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KZV BW mit neuem Vorstand

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Ausgabe 11-12/2022

28_BERUFSPOLITIK

28_BERUFSPOLITIK ZBW_11-12/2022 www.zahnaerzteblatt.de GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) VERSORGUNG DER VERSICHERTEN BEDROHT Foto: Shutterstock/hedgehog94 Es begann in den Sommerferien: Als Überraschungscoup legte der Bundesgesundheitsminister einen Entwurf für ein Kostendämpfungsgesetz vor. Der Entwurf beinhaltete verschiedene Sparmaßnahmen, u. a. die Wiedereinführung der harten Budgetierung vertragszahnärztlicher Leistungen. Dies stieß auf Widerstand der KZVen und der zahnärztlichen Bundesorganisationen. Nach kurzem Hoffnungsschimmer – der Bundesrat schloss sich der Auffassung der Zahnärztinnen und Zahnärzte an – wurde im Oktober das GKV-FinStG vom Bundestag beschlossen. Ausgenommen von der Budgetierung ist nur die PAR- Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderungen. GESETZGEBUNG Der zeitliche und politische Druck auf Gesundheitsminister Lauterbach noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Stabilisierung der GKV-Finanzen vorzulegen, nahm im Lauf des ersten Halbjahres immer mehr zu. Schließlich bekannten sich die Ampel- Parteien im Koalitionsvertrag „zu einer stabilen und verlässlichen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)“. Schon vor dem offiziellen Bekanntwerden beschäftigte der Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes die Vertreterversammlung (VV) der KZBV Anfang Juli. Bereits in der ursprünglichen Fassung sah das Gesetz Vergütungskürzungen für Zahnärztinnen und Zahnärzte für die Jahre 2023 und 2024 mit Abschlägen von 0,75 Prozent bzw. 1,5 Prozent auf die Gesamtvergütung vor. Dr. Wolfgang Eßer, Vorstandsvorsitzender der KZBV, stimmte die Delegierten auf einen gemeinsamen Widerstand ein, um für Änderungen am Gesetzentwurf zu kämpfen. Die Delegierten positionierten sich in einer Resolution einstimmig gegen das Vorhaben. Insbesondere die Versorgung von 30 Millionen Patientinnen und Patienten, die an einer Parodontitis leiden, stand plötzlich auf dem Spiel. Ihnen würde so faktisch ein Leistungsanspruch vorenthalten, der erst im Vorjahr in den GKV-Leis- „Dieses Gesetz ist ein verheerendes Signal für die Zahnarztpraxen und wird die zahnärztliche Versorgung der Patient*innen spürbar beeinträchtigen“, so Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende der KZV BW.

ZBW_11-12/2022 www.zahnaerzteblatt.de 29_BERUFSPOLITIK tungskatalog aufgenommen und von allen Beteiligten als ein Meilenstein für die Mund- und Allgemeingesundheit begrüßt wurde. Überdies wurde darauf verwiesen, dass gerade der präventionsorientierte Ansatz der vertragszahnärztlichen Versorgung seit Jahren für einen Sparbeitrag an den GKV-Finanzen sorge: „Hier muss sich der Gesundheitsminister die Frage gefallen lassen, warum ausgerechnet in dem Bereich des Gesundheitssystems eine Budgetierung eingeführt werden sollte, der durch konsequenten Ausbau von Prophylaxe und Prävention seinen Anteil an den GKV-Ausgaben von neun Prozent im Jahr 2000 auf heute nur sechs Prozent heruntergefahren hat“, kommentierte Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende der KZV BW, den Entwurf. WIRKUNGSVOLLER PROTEST Ausweis des Protests, der stark von der zahnärztlichen Basis getragen wurde, waren mehr als 15.000 Protestschreiben an Gesundheitsminister Karl Lauterbach. In Baden-Württemberg beteiligten sich rund 1.500 KZV-Mitglieder an der großangelegten Protestaktion. In einem Schreiben des KZV BW-Vorstands an den Minister hieß es: „Die geplante Wiedereinführung einer harten Budgetierung wird die Zahnarztpraxen vor erhebliche wirtschaftliche Probleme stellen. Infolgedessen wird insbesondere in strukturschwächeren Gebieten die Niederlassungsbereitschaft des zahnärztlichen Nachwuchses sinken, viele Praxisstandorte werden dadurch in den nächsten Jahren verlorengehen. Zudem wird eine harte Budgetierung die Durchführung wichtiger neuer Leistungen, wie z. B. im Bereich der Parodontitistherapie, ausbremsen. Im Ergebnis kommt es zu dem, was Sie wiederholt ausgeschlossen haben: zu einer massiven Reduktion des Leistungsangebotes, die eine erhebliche Verschlechterung der Mundgesundheit vieler Menschen zur Folge hätte.“ BUNDESRAT Unterstützung erfuhr das Anliegen der Zahnärzteschaft bei den Landesregierungen. In einer Stellungnahme vom 16. September forderte der Bundesrat, die präventionsorientierte Parodontitis-Behandlung aus der zahnärztlichen Budgetierung herauszunehmen. Die konzertierte Protestaktion zeigte damit einen ersten Zwischenerfolg. Hoffnung machte überdies die Gegenäußerung der Foto: Bundestag/Achim Melde Protest. Von der Stellungnahme über Protestschreiben zu persönlichen Gesprächen. Die Zahnärzteschaft hat ihren Protest auf vielen Wegen ins parlamentarische Verfahren eingebracht. Bundesregierung auf die Stellungnahme des Bundesrats vom 28. September 2022, in der es hieß: „Die Bundesregierung prüft den Vorschlag, die Leistungen zur Parodontitis-Therapie bei den vorgesehenen Budgetierungsregelungen zu berücksichtigen. Vor dem Hintergrund des dargestellten medizinischen Mehrwerts dieser Behandlungen und ihrer Entwicklung in den kommenden Jahren sollen im Rahmen von bereits avisierten Gesprächen zwischen den Beteiligten Möglichkeiten und Vorschläge für eine angepasste Regelung erörtert werden.“ ENTTÄUSCHUNG Nachdem zwischenzeitlich Hoffnung aufkeimte, dass die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen den guten Argumenten der Zahnärzteschaft Gehör schenken würden und dem präventionsorientierten Versorgungsansatz gerade bei der PAR-Behandlung nicht durch eine harte Budgetierung die Basis entzogen würde, waren die Enttäuschung und das Unverständnis über den finalen Gesetzestext am Ende umso größer. Bis zuletzt wurde um die endgültige Fassung gerungen und der Gesundheitsausschuss des Bundestags nahm noch am Tag vor der Verabschiedung des Gesetzes letzte Änderungen vor. Eine Ausnahme wurde jedoch lediglich für die PAR- Behandlung von Pflegebedürftigen und Menschen mit Behinderung beschlossen. „Das, was die Politik uns hier vorlegt, ist politische Augenwischerei“, so Dr. Ute Maier. „Die umfassende Versorgung der Patient*innen ist durch das neue Gesetz gefährdet.“ Die stetigen Beteuerungen von Minister Lauterbach, die Versorgung würde nicht eingeschränkt werden, erweisen sich somit als leere Worthülsen. „Der in den letzten Jahren hart erkämpfte und überall als bedeutender Fortschritt gefeierte neue präventionsorientierte Versorgungsansatz bei der Parodontitistherapie wird durch das nun verabschiedete Gesetz für die weit überwiegende Mehrheit der GKV- Versicherten wieder zurückgefahren. Offensichtlich geht es der Bundesregierung nicht um eine nachhaltige, langfristig angelegte, präventionsorientierte und damit auf Dauer kostensparende Gesundheitsstrategie, sondern nur um eine kurzfristige Kostenreduzierung. Das ist, wie so häufig, zu kurz gesprungen“, so Dr. Ute Maier. EVALUIERUNG Im Gesetz ist bis zum 30. September 2023 eine Evaluierung der Auswirkungen der Begrenzung der Punktwerte und Gesamtvergütungen auf die Parodontitis-Versorgung vorgesehen. Die KZBV kritisiert dieses Vorgehen massiv. Sinnvoll sei, eine Parodontitis-Behandlung für alle zu ermöglichen und diese zu evaluieren, nicht die Evaluation einer budgetierten Leistung. Alexander Messmer

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