16 Titelthema Foto: Frank Kleinbach stärker in die Gremien einzubringen, getan? Kommen die Frauen dieser Aufforderung nach? Wie viele Zahnärztinnen sind in Baden- Württemberg standespolitisch aktiv? Wie sind die Zahnärztinnen zur Standes- und Berufspolitik gekommen? Welche Erfahrungen haben sie gemacht und was halten sie von einer Quote? „Solange nicht mehr Frauen in den standespolitischen Gremien auftauchen, scheint es dazu offenbar keinen akuten Bedarf zu geben.“ Dr. Patricia Miersch Bei der Stuttgarter Kieferorthopädin Dr. Patricia Miersch war es die BEMA-Umrelationierung 2003, die sie in die Berufs- und Standespolitik geführt hat. „Meine Grundintention war, als Kieferorthopädin tätig zu werden, um auch die Belange für die kleine Berufsgruppe der Kieferorthopäden einzubringen. Meine Hauptaufgabe ist es jedoch, als Vertreter aller Zahnärzte die Belange unserer gesamten Berufsgruppe zu vertreten.“ Mit Dr. Dr. Heiner Schneider und Dr. Klaus-Peter Rieger hatte sie zwei erfahrene Mentoren und auch „die meisten alteingesessenen Standespolitiker haben sich durchweg als Förderer erwiesen“. Inzwischen ist Dr. Patricia Miersch sowohl in der Vertreterversammlung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV), der Landeszahnärztekammer Baden- Württemberg (LZK) und der BZK Stuttgart Delegierte. Für die LZK ist sie zudem Delegierte in der BZÄK-Bundesversammlung. Interesse an Finanzen. „Wie kommt man denn eigentlich zu einem standespolitischen Amt?“ Das fragte die Heidelberger Kieferorthopädin Dr. Karen Folttmann in einem Telefonat ihre Praxis-Nachbarin und Kollegin Dr. Eva Hemberger. Das war 2008. Die Antwort der Kollegin lautete: Sich aufstellen und gewählt werden. „Und weißt Foto: Frank Kleinbach du was, kündigte sie mir an, ich schlage dich für die Vertreterversammlung der BZK Karlsruhe vor. Und das hat geklappt. Ich wurde gewählt“, erzählt Dr. Karen Folttmann. Seither sitzt sie in der Vertreterversammlung der BZK Karlsruhe und ist Mitglied, seit 2016 Vorsitzende, im Haushaltsausschuss der BZK Karlsruhe. 2016 zieht sie auch in die Vertreterversammlung der LZK ein und wird auch dort in den Haushaltsausschuss gewählt – an die Seite von Dr. Eva Hemberger, die den Vorsitz führt. Harmonischer Umgangston. Der harte Umgangston im Prüfungsausschuss der KZV sollte durch eine Frau etwas harmonischer gestaltet werden. So die Vorstellung von Obmann Dr. Reinhard Winkelmann. Er sprach deshalb Dr. Jutta Vischer an, das war 2001. Seither ist sie Mitglied im Prüfungsausschuss für Wirtschaftlichkeitsprüfung der KZV und seit 2002 auch im Zulassungsausschuss der KZV. „Der Wunsch kam gleichzeitig mit dem Angebot, bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung einen Mediator hinzuzuziehen, diese Mediator-Zahnärzte wurden ebenfalls von der KZV angeboten“, erzählt Dr. Vischer, „für mich ging es darum, mit den Kollegen einen respektvollen Umgang zu pflegen. Die Kollegen sollten ihre Körperschaft nicht ausschließlich als Organisation begreifen, an die man seine Beiträge entrichtet.“ Über die Arbeit im Prüfungswesen der KZV sind Dr. Hans-Hugo Wilms und Dr. Eberhard Montigel „Es liegt nicht daran, dass es keine qualifizierten Frauen gibt. Es gibt einfach zu wenige Frauen, die sich engagieren wollen.“ Dr. Karen Folttmann auf die Gärtringer Zahnärztin aufmerksam geworden. „Sie haben offenbar Potenzial in mir gesehen und sich gedacht, das Mädchen muss man fördern.“ Heute ist Dr. Foto: Frank Kleinbach Jutta Vischer Delegierte in den Vertreterversammlungen der BZK Stuttgart und der LZK und berichtet von einem Klima des gegenseitigen Respekts und der Wertschätzung in diesen Gremien. „In der Vertreterversammlung ergeben sich so viele Synergien – man profitiert nicht nur persönlich, sondern hat auch einen niederschwelligen Zugang zu Informationen und Wissen bei vielen Fragestellungen. Und es gibt keine starren Hierarchien, die Hemmnisse im Zugehen aufeinander darstellen.“ Ins kalte Wasser ist Dr. Karin Langsch geworfen worden als sie 2011 zur Vorsitzenden der Kreisvereinigung Schwäbisch-Hall gewählt wurde, auf Empfehlung des „Mir gibt das standespolitische Engagement auch emotionalen Halt, es ist eine emotionale Absicherung durch die Nähe zu vielen engagierten KollegInnen.“ Dr. Jutta Vischer Vorgängers Dr. Michael Striebel. Zwei Kollegen haben ihr die Aufgabe nicht zugetraut und gegen sie gestimmt. „Später haben sie mich für meine gute Arbeit gelobt“, erzählt Dr. Langsch von ihren Erfahrungen. 2016 ist Dr. Karin Langsch dann in die Vertreterversammlungen der BZK Stuttgart und der LZK gewählt worden. Fachwissen statt Quote. Von einer Quote halten die Frauen herzlich wenig. „Fachwissen und Qualität sollte immer Vorrang vor einer Quote haben“, sagt Dr. Patricia Miersch. „Eine inkompetente Frau ist viel schädlicher als ein guter Mann“. Sie ist sich sicher, dass das Engagement am leichtesten aus einer Notlage erwächst: „Die jungen Kolleginnen müssen einen persönlichen Mehrwert für sich erkennen, erst dann engagieren sie sich“. Auch Dr. Karen Folttmann hält von einer Quote nichts. „Es liegt ja nicht daran, dass es keine qualifizierten Frauen gibt. Es gibt einfach ZBW 3/2019 www.zahnaerzteblatt.de
Titelthema 17 Foto: Frank Kleinbach „Es ist unsere Aufgabe, die Niederlassung für junge Kolleginnen attraktiv zu gestalten, damit sie nicht in die MVZ abdriften.“ Dr. Karin Langsch zu wenige Frauen, die sich engagieren wollen“. Dass sie sich engagieren, liegt auch an den persönlichen Voraussetzungen. Familie, Praxis und berufspolitisches Engagement gleichzeitig, sind schwer unter einen Hut zu bringen, ist Dr. Folttmann überzeugt. „Ich habe meine Kinder früh bekommen, noch vor der Niederlassung. Als ich mich dann berufspolitisch engagiert habe, waren meine Kinder schon groß.“ Für Dr. Jutta Vischer bedeutet die Quote sogar eine „Abwertung“, weil „die potenzielle Eignung in den Hintergrund tritt.“ Sie hält die Genderdebatte in der Zahnheilkunde ohnehin für komplett deplatziert: „Wir haben alle den gleichen Punktwert und Frauen können den gleichen Umsatz in der Praxis erwirtschaften wie Männer. Die ganze Quotendiskussion ist aus der Genderdebatte entstanden und resultiert aus den extremen Gehaltsunterschieden von Männern und Frauen in der Wirtschaft.“ Persönliche Ebene. Den Einfluss der Körperschaften bei der Rekrutierung des berufspolitischen Nachwuchses sehen die Standespolitikerinnen begrenzt. „Das geht nur über das persönliche Gespräch“, ist sich Dr. Karen Folttmann sicher. Dr. Patricia Miersch glaubt, dass mit der weiter voranschreitenden Feminisierung des Berufsstandes und des veränderten Berufsbildes, auch automatisch mehr Frauen in die Gremien drängen werden. „Das ist ein natürlicher Prozess“. Die Körperschaften hätten mit „Future NOW – Junge Zahnärzte in Baden-Württemberg“ bereits einen guten Ansatz gefunden, lobt hingegen Dr. Jutta Vischer. Sie erachtet den Kontakt zu den Kreisvorsitzenden als essenziell. „Die Kreisvorsitzenden könnten sich über spezielle Veranstaltungen an die frisch Approbierten und die neu niedergelassenen Kolleginnen wenden. Das schafft Nähe zu einer Person, in diesem Fall den Kreisvorsitzenden und nimmt somit Berührungsängste gegenüber den Körperschaften.“ Statistik 17 Frauen zählt die Vertreterversammlung der KZV BW. Das sind stolze 34 Prozent und würde damit die geforderte Quote des BZÄK-Ausschusses Beruflicher Nachwuchs, Familie und Praxismanagement erfüllen. In der LZK- Vertreterversammlung sind nur zehn von 63 Delegierten Frauen, das sind lediglich 15,9 Prozent. Im Vorstand der Landeszahnärztekammer findet sich unter den neun Vorstandsmitgliedern Wenig regelmäßige Termine. Schaut man sich die berufspolitisch engagierten Frauen in den Führungsgremien von Kammer und KZV an, so stellt man fest, dass die Frauen „sich meist nicht oder nicht mehr um die Kinderbetreuung kümmern müssen und in der Praxis jemanden haben, der sie entlastet“, resümiert Dr. Patricia Miersch. Und sie regt als Einstieg für die berufspolitische Arbeit Tätigkeiten in der Jugendzahnpflege oder dem Gutachterwesen an, „alles, was mit relativ wenigen regelmäßigen Terminen zu handhaben ist“. In der Jugendzahnpflege engagiert sich Dr. Jutta Vischer schon seit ihrem Studium. „Das hat sich durch meine Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten ergeben. Die Zahnärztin im Gesundheitsamt war meine Berufsschullehrerin und hat mich angesprochen – ich bin bis heute dabei und betreue zwei Kindergärten und eine Schule.“ » mader@lzk-bw.de keine Frau. Im dreiköpfigen KZV- Vorstand ist die Vorsitzende eine Frau. In einem weiteren Organ kann die Kammer hingegen eine gute Vertretung an Frauen aufweisen – im fünfköpfig Haushaltsausschuss ist eine Frau Vorsitzende, neben zwei weiteren Frauen als ordentliche Mitglieder. Im vierköpfig KZV-Finanzausschuss findet sich wiederum nur eine Frau. Der Landesbeirat der KZV BW zählt acht Mitglieder, darunter eine Frau. Kunst kaufen – Kindern helfen! Bekannte Künstler haben exklusiv für die SOS-Kinderdörfer Werke geschaffen. Mit dem Kauf eines limitierten Kunstwerks aus unseren SOS-Editionen unterstützen Sie Projekte der SOS-Kinderdörfer weltweit. Anzeige Janaina Tschäpe, „Ovalaria“ SOS-Edition 2011, Auflage: 20+3, nummeriert und signiert, Digitaler c-print, 40,8 x 33 cm Besuchen Sie die Ausstellung in unserem Büro in Berlin-Charlottenburg oder unsere Internetseite www.sos-edition.de. Berliner Büro Gierkezeile 38, 10585 Berlin Tel: 030/3450 6997-0 www.sos-kinderdoerfer.de SOSKD_Anzeige_EB3_Edition_240,6x83,5_4c_RZ.indd 1 02.09.14 11:48 www.zahnaerzteblatt.de ZBW 3/2019
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