DEMOKRATISC 30_POLITIK ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de Das Dialoggespräch mit Florian Wahl MdL VOLLE UNTERSTÜTZUNG FÜR DIE ZAHNÄRZTESCHAFT Florian Wahl ist Sprecher für Gesundheit und Pflege der SPD und zudem Vorsitzender des Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Integration des Landtags von Baden-Württemberg. Im Dialoggespräch erklärte der SPD-Politiker nicht nur wie er zur allgemeinen Impfpflicht steht und ob er für eine Corona-Sonderprämie für ZFAs wäre, sondern bezieht zudem Stellung zur Integration des Landesgesundheitsamtes in das Sozialministerium. SOZ Screenshot: C. Schwarz Onlineformat. Coronabedingt fand das Dialoggespräch nicht in Präsenz statt. Dem konstruktiven Austausch tat dieser Umstand jedoch keinen Abbruch. PAR DEUTSCHLA Cornelia Schwarz: Herr Wahl, die Zahnärzteschaft im Land kennt Sie ja bereits als ehemaligen Leiter der Stabsstelle Kommunikation der KZV BW – doch nun würden wir gerne von Ihnen als gesundheitspolitischem Sprecher der SPD im Landtag von Baden-Württemberg wissen, wofür Sie in der Gesundheitspolitik stehen und welche expliziten Ziele Sie dort mit Ihrem Engagement verfolgen. Florian Wahl: Dass ich eine gewisse Affinität zur Selbstverwaltung im Gesundheitswesen habe, ist ja hinlänglich bekannt. Übrigens ja nicht nur eine Affinität, sondern immerhin auch noch einen ruhenden Arbeitsvertrag (lacht). Was uns umtreibt, ist die Sicherstellung der Versorgung, und dies sowohl im Land als auch in der Fläche [...]. Wir wollen, dass die Versorgung in der Fläche auch in Zukunft sichergestellt wird und zwar sowohl am Tag, als auch in der Nacht und an den Wochenenden. Aktuell ist die Hauptaufgabe für die Gesundheitspolitik im Land natürlich die Bewältigung der Coronapandemie und die Lehren, die man daraus ziehen kann. Hier sind wir mit dem Management der Landesregierung sehr, sehr unzufrieden [...]. Außerdem denke ich, dass wir uns auch die Vermessung zwischen dem stationären Bereich und dem ambulanten Bereich, [...] anschauen und auch ganz klar reflektieren, was funktioniert, was funktioniert nicht [...]. Ein weiterer wichtiger Punkt für die Zukunft ist für mich der Versorgungsauftrag. Was macht eigentlich das Land, wenn die Selbstverwaltung in bestimmten Punkten diesen Sicherstellungsauftrag nicht mehr erfüllt? [...] Das kann in den nächsten Jahren eine ganz wichtige Frage für uns werden [...]. Cornelia Schwarz: Sie hatten es eben schon angesprochen, dass Sie hinsichtlich der Coronaverordnung sehr unzufrieden mit der Landesregierung sind. Wo sehen Sie denn konkret das Hauptproblem hinsichtlich der gewünschten Verlässlichkeit und Planungssicherheit? Ja, da brauchen wir uns ja gar nicht gegenseitig konfirmieren, weil wir wissen ja alle noch, wie wir Ostern 2020 miteinander verbracht haben. [...] Aber das Schlimme seither ist, dass manches innerhalb von zwei Jahren nicht viel besser geworden ist, z. B. fortlaufend Verordnungen, die um 22 Uhr veröffentlicht werden, 0 Uhr gelten. [...] Es ist gegenüber allen Beteiligten kein guter Stil. [...] Ich halte es für ein Managementproblem. Dr. Ute Maier: Das ist sicherlich richtig, dies erschwert natürlich auch die Umsetzung in der Selbstverwaltung. Man kann nicht kurzfristig etwas verabschieden und veröffentlichen und hinterher sagen, die Selbstverwaltung habe es nicht auf die Reihe gekriegt. Wobei sich
ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de das nicht nur auf Landesebene so verhält, sondern uns leider auch mit Gesetzgebungen von Bundesebene aus ebenso ergeht. [...] Es ist ja geplant, dass es eine Enquete-Kommission „Krisenfeste Gesellschaft“ geben soll. [...] Ich stehe der Enquete kritisch gegenüber, weil ich befürchte, dass es innerhalb einer zweijährigen Aufarbeitung, vielleicht einen Tag für den Gesundheitsbereich geben wird. [...] Ich finde, das müsste zielgerichteter für den Gesundheitsbereich organisiert werden. Aus meiner Sicht müsste das relativ zeitnah geschehen und dann auch intensiv mit den Partnern im Gesundheitswesen erörtert werden. [...] Dr. Torsten Tomppert: Ich IAL- denke, die Problematik, ich spreche aber jetzt mal vom Bund und gehe zur großen Koalition zurück, war, dass versäumt wurde, einen richtigen Krisenstab einzurich- HE ten. Aus meiner Sicht hätte dieses Gremium viel breiter aufgestellt gehört. Zudem hätten dort natürlich Ökonomen hineingehört, dort hätte TEI die Industrie hineingehört, Psychologen, Virologen und auch Epidemiologen. Das verstehe ich persönlich nicht, ND dass die letzte Bundesregierung dies nicht getan hat. In einem Diskurs an so einem großen runden Tisch erarbeitet sich die Politik die verschiedenen Aspekte und Handlungsoptionen. Und das war mir damals deutlich zu einseitig. Da stimme ich Ihnen gerne zu. Ich halte den Ansatz, den die jetzige Bundesregierung wählt, für absolut richtig. [...] In der alten Struktur wäre es nicht denkbar gewesen, dass man im Dezember 30 Millionen Impfungen hinbekommt. Ich fand den Ansatz von Minister Lucha immer richtig, dass er in die AG Corona, die Leute von der Front mit reingeholt hat. Ich glaube aber, dass das Sozialministerium mit dem Management der Coronakrise logistisch überfordert war [...]. Cornelia Schwarz: 2021 sollte das Impfjahr werden – was wird das Jahr 2022? Ich hoffe auf jeden Fall, dass 2022 auch ein Impfjahr wird, denn sonst haben wir alle am Ende des Sommers ein ziemliches Problem. [...] Wir können jetzt auch nicht mehr sagen, wir warten ab, bis die Pandemie vorbei ist, sondern müssen uns ein wenig anpassen. Das wird sicherlich im Fokus dieses Jahres stehen. Cornelia Schwarz: Sie haben eben das Impfjahr auch für das Jahr 2022 ins Feld geführt. Doch wie stehen Sie denn zur allgemeinen Impfpflicht? Also ich bin grundsätzlich jemand, der kein großer Freund von Impfpflichten ist, weil ich einen unerschütterlichen Optimismus in die rationalen Beweggründe der Menschen habe. Aber leider hilft allein der Optimismus nichts. Wenn wir im Herbst nicht noch einmal eine solche Situation wie 2020 und 2021 erleben wollen, brauchen wir eine Impfpflicht. Ich halte diese allgemeine Impfpflicht auch aus anderen Gründen für wichtig, damit wir keine krassen Abwanderungstendenzen aus dem Gesundheitsbereich haben. Diese Möglichkeit fiele mit der Impfpflicht weg und andererseits ist es auch einfach eine Frage der Solidarität. Dr. Ute Maier: Das heißt Sie sind für die allgemeine Impfpflicht und alle sind im Boot und nicht nur die Beschäftigten im Gesundheitswesen? Denn genau diese selektive Verpflichtung führt zu den Abwanderungsfällen aus bestimmten Berufszweigen. Hier müsste die Bundesregierung deutlich Kante zeigen. Es ist eine große ethische Frage. Wir haben in Deutschland eine gute Kultur hinsichtlich Gewissensfragen. [...] Das Prinzip Regierung und Opposition hilft in solchen Fällen nicht weiter – das muss jede*r Abgeordnete nach dem eigenen Gewissen beantworten. Einfach weil das Thema Impfung sehr 31_POLITIK » An dieser Stelle auch mal ein herzlicher Dank, vor allem an die KZV und auch an die LZK, weil wir ja wissen und sehen, dass Sie als die Führungspersönlichkeiten immer an der Seite der Impfenden standen und das auch praktisch gefordert und pragmatisch unterstützt haben.« Florian Wahl MdL persönlich ist und mitunter den religiösen Bereich tangiert. Dennoch und ja, ich bin für eine allgemeine Impfpflicht und würde auch dafür stimmen [...]. Cornelia Schwarz: Stichwort impfende Zahnärzteschaft. Aktuell sind die bürokratischen Vorgaben hier noch nicht genommen… Ich persönlich hätte mich gefreut, wenn die Zahnärzte früher hätten impfen können. Allerdings muss man sagen, dass die bürokratischen Hürden, was das Impfen angeht, an vielen Stellen viel zu hoch waren. [...] Gerne nehmen wir hier auch noch weitere Hinweise von Ihnen entgegen und gebe sie an die Landesregierung mit Nachdruck weiter. Daran darf es aus unserer Sicht auf keinen Fall scheitern. Dr. Torsten Tomppert: Natürlich, und das muss ich ganz ehrlich sagen, ist der Zeitpunkt, die Zahnärzteschaft zum Impfen zuzulassen, etwas spät. Allerdings freut es mich, dass die Bereitschaft der Zahnärztinnen und Zahnärzte am Impfen teilzunehmen, noch so lange vital geblieben ist. [...] Die Ärztekammer und die KV Baden-Württemberg haben es in der AG Corona ja auch bereits gesagt, Zahnärzte können piksen. Und übrigens nicht nur das: Zahnärzte können auch Anamnese. Ich habe vorher mit der Geschäftsstelle der LZK telefoniert und dort fühlte man sich heute, ob der Bereitschaft der Zahnärzte zu impfen, niedergerannt. Ich finde das beeindruckend [...], dass auch dieser Berufsstand der Politik verziehen hat, dass er in der vergangenen Zeit von der Bundespolitik nicht ganz so behandelt wurde, wie er sich das gewünscht hätte und trotzdem bereit ist, der Bevölkerung zu helfen. Das läuft meines Erachtens
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