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Kontroverse Diskussion um die Bürgerversicherung

Ausgabe 2/2018

24 Fortbildung a Abb. 3a

24 Fortbildung a Abb. 3a b Abb. 3b Materialanlage und bakterielle Anzucht im mikrobiologischen Labor: (a) Materialanlage im mikrobiologischen Labor mit einem 3-Ösen-Ausstrich auf einer Schaedler-Platte. (b) Anaerobe Bebrütung im BD GasPak System über mindestens 48 Stunden. Nicht jeder Träger von vermeintlich pathogenen Bakterien erkrankt jedoch an einer Parodontitis (71, 74). Determinierend für die Parodontitis ist vielmehr eine Veränderung in der Zusammensetzung wie auch der Konzentration der Keime des subgingivalen Mikromilieus. So lassen sich beispielsweise deutlich mehr Keime des roten Komplexes in erkrankten als in gesunden Taschen nachweisen (62) (Abb. 2). Eine vollständige Elimination der pathogenen Keime ist daher für den Erfolg einer antimikrobiellen Parodontitistherapie weder notwendig noch möglich. Übergeordnetes Ziel ist vielmehr die Reduktion der Markerkeime (19). Die Komplextheorie ist nicht frei von offenen Fragen und Widersprüchen. So lassen sich parodontalpathogene Spezies wie P. gingivalis und T. forsythia häufig auch bei parodontal gesunden Personen isolieren (52). Untersuchungen mit verfeinerten molekularbiologischen Analyseverfahren deuten außerdem darauf hin, dass die Diversität der subgingivalen Flora deutlich größer ist, als dies bisher bekannt war (36, 67). In einer anderen Studie war die Assoziation von bislang nicht beschriebenen Phylotypen (z. B. Deferribacteres, Bacteroidetes) mit chronischer Parodontitis zum Teil stärker als die von P. gingivalis und T. forsythia (31). Allerdings sind endgültige Aussagen über die Bedeutung vermeintlich neuer Parodontalpathogene, die bislang nur anhand von Genfragmenten identifiziert worden sind, erst möglich, wenn es gelingt diese zu kultivieren. Bis dahin sollte sich die mikrobiologische Diagnostik auf den Nachweis bekannter Parodontalpathogene wie P. gingivalis, T. forsythia und A. actinomycetemcomitans mithilfe anerkannter Analyseverfahren stützen. Mechanische Therapie. Die Grundlage jeder erfolgreichen parodontalen Therapie ist eine optimale häusliche Mundhygiene des Patienten. Solange der Patient nicht über die Ursachen der Erkrankung aufgeklärt und keine Demonstration und Instruktion der Mundhygienehilfsmittel durch Fachpersonal erfolgt ist, sollte nicht mit der Parodontaltherapie begonnen werden (46). Dazu gehört es auch, eine hygienefähige Situation für den Patienten durch Füllungstherapie oder Entfernung überstehender Restaurationsränder zu schaffen. Leichte und moderate Verlaufsformen der chronischen Parodontitis lassen sich auf dieser Basis sowie einer anschließenden gründlichen mechanischen antiinfektiösen Behandlung erfolgreich therapieren (58). Mechanisches Debridement der Wurzeloberfläche zerstört den komplexen mikrobiellen Biofilm und stellt die Basis einer jeden Parodontitistherapie dar (46). Gleich effektiv ist es, Handinstrumente sowie Schall- bzw. Ultraschallinstrumente zu nutzen (68). Die Anwendung von maschinellen Instrumenten ist insgesamt jedoch zeitsparender (10). Zur Unterstützung können Antiseptika, a b Abb. 4a Abb. 4b Mischflora. Prinzip der Subkultivierung einer anaeroben Mischflora: (a) Angezüchtete anaerobe Mischflora nach 2-tägiger Bebrütung auf Schaedler-Agar. (b) Subkultivierung der verschiedenen Erreger und Herstellung einer Reinkultur. ZBW 2/2018 www.zahnaerzteblatt.de

Fortbildung 25 wie z. B. Spülungen mit Chlorhexidindiglukonat oder ätherischen Ölen eingesetzt werden. Hierdurch werden Reinfektionen nach der Therapie vermieden. Eine detaillierte Beschreibung findet sich im „One-stagefull-mouth-disinfection“-Konzept nach Quirynen et al. (48). Dieses sieht neben einer vollständigen geschlossenen Therapie innerhalb von 24 bis 48 Stunden eine Desinfektion der Tonsillen, des Zungenrückens und wiederholte Taschenspülung durch Chlorhexidindiglukonat vor. Da Antiseptika den Biofilm im Gegensatz zur mechanischen Therapie nicht von der Zahnoberfläche ablösen bzw. dessen Integrität zerstören, können sie jedoch das Scaling und Root Planing nicht ersetzen (6, 13). Abb. 5a Abb. 5b Erregeridentifizierung mittels MALDI-TOF (Matrix–Assistierte Laser–Desorption–Ionisierung (MALDI) mit Flugzeitanalyse (engl. time of flight, TOF)): Die Speziesidentifikation der Erreger erfolgt im modernen mikrobiologischen Labor durch die Massenanalyse von bakteriellen Zellwandbestandteilen. Die Bakterienkolonien werden auf einer Matrix aufgebracht. Ein gepulster Laser-Strahl verdampft die Bakterien. Die Zellwandbestandteile werden so desorbiert und ionisiert. Die so geladenen Molekülbruchstücke können in einem Massenspektrometer beschleunigt und ihre jeweilige TOF auf einem Detektor registriert werden. Es entstehen keimspezifische Spektren, die Rückschlüsse auf den jeweiligen Erreger erlauben. a b c d e f Abb. 6a-f Resistenztestung durch Bestimmung der Minimalen Hemmkonzentration (MHK): Beispielhafte Resistenztestung von Porphyromonas spp. (a-c) bzw. Aggregatibacter spp. (d-e) mittels E (Epsilometer)-Testung unter anaeroben Bedingungen. Bei Porphyromonas spp. werden nach aktuellen EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing)- Empfehlungen (2017) MHKs ≤ 4 µg/ml für alle drei getesteten Antibiotikagruppen als sensibel bewertet (a) Amoxicillin/Clavulansäure (AUG, MHK = 0.016 µg/ml, sensibel), (b) Metronidazol (MTZ, MHK = 0.016 µg/ml, sensibel), (c) Clindamycin (CD, MHK < 0.016 µg/ml, sensibel). Für Aggregatibacter spp. gibt es gegenwärtig keine offiziellen EUCAST-Empfehlungen. Für die verwandte Spezies Kingella spp. wird eine AUG MHK ≤ 2 µg/ml als sensibel gewertet. Hieraus ergibt sich folgende Resistenzbewertung: (d) AUG MHK = 0.5 µg/ml, sensibel, (e) MTZ MHK > 256 µg/ml, resistent, (f) CD MHK > 256 µg/ml, resistent. www.zahnaerzteblatt.de ZBW 2/2018

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