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Ausgabe 01 2024

34_BERUFSPOLITIK

34_BERUFSPOLITIK ZBW_1/2024 www.zahnaerzteblatt.de ITN-Zahnsanierung: 10 Jahre Kooperation ZFZ und Marienhospital Stuttgart DER EMOTIONALSTE ARBEITSPLATZ DER WOCHE Der emotionalste Arbeitsplatz der Woche ist für Sarah Gronwald jeden Mittwoch der OP-Saal des Marienhospital Stuttgart. Am Mittwoch, den 27. September 2023 teilt die Zahnärztin des ZFZ Stuttgart – mit Spezialisierung auf Kinderzahnheilkunde – ihn mit vier Frauen: Dr. Anja Witzke, Stephanie Bach, Ebru Kamis und Nilay Gülum. Für die nächsten sechs Stunden eint die fünf eine gemeinsame Mission: Sie kümmern sich um Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren, deren Zähne aufgrund schlechter Mundhygiene, falscher Ernährung und süßer Getränke sowie ihrer familiären Situation und Vorerkrankungen so geschädigt sind, dass sie unter Narkose saniert werden müssen. Team. Die erfolgreiche Kooperation zwischen dem Marienhospital Stuttgart und dem ZFZ Stuttgart bei der ITN-Zahnsanierung hat viele Gesichter: Dr. Anja Witzke, ZÄ Sarah Gronwald, Dr. Dr. Thomas Fillies, Stephanie Bach, Dr. Csilla Weber-Tumbass, Prof. Dr. René Schmidt (obere Reihe, v. l.) Behnaz Karimi, Ebru Kamis, Nilay Gülum (untere Reihe v. l. ). Fotos: Andrea Mader Sarah Gronwald führt seit ihrem Berufsbeginn Zahnsanierungen in Narkose im gesicherten Umfeld einer Klinik durch und hat sich in über 24 Jahren eine große Expertise erworben. HERVORRAGENDE KOOPERATION Im Jahr 2024 besteht die Kooperation zwischen dem Marienhospital Stuttgart und dem ZFZ Stuttgart zehn Jahre. „Nach der unerwarteten Kündigung durch den vorherigen Kooperationspartner, das Olgahospital, damals ein Politikum, hatte sich die Frage gestellt, wie die vielen Kinder, die speziell an das ZFZ Stuttgart überwiesen wurden, weiterhin versorgt werden könnten“, berichtet Sarah Gronwald. Das Problem der Unterversorgung bei Kindern, ob zahnärztliche Behandlung, ambulante oder stationäre Versorgung besteht weiterhin. „Im Curriculum Kinderzahnheilkunde am ZFZ Stuttgart konnten wir inzwischen zahlreiche Kolleginnen und Kollegen fortbilden“, so Sarah Gronwald, „sie decken den Behandlungsbedarf in der Kinderzahnheilkunde gut ab.“ Kinder mit Vorerkrankungen, Syndromen verschiedenster Art, jünger als 12 Monate oder mit geringem Körpergewicht können jedoch nur in einer Klinik mit entsprechender Erfahrung, Ausbildung und Ausrüstung sicher in Narkose behandelt werden. Darunter fallen zum Beispiel Kinder mit Epilepsie, Herzerkrankungen, onkologischer Vorgeschichte, Stoffwechselstörungen, aber auch Autisten oder Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung. Das gilt auch für Hochrisikopatienten, die für eine zahnärztliche Sanierung in Narkose an das ZFZ überwiesen werden. Durch die Kooperation mit dem Marienhospital kann das ZFZ Stuttgart diese Patienten in den meisten Fällen übernehmen und die Behandlung gewährleisten, außer bei schwerwiegenden Herzerkrankungen und Blutgerinnungsstörungen. In solchen Fällen ist eine stationäre Aufnahme bereits im Vorfeld mit der wichtigsten Bezugsper-

ZBW_1/2024 www.zahnaerzteblatt.de 35_BERUFSPOLITIK son für eine Nacht auf der Intermediat Care Station eingeplant. Alternativ könnten die Patienten an den Universitätskliniken im Land behandelt werden, dort sind die Wartezeiten allerdings lang und die Termine rar, die Behandlungen dieser Kinder sind jedoch alle sehr dringend. EMOTIONALE VERANTWORTUNG Der ehemalige Direktor des ZFZ Stuttgart, Prof. Dr. Johannes Einwag, und Sarah Gronwald versuchten nach der Kündigung durch das Olgahospital die erfolgreiche zahnärztliche Narkosebehandlung weiterzuführen und klopften beim Marienhospital Stuttgart an, und zwar beim ärztlichen Direktor der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, PD Dr. Dr. Thomas Fillies. Die Anfrage stieß auf offene Ohren. „Es muss in Stuttgart eine Option zur Behandlung schwieriger Kinder geben, die nicht in einer normalen Zahnarztpraxis behandelt werden können“, betont Dr. Dr. Fillies im gleichen Brustton der Überzeugung wie schon vor zehn Jahren, als er den Kooperationsvertrag mit auf den Weg brachte. Zur Absegnung der Kooperation brauchte es nur ein gemeinsames Gespräch mit den Beteiligten des ZFZ Stuttgart, Prof. Einwag und Sarah Gronwald, und dem Marienhospital, PD Dr. Dr. Fillies, Prof. Dr. René Schmidt und Geschäftsführer Markus Mord. Kurz darauf startete die Zusammenarbeit. „Die MKG verzichtet einmal in der Woche auf einen Raum“, erzählt Dr. Dr. Fillies, „so können diese Zahnsanierungen stattfinden und bei Bedarf sogar auch kombinierte zahnärztliche und chirurgische Eingriffe geplant und durchgeführt werden. Sollte einmal ein unerwarteter Befund oder eine Komplikation auftreten, könnten wir auch schnell dazu kommen.“ „Das bedeutet doppelte Sicherheit für die Patienten“, ergänzt Sarah Gronwald. Der OP-Saal in der MKG mit den nebenliegenden OP-Sälen ermöglicht auch, wie früher im Olgahospital, Kombi-Eingriffe in einer Narkose. Viele Kinder mit Zahndefekten leiden beispielsweise zusätzlich unter HNO-Problemen. Der zweite involvierte Fachbereich im Rahmen der Kooperation ist die Anästhesiologie. Der Ärztliche Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin, Prof. Dr. René Schmidt, lobt die Kooperation in den höchsten Tönen. „Zwei Aspekte sind mir wichtig: Erstens die Weiterbildung. Die Behandlung von Kindern mit teils schweren Vorerkrankungen ist ein sehr spezielles Gebiet, das viel Erfahrung und eine hohe Fachkompetenz erfordert. Somit konzentriert sich die Betreuung dieser Kinder in der Regel auf nur wenige Kliniken in einer Region. Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung haben in unserer Klinik das Privileg, diese Weiterbildung zu genießen und die anästhesiologische Versorgung von unseren sehr erfahrenen Oberärztinnen Dr. Anja Witzke und Dr. Csilla Weber- Tumbass von Grund auf zu lernen. Der zweite Aspekt betrifft die Therapie der Kinder an sich. Wir empfinden eine emotionale Verantwortung. Problematisch ist jedoch, dass die Behandlungen oft nicht kostendeckend sind. Diesem Problem muss sich die Politik stellen, um die Behandlungen der Kinder vor dem Hintergrund des aktuellen Kostendrucks auch zukünftig zu gewährleisten“, unterstreicht Prof. Schmidt. » Ich bin von Berlin nach Stuttgart gekommen und das nette Miteinander hier im Haus ist schon beeindruckend.« Dr. Anja Witzke Aya. Die elfjährige Aya leidet am Bardet-Biedl-Syndrom. Wegen ihres Nasenblutens musste in diesem Fall ausnahmsweise der Beatmungsschlauch durch den Mund eingeführt werden, was das Betätigungsfeld für Sarah Gronwald und ihre Assistenz bei der zahnärztlichen Behandlung zusätzlich erschwerte. MEDIZIN LEBEN. MENSCH SEIN. „Prof. Schmidt ist sehr auf Sicherheit bedacht“, betont Dr. Witzke, „ihm haben wir die hervorragende Ausstattung hier zu verdanken“. „Die von uns betreuten Kinder haben oft schwere Erkrankungen. Für eine umfassende und sichere Behandlung benötigt es die Infra struktur einer großen Klinik“, so Dr. Witzke weiter. Hinzu kommt, dass immer weniger Kliniken die zahnmedizinische Behandlung schwerkranker Kinder in Anästhesiebegleitung anbieten. Selbst im Olgahospital gibt es die Spezialisierung von früher nicht mehr. „Wir machen das gerne, das Haus trägt das“, betont Dr. Witzke und man spürt, dass sie sich den christlichen Werten des Hauses verpflichtet fühlt. Das Marienhospital hat sich das Motto „Moderne Medizin mit christlichen Werten“ gegeben. „Ich bin von Berlin nach Stuttgart gekommen und das nette Miteinander hier im Haus ist schon beeindruckend“, schwärmt Dr. Witzke. „Vor dem Hintergrund der gegenwärtigen gesundheitspolitischen Umwälzungen, wo Kliniken Wirtschaftlichkeitszahlen und Patientenzahlen vorlegen müssen und die Pädiatrie und Kinderzahnheilkunde immer schon das Schlusslicht waren, ist es umso beachtlicher, dass das Marienhospital mit Externen wie uns, dem ZFZ Stuttgart, zusammenarbeitet“, erläutert Sarah Gronwald. „Unsere Struktur hat sich bewährt: Trotz des Aufwands funktioniert die Zusammenarbeit reibungslos. Kein OP-Tag muss abgesagt werden. Hinzu kommt, dass weitere wirtschaftliche Ausgaben vermieden werden, Ressourcen geschont und die Kinder von Schmerzen befreit werden. Großer Dank gebührt nach all den Jahren der hervorragenden Zusammenarbeit mit unseren Kooperationspartnern, allen

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