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Impfung in Zahnarztpraxen

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Ausgabe 4/2022

42_FORTBILDUNG

42_FORTBILDUNG ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de Implantologie MIKROBIOM DES ORALEN BIOFILMS BEI PERIIMPLANTITIS Foto: AdobeStock/Design Cells Dentale Implantationen stellen heutzutage ein wichtiges und routinemäßiges Therapieverfahren in der Zahnmedizin dar, mit Zehn-Jahres-Implantatüberlebensraten von über 90 Prozent (Moraschini et al. 2015). Die häufigsten Komplikationen kommen in Form von periimplantären Entzündungen im Weich- und Hartgewebe vor und können sich um jedes Implantatsystem bilden. Als periimplantäre Mukositis werden Schleimhautentzündungen ohne progredienten Knochenverlust definiert, während es bei der Periimplantitis bereits zum Knochenabbau gekommen ist (Berglundh al. 2018) (Abb. 1). Als Krankheitsursache wird der Biofilm an der Implantatoberfläche angesehen, welcher eine Mukositis induziert, die im weiteren Verlauf in eine Periimplantitis mit Knochenabbau mündet (Al-Ahmad et al. 2018, Berglundh et al. 2018). Im Rahmen der Diskussion um den Pathomechanismus der Periimplantitis werden allerdings auch chirurgische, prothetische und biomechanische Ursachen angeführt (Fretwurst et al. 2016, Fretwurst et al. 2018, Nelson et al. 2020). Ob sich die Prävalenz und Krankheitskinetik der Periimplantitis um Keramikimplantate im Vergleich zu Titanimplanaten unterscheidet, ist unbekannt (Cionca et al. 2017, Fretwurst et al. 2021). Allerdings zeigen erste humane Biopsien des Entzündungsgewebes um Titan- und Keramikimplantate zum Zeitpunkt der Implantatentfernung keine Unterschiede in der zellulären Immunologie (Abb. 2). Jedoch konnten patientenindividuelle Unterschiede festgestellt werden, welche spezifische Risikofaktoren auf Patientenebene nahelegen (Fretwurst et al. 2021, Fretwurst & Nelson 2021, Wölber & Fretwurst 2022). Als patientenindividuelle Risikofaktoren werden eine bestehende Parodontitis, Plaque und eingeschränkte Mund-

ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de 43_FORTBILDUNG hygiene sowie fehlende Adhärenz des Patienten im Nachsorgeverhalten, fehlende befestigte Gingiva, Rauchen, proinflammatorische Ernährung, Diabetes und eine mögliche genetische Prädisposition des Patienten diskutiert. Dabei ist interessant, dass nicht alle Risikofaktoren gleichermaßen für die Periimplantitis und die Parodontitis evidenzbasiert sind. Während Diabetes und Rauchen eindeutig als Risikofaktoren für die Parodontitis ausgemacht werden konnten, sind die diesbezüglichen Studien zur Periimplantitis zum Teil heterogen (Berglundh et al. 2018, Sanz et al. 2021). Für die Risikofaktoren akute Parodontitis, erhöhte Plaquewerte und eingeschränktes Nachsorgeverhalten ist die Evidenz für die Periimplantitis allerdings robust. DIAGNOSTIK Für die Diagnostik der Periimplantitis wird die periimplantäre Taschentiefenmessung und der radiologische marginale Knochenverlust laut S3-Leitlinie empfohlen (Schwarz et al. 2016). Diese Leitlinie befindet sich aktuell in Überarbeitung. Eine Periimplantitis liegt definitionsgemäß bei periimplantären Taschentiefen ≥ 6 mm mit nachweisbarem radiologischen Knochenabbau vor (Berglundh et al. 2018). Weitere klinische Symptome wie Mobilität des Implantates, Schmerzen und/oder Pus zeigen sich nicht zwangsläufig bei jeder Periimplantitis und können daher nicht als Standarddiagnostik herangezogen werden (Schwarz et al. 2016). Als radiologische Bildgebung können sowohl das Orthopantomogramm (OPG) als auch Zahnfilme in der Rechtwinkeltechnik genutzt werden (Fretwurst et al. 2020). Aufgrund der limitierten Diagnostikmöglichkeiten wird in der Periimplantitisforschung ein Schwerpunkt auf die Etablierung von mikrobiologischen und immunologischen Diagnostikmethoden gelegt (Duarte et al. 2016, Ghassib et al. 2019, Sahrmann et al. 2020). Mikrobiologische oder immunologische Tests sollten allerdings aufgrund der begrenzten Aussagekraft noch nicht zur Diagnostik einer Periimplantitis herangezogen werden. MIKROBIOM Der gesamte menschliche Körper beherbergt ca. 1 Billion Mikroorganismen. Unter dem Mikrobiom versteht man die Gesamtheit aller Bakterien eines Organismus, einer Körperregion oder eines Organs, welche komplexe bakterielle Ökosysteme darstellen (Rajpoot et al. 2018). Im Rahmen des humanen Mikrobiom-Projekts wurden in den letzten Dekaden vorrangig das Mikrobiom des gastrointestinalen Traktes, der Haut, der Schleimhäute der Geschlechtsorgane und der Mundhöhle auf ihre Biodiversität untersucht (Guarner et al. 2003, Rajpoot et al. 2018). Humane Mikrobiomstudien haben gezeigt, dass sich das Mikrobiom nicht nur von unterschiedlichen Körperregionen sowie von gesunden und kranken Patienten unterscheidet, sondern dass auch ganz beträchtliche interindividuelle Unterschiede zwischen gesunden Patienten bestehen (Huttenhower et al. 2012). Hierfür werden beeinflussende Faktoren wie Gesundheitsstatus, Medikamenteneinnahme, Lebensstil und Ernährung diskutiert (Scott et al. 2013). So ist die Mikrobiomforschung ein Forschungsschwerpunkt im Bereich der personalisierten Medizin geworden, um Krankheitsursache und -entstehung, sowie Krankheitsverlauf in verschiedenen Organsystemen zu erklären. In der Zahnmedizin wird für diese Mikrobiomforschung auf Speichel, subgingivale Plaque, Zahnstein und parodontales bzw. periimplantäres Sulkusfluid zurückgegriffen. 1a 1b 1c Klinik. Das Orthopantomogramm zeigt einen ausgeprägten periimplantären Knochenverlust regio 13 – 23 mit z. T. > 50 Prozent Knochenverlust an den Implantaten (1a). Klinische, intraoperative Darstellung der ausgeprägten Periimplantitis in regio 13 – 23 nach Entfernung des periimplantären Entzündungsgewebes (1b). OP-Situs nach Explantation der Implantate. Die Kieferhöhle imponiert in regio 13 punktförmig eröffnet (1c).

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