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Impfung in Zahnarztpraxen

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Ausgabe 4/2022

46_IM BLICK ZBW_4/2022

46_IM BLICK ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de Interview mit Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter DIE BESTMÖGLICHE INDIVIDUELLE THERAPIE ANBIETEN Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter ist seit Januar dieses Jahres Ärztliche Direktorin der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, plastisch-ästhetische Operationen, Zentrum für Implantologie am Klinikum Stuttgart. Die 40-jährige gebürtige Ostholsteinerin hat damit die Leitung der größten außeruniversitären Fachklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie in Deutschland inne. Im ZBW-Interview spricht sie über ihren Werdegang, ihre fachlichen Schwerpunkte und ihre Ziele in ihrer neuen Aufgabe. ZBW: Frau Prof. Beck-Broichsitter, Sie waren bis Ende 2021 an der Charité in Berlin als Oberärztin tätig, die letzten zwei Jahre als stellvertretende Direktorin der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie. Was hat Sie zu dem aktuellen Karriereschritt und dem Ortswechsel bewogen? Es sind sicherlich mehrere Dinge, die hier für mich zusammengekommen sind: Zum einen hat sich über die Jahre meiner Aus- und Weiterbildung und letztendlich dann auch in der stellvertretenden Leitungsfunktion an der Charité mein Wunsch verfestigt, eine Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu leiten, den Patient*innen moderne Therapiekonzepte anzubieten und sie danach zu behandeln. Darüber hinaus habe ich viel Freude an der Ausbildung ärztlicher Kolleg*innen. Als Ärztliche Direktorin habe ich den hierfür notwendigen Freiraum eine Abteilung nach meinen Vorstellungen zu gestalten und diese zu verwirklichen. Das ist für mich persönlich eine sehr schöne aber auch herausfordernde Aufgabe. Zum anderen spielt selbstverständlich die Reputation der Klinik eine große Rolle. Das Klinikum Stuttgart ist als Maximalversorger überregional bekannt und genießt – insbesondere die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – einen hervorragenden Ruf, sodass es für mich neben all den Herausforderungen auch eine große Ehre und Freude ist, die Nachfolge einer so großen Persönlichkeit unseres Faches wie Prof. Dieter Weingart in einer so renommierten Klinik anzutreten. Neben dem Doppelstudium Humanund Zahnmedizin haben Sie einen Prof. Dr. Dr. Benedicta Beck-Broichsitter „Master of Hospital Management“ abgelegt. Zudem absolvieren Sie den Masterstudiengang Implantologie und Parodontologie und die Weiterbildung zum Tätigkeitsschwerpunkt Ästhetische Gesichtschirurgie. Was treibt Sie beruflich am stärksten an: Die eigene Behandlungstätigkeit und die Gewissheit, Patient*innen individuell helfen zu können, die vielfältigen organisatorischen Aufgaben in der Leitungsfunktion eines großen Klinikums oder der wissenschaftliche Fortschritt im weiten Feld der Medizin und Zahnmedizin? Ich denke, dass es von allem ein bisschen ist. Meine persönliche Sichtweise und Hauptmotivation besteht darin, dass es immer die Möglichkeit zur Verbesserung und zur Erweiterung des eigenen Wissenshorizont gibt. Ich sehe meine persönliche Aus- und Weiterbildung nicht als abgeschlossen an, sondern als einen kontinuierlichen, lebenslangen Lernprozess. Hieraus ergibt sich automatisch mein Anspruch, Patient*innen die bestmögliche individuelle Therapie anzubieten, neue Behandlungsspektren zu erschließen und natürlich auch die Prozesse in der Kli- Foto: privat

ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de 47_IM BLICK nik zu optimieren. Diese Herausforderungen münden darüber hinaus häufig in wissenschaftlichen Fragestellungen, bei denen ich mich und meine Behandlungsergebnisse auswerte oder nach Lösungsansätzen suche. Sie haben zum Thema „Endokultivierung, quo vadis? – Auf den Spuren der natürlichen Knochenheilung“ habilitiert. Welches Potential sehen Sie in diesem Bereich für konkrete Fortschritte in der Versorgung der Patient*innen? Mein Habilitationsthema ergab sich aus einer dieser konkreten Herausforderungen unseres Fachgebiets, nämlich der Entwicklung alternativer Möglichkeiten zur Wiederherstellung der knöchernen Kontinuität bzw. der Form des Kiefers. Die Gewebezüchtung (Tissue Engineering) ist eine weiterhin sehr vielversprechende Technik, in die ich zu der Zeit sehr gute Einblicke gewinnen konnte. Die Weiterentwicklung von dreidimensionalen Druckverfahren ist mittlerweile so weit gelangt, dass Zellen und Wirkstoffe in ein biokompatibles Trägermaterial, in so genannten Bioprinting- Verfahren, gedruckt werden können. Das stellt meines Erachtens die Grundvoraussetzung und zugleich einen Meilenstein in der Weiterentwicklung bisheriger etablierter Modelle dar, gerade wenn sie um Kenntnisse aus der knöchernen Regeneration erweitert werden. In diesem Bereich wird sehr viel getan, sodass ich mir durchaus vorstellen kann, dass die Hürde in den klinischen Bereich zukünftig überwunden werden könnte. In naher Zukunft halte ich es allerdings nicht für realistisch, da vor einer routinemäßigen Durchführung in der Klinik kritisch geprüft werden muss, ob neue Verfahren im Vergleich zu den etablierten Techniken gleichwertig anzuwenden oder gar überlegen sind. Bis zu diesem Zeitpunkt sind wir angehalten, unsere Techniken zu verbessern, zu individualisieren und minimalinvasiver zu gestalten, um die Belastung des Patienten/der Patientin so gering wie möglich zu halten. Der Fokus in Ihrer neuen Tätigkeit soll auf der Anwendung personalisierter Therapieansätze innerhalb der Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie liegen. Bitte erläutern Sie uns, welche fachlichen Schwerpunkte Sie hier sehen und welche Ziele Sie sich für das Versorgungsangebot im Klinikum Stuttgart setzen. Unser Fachgebiet hat die besondere Herausforderung, dass wir an dem immerzu sichtbaren Gesicht tätig sind und unsere Eingriffe sich direkt auf das Erscheinungsbild oder auf die Sprech-, Kau- und Schluckfunktion auswirken. Deutlich erwünscht ist dies natürlich in der operativen Korrektur von Fehlbildungen und Fehlbissen, möglichst unauffällig soll es nach Entfernung von Neubildungen der Haut, der Mundhöhle oder nach der Versorgung von Knochenbrüchen im Gesicht sein. Allen diesen Konstellationen ist gemein, dass sie zwar als Krankheitsbild übergreifend beschrieben sind, aber sehr individuell ausgeprägt sein können. Jeder Eingriff hat daher seine besonderen Herausforderungen. Genau hier haben wir die Möglichkeit auf diese Besonderheiten einzugehen und mit Hilfe von computerassistierten Verfahren Eingriffe zu simulieren, zu planen und patientenspezifische Implantate herstellen zu lassen, die für die individuelle Situation genau passend sind. Der Vorteil liegt vor allem darin, dass man sich als Behandler vorher virtuell mit dem Ablauf vertraut macht, mögliche Herausforderungen erkennt und direkt löst. Hierdurch kann der Eingriff in der Regel in kürzerer Zeit, ggf. mit kleineren chirurgischen Zugängen durchgeführt und die Erholungszeit vom Eingriff in der Regel verkürzt werden. Außerdem können wir mit hoher Präzision in einem gewissen Korridor der Genauigkeit im Millimeterbereich Ergebnisse vorhersagen. Dies ist gerade für verlagernde Eingriffe am Kiefer im Rahmen kombinierter kieferorthopädisch-kieferchirurgischer Eingriffe, der so genannten Dysgnathie- oder orthognathen Chirurgie, von großer Bedeutung, kommt natürlich aber auch unseren onkologischen Patient*innen zugute, denen wir teilweise Anteile des Ober- oder Unterkiefers nach Entfernung bösartiger Tumore wieder herstellen und mit dentalen Implantaten bzw. Zahnersatz versorgen wollen. Das Spektrum möglicher Anwendungen ist sehr breit und der Nutzen für unsere Patient*innen entsprechend groß. Zwischen Kiel und Stuttgart liegen gut 750 Kilometer. Wie sind Sie als Nordlicht im Schwabenland angekommen? In meiner Assistenzzeit in Kiel war ich bereits kollegial von Schwaben umzingelt und bin aus dieser Zeit mit „Röhrle“, „Schräuble“ und „Plättle“ in meiner chirurgischen Weiterbildung aufgewachsen. Diesen schwäbischen Minimalwortschatz habe ich mir über die Jahre erhalten. Das gelegentliche „Moin“, das mir zur Begrüßung (noch) über die Lippen kommt, wird mir zugestanden und ich denke auch verziehen. Ich bin in der Klinik ausgesprochen herzlich aufgenommen worden und fühle mich in meinem neuen Umfeld sehr wohl. Zum Schluss: Wissen Sie, was „Breschdlingsgsälz“ ist? (lacht). Nein, ich musste es in der Tat nachschlagen. Dabei habe ich eine große Schwäche für Erdbeermarmelade. INFO Die Fragen stellte Dr. Holger Simon-Denoix Die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastischästhetische Operationen, Zentrum für Implantologie des Klinikums Stuttgart, ist die größte deutsche außeruniversitäre Fachklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Das Leistungsspektrum umfasst die Maximalversorgung und entspricht dem vieler universitärer Abteilungen. Die Spezialisierungen sind der Wiederaufbau von hochgradig zurückgebildeten Kieferknochen als Folge des Verlustes der natürlichen Zähne, um Kaufähigkeit, Sprachfunktion und Gesichtsästhetik wiederherzustellen. Die Klinik wurde dafür vom International Team of Implantology (ITI) zum „Center of Excellence“ ernannt. Zudem ist sie auf die Verwendung patientenindividueller Implantate zur Wiederherstellung von Gesichtsschädelknochen spezialisiert (CAD-CAM-Technologie).

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