Aufrufe
vor 2 Jahren

KZV BW mit neuem Vorstand

  • Text
  • Torsten
  • Freiburg
  • Zahngesundheit
  • Thema
  • Stuttgart
  • Tomppert
  • Karlsruhe
  • Versorgung
  • Praxis
  • Prof
Ausgabe 11-12/2022

22_BERUFSPOLITIK

22_BERUFSPOLITIK ZBW_11-12/2022 www.zahnaerzteblatt.de Informationsveranstaltung zum Berufsbild ZFA FINDEN – AUSBILDEN – BINDEN Am 11. Oktober 2022 fand in Tübingen die Informationsveranstaltung für Berufsberater*innen und Arbeitsvermittler*innen der Agenturen für Arbeit in Baden-Württemberg zum Berufsbild „Zahnmedizinische*r Fachangestellte*r“ (ZFA) statt. Teilnehmer*innen aus den Agenturen für Arbeit in Esslingen, Heidelberg, Konstanz, Ludwigsburg, Pforzheim, Rems- Murr, Ravensburg, Reutlingen, Stuttgart, Tübingen und Waiblingen konnten zu der Veranstaltung begrüßt werden. Diese wurde bereits zum zehnten Mal von der Landeszahnärztekammer in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Baden- Württemberg, durchgeführt. Wichtige Multiplikatoren. Dr. Bernd Stoll gibt den Teilnehmenden einen Einblick in die Arbeitsweise, den Berufsalltag und die Ausbildung von Zahnmedizinischen Fachangestellten. Foto: Beck Ausführliche Antworten. Die vier Kurzreferate rund um ZFA-Ausbildung und Berufsbild waren der Startschuss für einen regen Dialog zwischen Referierenden und Teilnehmenden. Foto: Teuber Eine wichtige Schnittstelle im Bereich der Berufsorientierung stellen die Berufsberater*innen und Ausbildungsbegleiter*innen der 24 Agenturen für Arbeit in Baden-Württemberg dar. Aus diesem Grund fand im Herbst dieses Jahres eine Informationsveranstaltung zum ZFA-Berufsbild in der Bezirkszahnärztekammer Tübingen statt. Dr. Bernd Stoll, Referent für Zahnmedizinische Mitarbeiter*innen der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, und Dr. Jochen Eble, designierter Referent der Bezirkszahnärztekammer Tübingen für Zahnmedizinische Fachangestellte (ab 1.1.2023), begrüßten die Teilnehmer*innen in Südwürttemberg. NEUE AUSBILDUNGSVERORDNUNG In den folgenden vier Kurzreferaten wurden Informationen hinsichtlich der „Neuen ZFA-Ausbildungsverordnung“, die seit dem 1. August 2022 in Kraft getreten ist, vermittelt, die „Attraktivität des ZFA-Berufsbildes“, auch anhand der „ZFA-Aufstiegsfortbildungen“, erläutert sowie die „Rechtlichen Rahmenbedingungen“ von den Referenten dargestellt. Dies initiierte einen informativen Dialog mit allen Teilnehmer*innen. Insbesondere Fragestellungen zu den Themen: Vergütungsempfehlungen, Organisation der Teilzeitberufsausbildung, Möglichkeiten von Wiedereinsteiger*innen in das ZFA-Berufsbild, Röntgen (Kenntnisse im Strahlenschutz) und Fortbildungsangebote wurden von den Ausbildungs- und Berufsberatern eingebracht. Sie wurden von den anwesenden Referenten Dr. Bernd Stoll, Dr. Jochen Eble und dem stellvertretenden Geschäftsführer der Landeszahnärztekammer, Thorsten Beck, unterstützt durch die Abteilung Zahnmedizinische Mitarbeiter*innen, Bianka Börner sowie der Geschäftsführerin der Bezirkszahnärztekammer Tübingen, Katrin Sump, ausführlich beantwortet. Darüber hinaus wurde darüber informiert, dass die Novellierung der ZFA- Ausbildungsverordnung auf Bundesebene im vergangenen Jahr abgeschlossen wurde und diese zum 1. August 2022 in Kraft trat. Insbesondere wurden die wesentlichen Änderungen hinsichtlich der berufsprofilgebenden sowie der über die gesamte Ausbildungszeit hinweg integrativ zu vermittelnden Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten informiert. GROSSER ANKLANG Die Veranstaltung erfuhr vor Ort großes Lob von den Teilnehmer*innen, was zeigt, dass diese Maßnahme einen wichtigen Beitrag leistet, um Multiplikatoren der Berufsbildung einen Einblick in die Arbeitsweise von Zahnmedizinischen Fachangestellten zu geben und das Berufsbild bekannter zu machen. Um landesweit möglichst eine Vielzahl an Multiplikatoren zu erreichen, soll die Veranstaltung im kommenden Jahr in Freiburg durchgeführt werden und dann weiter im jährlichen Wechsel an verschiedenen Standorten in Baden-Württemberg. Mit den Worten: „Bleiben Sie uns gewogen“, konnte Dr. Stoll die Veranstaltung schließen und hofft darauf, dass in der täglichen Beratungspraxis der Ausbildungsvermittler*innen und Berufsberater*innen auch regelmäßig der Beruf „Zahnmedizinische*r Fachangestellte*r“ noch näher in den Fokus rückt. Thorsten Beck

ZBW_11-12/2022 www.zahnaerzteblatt.de 23_BERUFSPOLITIK Tübinger Praxistag am 15. Oktober 2022 DIE RECHTSSICHERE DOKUMENTATION Die KZV BW und die Bezirkszahnärztekammer Tübingen haben auch dieses Jahr zu ihrem Fortbildungsformat für praxisrelevante Themen eingeladen. Über 40 Kolleginnen und Kollegen haben sich im Hotel Schönbuch in Pliezhausen getroffen, um alles Wissenswerte über die rechtssichere Dokumentation ihrer zahnärztlichen Leistungen zu erfahren. Prof. Dr. Thomas Ratajczak beleuchtete das Thema aus Sicht des Zivilrechts. Für den Verlauf eines Rechtsstreits ist der Streitwert entscheidend. Bis zu einem Streitwert von 5000 Euro findet die Verhandlung beim Amtsgericht statt. Die Richter der Amtsgerichte müssen alle rechtlichen Themen behandeln. Eine Fachkenntnis in zahnmedizinischen Themen ist nicht vorhanden. Da kommt es sehr stark auf die Kompetenz und die Prozessführung des Rechtsanwaltes an. Bei einem Streitwert über 5000 Euro wird am Landgericht verhandelt. Der Patient gilt als strukturell benachteiligt. Der Arzthaftungsprozess läuft wie ein Strafverfahren ab, nicht wie ein Zivilprozess. Die Glaubwürdigkeit der Parteien wird nicht gleichwertig gewichtet. Der Patient und sein Anwalt müssen sich nicht in die Materie einarbeiten. Der beklagte Zahnarzt muss hingegen sachkundig und vollständig vortragen. Dabei sind die Dokumentationen der Anamnese, der Erklärungen der Patienten, der Diagnostik, der Diagnose, der Therapievorschläge und der Therapie von entscheidender Bedeutung. Die Befunde und die Dokumentationen müssen korrekt und zeitnah notiert werden. Die Behandlungsabrechnung folgt der Dokumentation. Die Abrechnung selbst ist nicht die Dokumentation. Man darf die Dokumentation nur innerhalb kurzer Fristen korrigieren, sonst ist sie nicht mehr glaubhaft. Prof. Ratajczak weist darauf hin, dass ein Anwalt auf Medizinrecht spezialisiert sein muss, um einen Zahnarzt gut vertreten zu können. Die vom Anwalt verfasste Klageerwiderung befasst sich mit den Vorwürfen und mit der Behandlung insgesamt. AUFKLÄRUNG Prof. Ratajczak gibt zu allen Themen Beispiele und Erläuterungen. Es ist hilfreich, wenn nach der Behandlung dokumentiert wird, dass der Patient zufrieden ist. Wenn er sich später beklagt, wird der ersten Zufriedenheit geglaubt. Er führt auch das Beispiel der Aufklärung zur Leitungsanästhesie an: Bei korrekter Aufklärung lässt sich kein Patient mehr eine Leitungsanästhesie geben. Es darf auch nicht sein, dass im Befund ZST und MU nicht angekreuzt wurden, aber die Leistungen in gleicher Sitzung abgerechnet werden. Auch sind Röntgenpositionen ohne rechtfertigende Indikation oder Befundung nicht abrechenbar. Wenn die Dokumentation nicht ausreichend ist, kann eine Zeugenaussage z. B. einer Mitarbeiterin hilfreich sein. Aber die Verfahren können auch viele Jahre nach der Behandlung beginnen. Dann sind diese Zeugenaussagen nicht mehr möglich oder nicht mehr glaubhaft. Das Patientenrechtegesetz gibt erweiterte Aufklärungsnormen vor. Ein Kostenvoranschlag muss erstellt werden. Ein Pauschalhonorar ist nicht möglich. Ein Steigerungsfaktor ist nur mit einer Stelle nach dem Komma möglich. Hat der Behandelnde eine Maßnahme nicht dokumentiert, dann wird vermutet, dass er diese Maßnahme nicht ausgeführt hat. Es wird schwierig, das nach Jahren zu beweisen. Damit wird ein Behandlungsfehler angenommen. Eine Dokumentation muss jederzeit von einem Fachkollegen verstanden und nachvollzogen werden können. Eine nachträgliche Dokumentationsergänzung ist nicht zulässig. Wenn sie vor Gericht entlarvt wird, schwächt das die Beweisführung. Mängel in der Dokumentation können vor Gericht bei der Parteianhörung mit einer guten Präsentation kompensiert werden. STRAFRECHT Den zweiten Teil referierte Thomas Hochstein, erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Stuttgart, über die Dokumentation aus Sicht der Strafverfolgungsbehörden. Er ging auf die Unterschiede zwischen dem Zivil- und Strafprozess ein. Die Staatsanwaltschaft muss die Schuld beweisen, es besteht keine Beweislastumkehr. Aber das Vorgehen ist rigider und die Strafen erheblicher. Die Beweisführung wird oft mit einer polizeilichen Durchsuchung der Praxisräumlichkeiten begonnen. Die vollständige Herausgabe der Patientenakten wird dabei gefordert. Es ist wichtig, dass jemand in der Praxis diese für die Polizei aus dem EDV-System entnehmen kann. Sonst kann es sein, dass die Computer beschlagnahmt werden. Wenn die Dokumentation vollständig und nachvollziehbar ist, dann gehen die Strafverfolgungsbehörden davon aus, dass die Behandlung korrekt war. Er wies auch darauf hin, dass eine nachträgliche Veränderung der Dokumentation Urkundenfälschung ist. Es darf nur erkennbar ergänzt werden. Die Dokumentation darf vom Arzt oder von der ZFA durchgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft behandelt folgende Tatvorwürfe: Behandlungsfehler, Abrechnungsbetrug, Dokumentenfälschung, Verletzung der Schweigepflicht und auch die Verweigerung der Durchführung von Maßnahmen, die bei einer Praxisbegehung verordnet wurden. Weitere nebenstrafrechtliche Belange sind das Medizinproduktegesetz und das Betäubungsmittelrecht. Bei Staatsanwalt Hochstein merkte man, dass er unsere Berufsgruppe aus der Sicht der Strafverfolgungsbehörden sieht. Er bemerkte, wir seien keine „richtigen Gauner, weil wir nicht konsequent genug unsere Dokumentationen verändern würden“. Ein wenig Schatten sieht er bei allen Zahnärztinnen und Zahnärzten. Das mag aus seiner persönlichen Erfahrung richtig sein. Aber der überwiegende Teil unserer Kolleginnen und Kollegen bemüht sich täglich, den Patienten und der Dokumentation gerecht zu werden. Über jede Dokumentation stehen der Patient und seine bestmögliche Behandlung. Und wenn aufgrund der enormen zeitlichen und persönlichen Beanspruchung durch unseren Beruf die Dokumentation nicht vollständig ist, dann ist das menschlich und nicht kriminell. Dr. Markus Steybe

Ausgaben des Zannärzteblatt BW

© by IZZ Baden-Württemberg - Impressum - Datenschutz