10_TITELTHEMA ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de Zahnärzteschaft als Teil der Impfkampagne gegen COVID-19: die Vorgeschichte DER LANGE WEG ZUR IMPFUNG Foto: unsplash.com_MufidMajnun Eigentlich sollten Anfang April in Baden-Württemberg die ersten Impfungen gegen COVID-19 in den Zahnarztpraxen verabreicht werden können – gut 15 Monate nach Beginn der Impfkampagne. Ob das so kommt, hängt von den finalen politischen Weichenstellungen ab. Zum Redaktionsschluss war die Impfschutzverordnung immer noch nicht geändert. Hoffen wir, dass die Politik in der Zwischenzeit aktiv geworden ist und zum Erscheinen dieses Heftes die Zahnärzteschaft ihren Teil bei der Impfung gegen COVID-19 beitragen kann. Denn seitens der zahnärztlichen Körperschaften wurde schon früh die Bereitschaft zur Unterstützung der Kampagne betont und das Angebot immer wieder erneuert. Ein stringentes Vorgehen der Politik bei der Schaffung der gesetzlichen Grundlagen war dagegen selten feststellbar. START DER IMPFKAMPAGNE Am 31. Dezember 2019 wurde der Ausbruch einer bis dahin unbekannten Lungenkrankheit in der chinesischen Großstadt Wuhan bestätigt. Weniger als ein Jahr darauf waren die ersten Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 verfügbar – in Deutschland wurde am 27. Dezember 2020 die erste Impfung verabreicht. Mit diesem Startschuss hat die Impfkampagne in Deutschland und auch in Baden-Württemberg Gestalt angenommen. Den Auftakt für die vielen Millionen Impfungen, die seitdem in Baden-Württemberg verabreicht wurden, machten die zentralen Impfzentren in Freiburg, Offenburg, Karlsruhe, Heidelberg, Stuttgart, Rot am See, Tübingen und Ulm. Wenig später haben die Kreisimpfzentren an 50 dezentralen Standorten ihre Arbeit aufgenommen. Der ambulante Sektor war in den ersten Monaten der Impfkampagne noch nicht involviert. Erst im April 2020 wurden auch in den Hausarztpraxen die ersten Spritzen gesetzt. BEREITSCHAFT ZUR MITARBEIT Von Beginn an wurde seitens der Politik in Bund und Land um Unterstützung der Kampagne gebeten – etwa im Rahmen der Aufklärung der Bevölkerung über die Impfung. Die Zahnärzteschaft in Baden-Württemberg hat sich dieser Bitte gegenüber von Beginn an aufgeschlossen gezeigt und ihren Willen erklärt, der Verantwortung für das Gesundheitswesen in Deutschland nachzukommen, in den Impfzentren und auch in den Praxen, und zu einer hohen Impfbereitschaft in der Bevölkerung beizutragen. Bereits im Dezember 2020 starteten die Kassenzahnärztliche Vereinigung und die Landeszahnärztekammer über die Kassenzahnärztliche Vereinigung zudem einen Aufruf, um die Bereitschaft der Kolleginnen und Kollegen, in den Impfzentren des Landes mitzuarbeiten, abzufragen. In einer eigens eingerichteten E-Mail-Datenbank „impfzahnaerzte@ kzvbw.de“ sind bereits über 550 Mitglieder gemeldet. Diese enorme Bereitschaft wurde umgehend gegenüber dem Sozialministerium kommuniziert, die Zahnärztinnen und Zahnärzte hätten somit kurzfristig zur Unterstützung in die Impfkampagne eingebunden werden können. IMPFSTOFFMANGEL Die erste Phase war jedoch geprägt von einer allgemeinen Impfstoffknappheit, sodass zunächst nur die höchst priorisierten Personengruppen – Menschen ab 80 Jahren, Personal in Altenheimen und medizinisches Personal in Notaufnahmen und Intensivstationen – geimpft werden konnten. Gleichzeitig gab es augenscheinlich genügend personelle Kapazitäten in den Impfzentren. Für einen breit aufgestellten Einsatz der Zahnärzteschaft wurde von Seiten der Politik deshalb schlicht kein Bedarf gesehen. Bis zum Sommer des vergangenen Jahres konnte der anfängliche Mangel – auch durch die Zulassung weiterer Vakzine – schließlich behoben und allen impfwilligen Erwachsenen ein Impfangebot unterbreitet werden. Während die Hausarztpraxen
ZBW_4/2022 www.zahnaerzteblatt.de 11_TITELTHEMA nun in die Impfkampagne eingebunden waren, fehlten für die Impfung durch die Zahnärzteschaft hingegen weiterhin die gesetzlichen Voraussetzungen. ÖFFENTLICHKEITSARBEIT Neben der Bereitschaft, den Impffortschritt durch den Einsatz der Zahnärztinnen und Zahnärzte zu beschleunigen, legten die KZV BW und die LZK BW großen Wert darauf, auch die diversen öffentlichen Impfangebote von Bund, Land und Kommunen aktiv zu unterstützen. So wurde etwa der Aufruf des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für die Aktionswoche #Hier- WirdGeimpft über die verschiedenen medialen Kanäle verbreitet und damit für eine stärkere Wahrnehmung der Impfangebote geworben. VIERTE WELLE Allen Bemühungen zum Trotz blieb die Impfquote in Deutschland bis zuletzt unter den Erwartungen. Vielmehr entwickelte die Pandemie im Herbst 2021 durch die diversen Mutationen bis hin zur deutlich ansteckenderen Omikron- Variante eine bislang ungekannte Dynamik und wies Inzidenzen auf, die alle vorausgegangenen Wellen deutlich übertrafen. Ende November 2021 hatte die Gesundheitsministerkonferenz den Bundesgesetzgeber dazu aufgerufen, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen, um die Zahnärztinnen und Zahnärzte wie auch Apothekerinnen und Apotheker sowie Tierärztinnen und Tierärzte in die laufende Impfkampagne einzubeziehen. Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), und Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), erklärten daraufhin: „Angesichts der viel zu hohen Infektionszahlen […] steht die Zahnärzteschaft bereit, bei der dringend notwendigen Beschleunigung der Impfkampagne die ärztlichen Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen. Wir müssen […] alle verfügbaren Kräfte des Gesundheitssystems bündeln, um die vierte Coronawelle zu brechen.“ Zunächst wurde eine Unterstützung der ärztliche Kolleginnen und Kollegen in externen mobilen Einheiten, Arztpraxen und Impfzentren ins Auge gefasst. Perspektivisch sollten jedoch auch Impfungen in Zahnarztpraxen in Betracht gezogen werden. IMPFBERECHTIGUNG Mitte Dezember wurde schließlich das „Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19“ verabschiedet, das u. a. die Ausweitung der Berechtigung zum Impfen auf die Zahnärzteschaft formulierte. Voraussetzung war die erfolgreiche Teilnahme an einer ärztlichen Schulung. Außerdem müssen geeignete Räumlichkeiten mit der für die Durchführung von Corona- Schutzimpfungen erforderlichen Ausstattung zur Verfügung stehen. Dazu konnten Zahnärztinnen und Zahnärzte in andere geeignete Strukturen wie mobile Impfteams eingebunden werden. ORGANISATION Für die ärztliche Schulung der Zahnärzteschaft entwickelte die BZÄK in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer bis Jahresende ein Mustercurriculum, während die konkrete Durchführung der Schulungen maßgeblich über die Landeszahnärztekammern organisiert wurde. Gleichzeitig mussten die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Datenerfassung und Dokumentation im Rahmen der Impfsurveillance des Robert- Koch-Instituts sowie die geordnete Abrechnung der erbrachten Impfleistungen über die KZVen zu regeln. Auch eine EDV-gestützte Möglichkeit, um Impfstoffe zu bestellen und digitale Impfzertifikate erstellen zu können, mussten auf den Weg gebracht werden. IMPFVERORDNUNG Dass die Zahnärzteschaft dennoch nicht unmittelbar zur Unterstützung der Impfkampagne tätig werden konnte, war darauf zurückzuführen, dass ihre Aufnahme in die Impfverordnung seitens des Gesetzgebers immer wieder verzögert wurde. Gerade in der Phase wurde wiederholt deutlich, dass die Selbstverwaltung der Zahnärzteschaft kurzfristig und effektiv in der Lage ist, die nötigen Voraussetzungen zu schaffen und organisatorische Herausforderungen zu lösen, während sich die politischen Prozesse – unter der alten wie unter der neuen Bundesregierung – als sehr schwerfällig und angesichts der dramatischen pandemischen Lage unangemessen langsam erwiesen. Es bleibt insofern zu hoffen, dass die Stimme der Selbstverwaltung im weiteren Verlauf der Pandemie bei allen drohenden Unwägbarkeiten und Entwicklungen bei den politischen Entscheidungsträgern Gehör finden und die zahnärztliche Bereitschaft zum Impfen in einer folgenden Infektionswelle nicht erneut durch bürokratische Hindernisse unterlaufen wird. Dr. Holger Simon-Denoix Sie wollen das Zahnärzteblatt Baden- Württemberg künftig lieber in der digitalen Version lesen? Ab sofort haben Sie die Möglichkeit, unser Blatt digital im praktischen ePaper-Format zu beziehen. Auf diese Weise kommen Sie über jedes Ihrer Endgeräte, zu jedem Zeitpunkt und überall zur Lektüre des ZBW. So einfach geht’s: Schreiben Sie uns eine E-Mail und bestellen Sie das ZBW online. info@zahnaerzteblatt.de Wollen Sie auf die gedruckte Version des ZBW verzichten, bestellen Sie die Printausgabe bitte bei Ihrer zuständigen Bezirkszahnärztekammer ab: BZK Freiburg, Tel. 0761 4506-343 BZK Karlsruhe, Tel. 0621 38000-227 BZK Stuttgart, Tel. 0711 7877-236 BZK Tübingen, Tel. 07071 911-230
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