26 Fortbildung stark veränderten anatomischen Situation nach Resektion und Rekonstruktion, ist das Tragen von schleimhautgetragenen Teil- oder Vollprothesen in den meisten Fällen nicht möglich. Auch eine strahleninduzierte Xerostomie kann eine konventionelle Prothetik verhindern. Daher ist es in vielen Fällen nur durch die Insertion von dentalen Implantaten möglich, entsprechend betroffene Patienten wieder kaufunktionell zu rehabilitieren. Abb. 9 Klinische Situation mit eingesetzter Stegversorgung (Abb. 9). Abb. 10 Abb. 11 Klinische Situation mit definitivem, abnehmbarem Zahnersatz (Abb. 10 und 11). angebot. Zwar reicht der seitliche Skapularand aus, um Implantate zu inserieren, allerdings muss bei der Transplantatpositionierung auf eine genaue Ausrichtung zum Unterkiefer besonders geachtet werden. Eine ideale Orientierung der Knochentransplantate wird heutzutage durch Verwendung präoperativ konfektionierter Osteosyntheseplatten und Resektionsschablonen („Cutting Guides“) garantiert. Die Osteosyntheseplatten werden dabei entweder an mittels 3D-Druckern ausgedruckten Schädelmodellen vorgebogen oder CAD-CAM gestützt durch additive Verfahren („Laser Melting“) hergestellt. Jede Kieferkammrekonstruktion sollte auch eine dentale Rehabilitation ermöglichen. Aufgrund der häufig Mehrere Faktoren. Bei der Planung einer Versorgung mit dentalen Implantaten ist grundsätzlich eine Reihe von Faktoren zu beachten. Neben einem ausreichenden knöchernen Lager ist die Position des transplantierten Knochens entscheidend. Das ist insbesondere bei teilbezahnten Patienten, die noch über eine entsprechend hohe Zahl eigener Zähnen verfügen, relevant. Abhängig vom vorhandenen Knochenangebot muss fallweise über sekundäre Augmentationen nachgedacht werden. Die Anzahl und Position der noch vorhandenen Restzähne hat wesentlichen Einfluss darauf, wie viele Implantate zu inserieren sind. Insbesondere bei bestrahlten Patienten gilt es immer, die Restzähne kritisch auf ihre Erhaltungsfähigkeit hin zu beurteilen. Einfluss auf die konkrete Planung hat zunächst, ob eine festsitzende oder eine abnehmbare Versorgung gewünscht und realisierbar ist. Die abnehmbare Versorgung hat hinsichtlich der Reinigungsfähigkeit bei komplexen weichgewebigen Verhältnissen klare Vorteile. Falls jedoch, speziell bei jungen Patienten, eine festsitzende Versorgung erwünscht ist, werden primär verschraubte Versorgungen hergestellt. Die potenzielle Erweiterbarkeit einer Arbeit sollte zudem immer mitbedacht werden. Die Implantate müssen bestmöglich in Bezug auf das vorhandene Knochenangebot und unter Berücksichtigung der Antagonisten bestmöglich positioniert und orientiert sein. Hierbei gilt es auch, die weichgewebige Situation zu berücksichtigen. Um hierbei möglichst vorhersagbare Ergebnisse zu erreichen, erfolgt die radiologische Diagnostik nach entsprechenden Vorbereitungen wie folgt: Wachsaufstellung. Nach Abformung der intraoralen Situation (bei komplexen Schleimhautsituationen auch mittels individueller Löffel) wird nach Bissnahme eine Wachsaufstellung durch das zahntechnische Labor hergestellt. Nach intraoraler Kontrolle und gegebenenfalls notwendigen Korrekturen wird diese in eine röntgenopake Bariumsulfatschablone überführt, welche dann vom Patienten im Rahmen der Schichtbilddiagnostik getragen wird. Damit können in der durchgeführten Röntgenaufnahme das Knochenangebot des Restkiefers sowie des Transplantats, die bedeckende Schleimhautdicke und die ideale prothetische Position der späteren Versorgung sowie die Antagonisten beurteilt werden. Die Daten werden in eine entsprechende Planungssoftware eingelesen. Mit deren Hilfe wird nach virtueller Implantatplanung eine stereolithographische Bohrschablone hergestellt, die je nach klinischer Situation entweder zahngetragen, knochengetragen oder schleimhautgetragen funktioniert. Nach erfolgreicher Implantatinsertion ist bei den Patienten die veränderte Schleimhautsituation zu beachten und ZBW 5/2016
Fortbildung 27 ggf. noch vor der prothetischen Versorgung operativ zu korrigieren. Gerade bei intraoralen Hautlappen müsste das Implantatabutment bis zu 2 cm Weichgewebe durchragen. Dadurch können sehr ungünstige Hebelkräfte entstehen. Der lange Durchtritt durch das Weichgewebe stellt außerdem eine Prädilektionsstelle für periimplantäre Entzündungen dar. Aus diesen Gründen müssen Hautlappen meist im Rahmen der Implantatfreilegung stark ausgedünnt werden. Schrumpfungen verhindern. Anschließend werden ferner noch operative Weichgewebskorrekturen im Sinne von Vestibulum- und Mundbodenplastiken erforderlich. Während die entsprechenden Bereiche bei kleineren Wundausmaßen mittels freier Schleimhauttransplantate vom Gaumen gedeckt werden können, ist bei größeren Wundbereichen die Entnahme von Spalthaut, z. B. vom Oberschenkel, zur Verhinderung postoperativer Schrumpfungen des operierten Bereichs erforderlich. Der Einsatz von Spalthauttransplantaten ist insbesondere dann unumgänglich, wenn gleichzeitige Zungen- oder Narbenlösungen umzusetzen sind. Um der narbigen Schrumpfung der Transplantate entgegenzuwirken, erfolgt der Einsatz von Verbandplatten. Diese werden über die Implantate verschraubt und dienen im Rahmen der Wundheilung als Formgeber. Sie werden später herausnehmbar gestaltet, sollten jedoch bis zur Eingliederung der prothetischen Versorgung getragen werden. Auch bei Patienten ohne Hautlappen in der Mundhöhle muss das Weichgewebe fast immer operativ korrigiert werden, weil bei diesen nach Tumorresektion meist im betroffenen Bereich keine keratinisierte Gingiva mehr vorliegt. Der Implantatdurchtritt befindet sich dann oft vollständig in der beweglichen Wangen- oder Mundbodenmukosa. Da dies meist schon frühzeitig zu periimplantären Entzündungen und Knochenresorptionen führt, ist die Schaffung keratinisierter Schleimhaut mittels freier Schleimhautransplantation unabdingbar. Auf Grundlage einer genauen präoperativen Planung ist es ebenfalls möglich, die Dimensionierung des Zahnersatzes so gering wie möglich zu halten. Da aufgrund der Hygienefähigkeit den Patienten primär abnehmbare Lösungen empfohlen werden, werden abhängig von der jeweiligen intraoralen Situation teleskopierende Techniken oder Stegversorgungen durchgeführt. Diese lassen eine optimale Kontrolle der Mundschleimhaut zu und ermöglichen zudem immer noch weitere operative Maßnahmen am Weichgewebe, ohne die Gesamtkonstruktion zu gefährden. Ferner ermöglichen sie meist auch eine gute Erweiterbarkeit der Versorgung. Zusammenfassung. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich auch bei komplexen Kieferdefekten nach umfassender präoperativer Planung sowohl vor dem rekonstruktiven Eingriff als auch vor der Implantatinsertion zuverlässig und vorhersagbar gute Behandlungsergebnisse erreichen lassen. Gleichwohl ist die engmaschige Kontrolle zum einen aus onkologischer Sicht wie auch zur Sicherung einer stabilen periimplantären Situation, obligat. Das Literaturverzeichnis finden Sie unter www.zahnaerzteblatt.de oder kann beim IZZ bestellt werden unter Tel: 0711/222966-14, Fax: 0711/222966-21 oder E-Mail: info@zahnaerzteblatt.de. PD Dr. Christian Mertens Prof. Dr. Dr. Jürgen Hoffmann PD Dr. Christian Mertens Prof. Dr. Dr. Jürgen Hoffmann Oberarzt Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg Ärztlicher Direktor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Universitätsklinikum Heidelberg Anzeige www.zahnaerzteblatt.de ZBW 5/2016
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