10_BERUFSPOLITIK ZBW_1/2022 www.zahnaerzteblatt.de Vertreterversammlung der KZBV „ZUSAMMENARBEIT IST DER SCHLÜSSEL ZUM ERFOLG“ Foto: KZBV/Knoff Die Delegation der KZV Baden-Württemberg auf der Vertreterversammlung der KZBV. Die Delegierten der Vertreterversammlung (VV) der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) trafen sich am 24. und 25. November 2021 in Düsseldorf, um aktuelle gesundheitspolitische Themen zu diskutieren und gemeinsam Forderungen an die neue Regierungskoalition aus SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP zu stellen. Das Treffen stand ganz im Zeichen der 3G-Regel für Praxen und damit einhergehend einer Resolution zur sofortigen Aussetzung der Regel und einer umgehenden Anpassung des Infektionsschutzgesetzes. VEREINTE ZAHNÄRZTESCHAFT In seiner Rede machte Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstandes der KZBV, die Einigkeit der Zahnärzteschaft zu einem zentralen Thema: „Wir sind immer dann besonders stark gewesen, wenn wir uns als Spitzenorganisationen inhaltlich und programmatisch konsentiert haben und danach mit einer Stimme nach außen sprechend aufgetreten sind. Immer dann sind wir von der Öffentlichkeit und der Politik als authentisch wahr- und ernstgenommen und auch von den Zahnärztinnen und Zahnärzten in unserer Führungsrolle akzeptiert worden“, so Dr. Eßer weiter. Diesen Schulterschluss suchten in der VV auch der Präsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Christoph Benz, und der Präsident der DGZMK, Prof. Dr. Roland Frankenberger. FORDERUNGEN Zwar gebe es mit dem Erhalt der Privaten Krankenversicherung (PKV), dem Fokus auf Prävention und der Stärkung der ländlichen Versorgung positive Vorhaben der Ampel-Koalition, jedoch ließen die Sondierenden einiges vermissen: Dr. Eßer fehlte ein klares Bekenntnis zur Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung, auch von der Eindämmung investorengetragener Medizinischer Versorgungszentren (iMVZ) oder einer Förderung der Niederlassung sei keine Rede bei den Sondierungen gewesen. Der Vorstandsvorsitzende der KZBV formulierte daher sieben Forderungen an die Politik: Die Freiberuflichkeit und Selbstverwaltung zu stärken, sei eines der wichtigsten Anliegen. Die Zahnärzteschaft habe eindeutig gezeigt, dass man auf die Kompetenz der Selbstverwaltung vertrauen könne. Der Weg der Prävention und der Versorgung vulnerabler Gruppen, den die Zahnärzteschaft seit langem erfolgreich beschreitet, müsse konsequent weitergegangen werden. In der Digitalisierung forderte Dr. Eßer einen Strategiewechsel: „Motivation statt Sanktion, Sicherheit vor Schnelligkeit und Mehrwert statt Mehrarbeit“. Um die vertragszahnärztliche Versorgung auch in Zukunft sicherstellen zu können, müsse der Wildwuchs bei den iMVZ eingedämmt werden. Ferner solle der „Bürokratiewahnsinn“ ein Ende finden und die Niederlassungsbereitschaft gefördert werden. Auch das
ZBW_1/2022 www.zahnaerzteblatt.de 11_BERUFSPOLITIK Gesundheitswesen müsse einen Beitrag zum Schutz von Umwelt und Klima leisten. LEBENDIGE DISKUSSION Das erste Gesetzesvorhaben der künftigen Koalition, die Änderung des § 28 Abs. 2 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und der damit einhergehenden Test-, Melde- und Dokumentationspflichten, brachte viel Unruhe und Ärger in die Zahnarztpraxen und die Vertreterversammlung. „Die Ampel hat mit ihren realitätsfernen Regelungen für die Praxen die zahnärztliche Versorgung gefährdet. Auf Landesebene konnten wir zusammen mit den Vertreter*innen anderer standespolitischer Organisationen beim Sozialministerium schnell eine Aussetzung erreichen. Auf Bundesebene muss der Gesetzgeber jetzt zügig nachbessern“, forderte Dr. Ute Maier, Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg (KZV BW). Die VV verabschiedete einstimmig eine Resolution zur sofortigen Aussetzung des § 28b. Der nötige und richtige Druck führte schließlich zum Erfolg. Prof. Dr. Christoph Benz nannte den Strukturwandel als Herausforderung für die Zahnärzteschaft und hob in seinem Vortrag die positiven Entwicklungen etwa in der Prävention als Erfolg hervor. Prof. Dr. Roland Frankenberger entwickelte in seinem Beitrag universitätspolitische Forderungen an die Politik, z. B. die Gleichstellung der Zahnmedizin mit der Medizin anstelle von systematischer Benachteiligung und machte sich für eine gute zahnmedizinische Forschung und Lehre stark. FRAUENFÖRDERUNG In der Diskussion forderte Dr. Ute Maier als Vorsitzende der AG Frauenförderung ein Jahr nach der Verabschiedung entsprechender Vorschläge durch die KZBV VV eine Bestandsanalyse: „Lasst uns gemeinsam eruieren: Was wurde seither in der KZBV und den KZVen zur Umsetzung getan und wo müssen wir noch konkreter werden?“. WEITERE BESCHLÜSSE Darüber hinaus gab die VV dem Vorstand mit der einmütigen Zustimmung zu den Anträgen ein starkes Mandat für die kritische Begleitung der zukünftigen Gesundheitspolitik in Deutschland: So beschloss die VV etwa Anträge zur Digitalisierung. Die Kosten der Digitalisierung müssten refinanziert und dürften nicht bei den Praxen abgeladen werden. Zudem soll die Frist zur Einführung des E-Rezepts verlängert werden. Dr. Ute Maier begrüßte zudem den Beschluss zur dauerhaften Aufhebung der Obergrenzen in der vertragszahnärztlichen Versorgung: „Wer eine echte Niederlassungsförderung will, muss endlich die Vergütungsobergrenzen aufheben. So machen wir die Niederlassung wieder attraktiv“. Seitenhiebe richteten sich gegen die SPD, die im Wahlkampf mit dem Stichwort „Respekt“ angetreten war: Man werde die neue Bundesregierung beim Wort nehmen und den in der Coronapandemie schmerzlich vermissten Respekt für die Dr. Hans Hugo Wilms Respekt für die Mitmenschen hat der SPD-Kanzlerkandidat während des Wahlkampfes eingefordert. Die Fußballnationalspieler fordern Respekt bei ihren Fans ein. Steht Respekt für die neue Political Correctness? Die Politik bekundet unserem Berufstand gegenüber nicht immer den nötigen Respekt. Ganz aktuell zeigte sich dies bei der Verweigerung des Schutzschirms auch für uns, obwohl wir die zahnmedizinische Versorgung in der derzeitigen Krise von Beginn an sicherstellten. Den beispielhaften Systemwechsel vom kurativen zum präventiven Behandlungsansatz in der zahnärztlichen Versorgung nimmt man gern zur Kenntnis, verweigert uns aber seit mehr als drei Jahrzehnten eine Punktwertanhebung in der GOZ. Bei vielen anderen Freiberuflern funktioniert die Anhebung des Gebührenkatalogs problemlos mit dem Argument der gestiegenen Lebenshaltungskosten. Unser Hygienemanagement hat sich gerade in der derzeitigen Krise hervorragend bewährt. Wir haben nachweislich die geringsten Infektionsraten in der ambulanten Versorgung, für einen finanziellen Ausgleich der gestiegenen Kosten mussten wir allerdings sprichwörtlich Zahnärzteschaft vehement einfordern (siehe auch Kommentar). Alexander Messmer INFO Die Beschlüsse der KZBV-Vertreterversammlung vom 24. bis zum 25. November 2021 finden Sie hier: https://bit. ly/3nXso83 KOMMENTAR auf die Knie gehen. Die Ausbildung an den zahnärztlichen Fakultäten leidet seit Jahren unter chronischer Unterfinanzierung. Notwendige und zugesagte Gelder werden kurzfristig anderweitig verwendet. Gesetze und Verordnungen werden für ärztliche Versorgungen erlassen ohne zu hinterfragen, ob deren Notwendigkeit auch für Zahnärztinnen und Zahnärzte besteht. Diese wenigen Argumente zeigen den Mangel an Respekt seitens der Politik gegenüber der Zahnärzteschaft. Unter dieser Prämisse ist es wichtig, dass die Bundesorganisationen Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, Bundeszahnärztekammer und Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde sich zusammenraufen und mit einer Stimme sprechen. Mit der Podiumsdiskussion zwischen den Repräsentanten Eßer, Benz und Frankenberger ist ein guter Auftakt gelungen. Nur so können wir den nötigen Respekt geltend machen. Die Präambel des Koalitionsvertrages endet mit den Worten: „Wir wollen eine Kultur des Respekts befördern – Respekt für andere Meinungen, für Gegenargumente und Streit, für andere Lebenswelten und Einstellungen“. Schaun wir mal ….
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