in den letzten Jahren dazu beigetragen haben, dem Ziel der minimalen Invasivität näherzukommen, zeigten die Referent*innen in ihren praxisnahen und kompetenten Beiträgen. KARIESMANAGEMENT Den Auftakt machte Prof. Dr. Annette Wiegand, Göttingen, mit ihrem Vortrag „Management initialkariöser Läsionen – von Remineralisation bis Infiltration“. Sie gab Empfehlungen zum Kariesmanagement bei Erwachsenen mit Fokus der Behandlung initialkariöser Läsionen. Um das Voranschreiten zu vermeiden, kämen verschiedene non- und mikroinvasive Therapiemaßnahmen in Betracht. Die Anwendung von Fluoriden, insbesondere in hochkonzentrierten Produkten, seien immer noch das Mittel der Wahl zur Remineralisation initialkariöser Läsionen. Darüber hinaus diskutierte sie auch die remineralisierende bzw. reparierende Wirkung von Zahnpasten mit Hydroxylapatit, CPP-ACPhaltigen Produkten sowie Peptiden. Mikroinvasive Maßnahmen, also die Versiegelung oder Infiltration, kämen bei Patienten mit hohem Kariesrisiko und bei röntgenologisch bis in das Dentin reichenden, aber nicht kavitierten Läsionen in Betracht. Bei der Fissurenversiegelung lassen sich die besten Ergebnisse bei einer Kombination aus Versiegelung und Fluoridlack erzielen, erläuterte Prof. Wiegand. Die Kariesinfiltration im Approximalbereich zeige hohe klinische Erfolgsquoten. Ebenso sei sie geeignet, um ästhetisch bedingte White-Spot Läsionen im Frontzahnbereich abzumildern. KARIESEXKAVATION Unter dem Titel „Kariesexkavation minimalinvasiv – Alles oder Nichts?“ befasste sich Prof. Dr. Rainer Haak MME, Leipzig, mit möglichen Endpunkten für die Kariesentfernung. Das klassische Vorgehen der nicht-selektiven Kariesentfer-

ZBW_11-12/2022 www.zahnaerzteblatt.de 39_FORTBILDUNG Nachhaltigkeit. Dr. Wilfried Forschner regte an, den Gedanken der Nachhaltigkeit im Praxisalltag zu berücksichtigen. Interdisziplinär. „Das Prinzip der Struktur- und Substanzschonung lässt sich auf alle Teilgebiete der Zahnmedizin anwenden“, hob Prof. Dr. Bernd Haller hervor. nung entspreche nicht mehr der gängigen Praxis und sei ein „Overtreatment“, erläuterte er. In Metanalysen habe die selektive Kariesexkavation deutlich besser abgeschnitten, als die non-selektive oder auch die zweizeitige bzw. schrittweise Kariesentfernung. Es deute sehr viel darauf hin, dass ein einzeitiges Vorgehen deutliche Vorteile biete, und dass vor allen Dingen bei tiefen Kariesläsionen die vollständige Entfernung nicht die empfohlene Behandlungsstrategie ist. Berücksichtige man die Prognose, sei festzustellen, dass non-selektiv einzeitig schwächer ist als selektiv zweizeitig und deshalb sei die einzeitige selektive Behandlung die bevorzugte Methode. DIREKTE RESTAURATIONEN Dass es möglich ist, komplexe Defekte mit direkten Restaurationen langfristig zu versorgen, veranschaulichte Prof. Dr. Thomas Attin, Zürich. Wichtig hierfür sei eine entsprechende Herangehensweise. Prinzipien für eine erfolgreiche Adhäsivtechnik seien eine individuelle Matritzen-Gestaltung und Stufen-Elevation, bei der die Dekontaminationskontrolle vor der Ästhetik stehe. Sein Motto laute hier: „Dicht geht vor schön“. Für die folgende schrittweise Formerleichterung gab er den Hinweis, dass der Kontakt von Komposit mit Wasser während dieses Behandlungsschritts unproblematisch sei. Anschließend folge eine sorgfältige Adhäsivtechnik, bei der es wichtig sei, die Zeiten für das Aushärten immer nach oben zu korrigieren. Der wichtigste Schritt sei jedoch eine strategische Planung, unter Berücksichtigung entsprechender Füllungsmaterialien, einer optimalen Vergrößerung und richtiger Feilen. Seien diese Anforderungen erfüllt, sei auch die Versorgung von Klasse IVund V-Restaurationen möglich. MINIMALINVASIVE PROTHETIK Unter dem Titel „Minimalinvasive Prothetik – von der Präparation bis zur Befestigung“ präsentierte Prof. Dr. Daniel Edelhoff, München, sein Behandlungskonzept, bei dem durch Restaurationsmaterialien mit zahnähnlicher Transluzenz eine minimalinvasie Therapie mittels Adhäsivtechnik möglich ist. Nach einem kurzen Überblick über die verschiedenen Materialien und ihre Anwendung stellte er zahlreiche klinische Beispiele vor und gab ein Update zu den verschiedenen Indikationsbereichen. So empfahl er bei der Verwendung von Veneers die Kombination von Veneers im Oberkiefer und Kompositen im Unterkiefer, um die Defekt- und Verschleißrate besser steuern zu können. Im Seitenzahnbereich riet er davon ab, mit Vollkronen zu arbeiten. Stattdessen empfahl er Okklusionsonlays aufgrund der geringeren Präparationstiefe. Dies sei jedoch nur zu empfehlen solange man supra äquatiorial arbeite. ENDODONTIE Prof. Dr. David Sonntag, Frankfurt, setzte sich unter dem Titel „Substanzschonende Endo: Dentinerhalt versus Desinfektion“ mit dem heutigen Trend zu sehr kleinen Kavitäten auseinander. Studien zufolge sei eine erhöhte Stabilität bei kleinen Öffnungen fraglich. Demgegenüber stehe, dass einerseits hochflexible Instrumente, eine hohe Vergrößerung und gutes Licht erforderlich seien und zum anderen die Reinigung, Desinfektion und Wurzelfüllung erschwert werde. Jedoch verbessere eine gute Kanaleingangsdarstellung die Längenbestimmung, reduziere die Frakturgefahr von Instrumenten sowie die Keimverschleppung nach periapikal. Die Erweiterung der Kanäle habe laut Prof. Sonntag keinen Einfluss auf die Frakturstabilität, biete jedoch eine schlechtere Desinfektionsmöglichkeit bei geringer Aufberei- Kariesmanagement. Prof. Dr. Annette Wiegand gab Empfehlungen zu Fissurenversiegelung und Kariesinfiltration bei initialkariösen Läsionen. Kariesexkavation. Prof. Dr. Rainer Haak ging der Frage nach, wie viel kariöse Zahnhartsubstanz entfernt oder belassen werden sollte.

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